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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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lächelnd servierte ich die letzten Gerichte und stellte mich nach Vorschrift dann an die Seite. Immer die Gäste im Auge behalten, aber niemals aufdringlich sein, hatte Brömme gesagt. Und genau das tat ich. Dastehen und meinen Teil der Trauergäste beobachten.
    Der erste Arbeitstag war geschafft. Mit brennenden Füßen schlurfte ich in die Umkleidekajüte und öffnete meine schmerzhaft drückende Steckfrisur. Sechzehn Haarnadeln und zwei Gummibänder hatten für Halt gesorgt, mit demErgebnis, dass meine Kopfhaut sich mit einem heftigen Pochen revanchierte.
    »Das ist ja die reinste Folter«, beschwerte ich mich bei Ortrud, die sich wortlos ihrer Uniform entledigte. Ihre Gedanken schienen abseits des Schiffes zu sein, dennoch nickte sie. Ich schlüpfte in meine Jeans und konnte es kaum erwarten, mich auf Mokkaböhnchen zu schwingen und ihr meinen Kummer zu klagen. Im Gegensatz zu Ortrud hörte sie wenigstens zu. Richard verstand bis heute nicht, weshalb Menschen mit Maschinen reden. Er kannte die Vorzüge eben nicht! Die Verschwiegenheit eines Motorrollers. Ach, Richard! Warum hatte er nicht zurückgerufen? Ich fühlte mich irgendwie schuldig und einsam zugleich, so ohne ihn. Das schlechte Gewissen hatte mich gepackt und dirigierte meine Hand zum Handy. Vorsichtshalber unterdrückte ich meine Nummer, für den Fall, dass Richard noch immer sauer auf mich war.
    »Kleve«, tönte es heiser.
    Ich wollte was sagen, brachte jedoch kein Wort heraus.
    »Joe, bist du das?«
    Joe? Wieso sollte ihn Joe anrufen? Ich räusperte mich. »Ach, du denkst, dass Joe am anderen Ende ist?«
    Er schnappte nach Luft. »Du, Punzelchen?«
    »Ja, ich!«
    »Wer sagt denn, dass ich das denke? Und überhaupt, was gehen dich meine Gedanken an! Als würde ich noch ein Wort mit diesem elenden Betrüger sprechen.« Er seufzte. »Stell dir vor, sein sogenanntes Verlobungssteinchen ist nichts weiter als billiges Glas.«
    »Was? Joe hat dir zur Verlobung ein Imitat angedreht? Das ist ja …«
    »Der Gipfel des Vertrauensbruches!«, unterbrach er, außer sich vor Wut. »Dieser Mistkerl«, untermauerte ich seine Enttäuschung.Obwohl ich schon etwas schmunzeln musste. Hatte sich doch Richard mit einem eingefärbten Glassteinchen ködern lassen. Einen Ring, den er stolz überall präsentierte. Gewiss nur wegen meiner Verbindlichkeiten flog diese Illusion auf. Eine Tatsache, die es für Joe nahezu unmöglich machen würde, sich jemals wieder mit Richard zu versöhnen.
    »Du wolltest tatsächlich deinen Verlobungsring für mich versetzen? Du bist echt knuffig, weißt du das?«
    Richard räusperte sich. »Was nützt der Ring, wenn er so gar keinen Sinn mehr macht«, grummelte er etwas verschämt ins Telefon. »Und was ist nun? Hast du es dir überlegt und kommst zurück?«, fragte er, um vom Thema abzulenken.
    Diesmal war ich diejenige, die nach Luft schnappte. »Ob ich zurückkomme? Ja, klar! Wenn ich diese doofen restlichen Schulden abgezahlt und genug für meine Ausbildung zusammenhabe.«
    »Okay! Dachte ich mir. Also lass mich bitte nicht so lange in diesem Muglitz auf dich warten.«
    »Heißt das, du bist da?«
    Er lachte verlegen. »Dachtest du, ich lasse meine allerbeste Freundin ohne frische Höschen und ihre Schäfchen-Pyjamas auf einer Insel verrotten?«
    Ich hüpfte aufgeregt von einem Bein aufs andere. »Du bist echt da?« Ich freute mich wie ein Schneekönig, zumal mir Brömme versicherte, dass es in Muglitz keinen anderen Friseur gab und ich mir dadurch vielleicht auch den Weg zu diesem Pferdefranz ersparen konnte. Immerhin hatte Richard schon vielen anderen die Haare geschnitten, und mit keinem schlechten Ergebnis. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schwang ich mich auf Mokkaböhnchen und ließ den Motor aufheulen.
    Richard saß auf der Kante seines geöffneten Kofferraums. Als er mich sah, sprang er auf. »Du siehst fantastisch aus! Komm her und lass dich knuddeln.« Ich drückte ihn ganz fest an mich. Viel fester, als ich es je zuvor getan hatte. »Autsch!«, beschwerte er sich, sich aus meiner Umarmung windend. »Was ist denn mit dir los? Sag bloß, du hast den neunmalklugen Richy vermisst?«
    »Und wie ich das habe!« Ich nahm meinen Helm ab und wirbelte mein Haar auseinander. »Rich, sie müssen ab! Auf diese Länge ungefähr.« Dabei tippte ich in Höhe meines Nackens aufs Haar. »Bitte, mach du das.«
    »Ich?« Er schüttelte empört seinen Kopf. »Wie könnte ich dein Haar abschneiden? Wo ich doch weiß, wie viel es dir

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