Rasheed, Leila
Schrei, zusammen mit dem Faible für russische Musik und Tanz.
»Wollen Sie es nicht anprobieren, Mylady?«, schlug Rose vor und hielt ihr das Kleid hin.
Ada zögerte. »Vielleicht später.« Ihr ging einfach zu viel anderes im Kopf herum. Sie lief zur Tür. »Bevor ich mich entscheide, muss ich einen Spaziergang machen, um … um meinen Kopf frei zu bekommen.«
Als sie die Tür öffnete, stand sie unversehens vor einem erschrockenen Dienstmädchen, das gerade klopfen wollte.
»Oh!« Ada suchte in ihrem Gedächtnis nach dem Namen des Mädchens; Milboroughs Dienstboten waren immer noch Fremde für sie. »Was gibt es, Polly?«
»Ach, ich …« Das Mädchen errötete, sichtlich nicht gewohnt, direkt das Wort an eine Lady zu richten. »Da ist ein Besucher für Sie, Mylady. Mr Sebastian Templeton wartet im Salon.«
»Sebastian? Hier, um mich zu sehen?« Ada war überrascht; sie hatte ihn in Oxford vermutet. »Ich bin sofort unten.«
Sie eilte die Treppe hinunter, über die marmornen Böden, hin zum Salon. Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, wie elegant und mondän Milborough House war, aber anders als Somerton Court wirkte es nicht wirklich bewohnt. Vielleicht empfand sie Somerton Court allmählich doch als ihr Zuhause.
Sebastian drehte sich zu ihr um, als sie die Salontür öffnete. Ada fand, dass er angespannt aussah; sein Gesicht war blass und auf seinen Wangen brannten rote Flecken.
»Sebastian!«, rief sie lächelnd. »Was für eine schöne Überraschung.«
Er sah sie erleichtert an. »Ich bin froh, dass ich dich allein antreffe. Ich muss mit dir reden.«
Ada nickte verblüfft. »Selbstverständlich.« Sie sah ihm forschend ins Gesicht. »Was ist denn los? Du bist ja ganz blass.«
Mit einem gezwungenen Lachen sagte er: »Bin ich das? Das liegt nur an der Kälte. Ada, würde es dir gefallen, das künstlerische Ereignis des Jahres mitzuerleben?«
Sie richtete einen fragenden Blick auf ihn, und Sebastian zog die Eintrittskarten aus seiner Brieftasche. »Vronskys Volksballadenkonzert. Ich hatte ganz vergessen, dass ich Karten dafür habe, aber es wäre eine Schande, sie verfallen zu lassen.«
Ada lachte, amüsiert und verwundert zugleich. »Und dafür bist du heute extra aus Oxford angereist? Sebastian, du bist wirklich außergewöhnlich!«
Auch Sebastian lachte, aber es klang gezwungen. »Ganz schön verrückt von mir, ich weiß. Aber was hältst du davon? Du liebst doch Musik, da dachte ich, du würdest vielleicht gern mitkommen.«
Ada sah ihn bedauernd an. »Ich kann nicht, Sebastian. Es tut mir sehr leid, aber wir sind heute zum Dinner bei den Wellingboroughs eingeladen.«
»Da wird es doch nur um Politik gehen, oder? Das hört sich nach furchtbarer Langeweile an. Kannst du das nicht sausen lassen?«
Ada hörte aus Sebastians Stimme einen verzweifelten Unterton heraus und sah ihn überrascht an. »Nein, unmöglich.«
»Aber wenn dein Vater und meine Mutter und Charlotte hingehen …«
Ada schüttelte den Kopf. Sie dachte an Ravi. »Tut mir schrecklich leid, Sebastian. Es war sehr nett von dir, an mich zu denken …« Sie zögerte, und plötzlich fiel ihr etwas ein, das sie vor Aufregung ganz rot werden ließ.
»Ich habe vielleicht eine Lösung!«, sprudelte sie hervor. »Sebastian, kannst du dir vorstellen, anstelle von mir jemand anderen mitzunehmen?«
»An wen denkst du?«
Sie zog ihn zu sich heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Wie wäre es mit Rose?«
Sebastian starrte sie verständnislos an.
»Rose? Du meinst doch nicht deine Zofe?«
Ada nickte. Sie dämpfte die Stimme noch weiter. »Sebastian, du darfst es niemandem verraten, aber nicht ich übe Klavier, sondern sie. Du hast ja keine Ahnung, wie viel Talent sie hat, sie hatte nur nie die Chance, es zu entwickeln. Zu diesem Konzert zu gehen würde ihr wahnsinnig viel bedeuten.«
»Ich …, aber …« Sebastian verschlug es die Sprache. Er hatte gedacht, er sei von allen der Unverfrorenste, aber anscheinend konnte er in Sachen Verwegenheit von seiner Stiefschwester, der perfekten Lady, noch einiges lernen. Nun ja, eine Zofe war auch eine Frau, nicht wahr? Rose besaß Anmut und Eleganz, sogar in ihrer Dienstmädchenuniform war sie sehr attraktiv. Und niemand kannte sie. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr behagte ihm die Idee. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ja, er würde das volle Risiko eingehen – genau das war sein Stil.
»Ich werde sie sofort rufen.« Ada hatte ihn beobachtet, und jetzt ging sie rasch
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