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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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herausgefunden, dass Frau
Braun die Schwester vom Professor ist, hätte man die Gelder gestrichen oder den
Therapieerfolg bezweifelt. Keine Ahnung. Jetzt ist erst mal wichtig herauszufinden,
wie die anderen Kläger zusammenhängen. Wenn es so ist, wie ich vermute, sind es
uneheliche Kinder von SS-Leuten, wenn nicht sogar von Wegleiter, Fürst und Strocka.
Drei Freunde, die Spaß daran hatten, für den Führer ein paar Kids zu zeugen, und
nebenbei davon überzeugt waren, dass sie einer höheren Sache dienen. Gezeugt und
gleich wieder vergessen. Das muss ziemlich bitter sein, wenn man als Jugendlicher
dahinterkommt.«
    »Oder als
Erwachsener.«
    »Allerdings.
Du sagst es. Genau darum hat sich Keller sein ganzes Leben gekümmert. Er hatte Kontakt
zu unzähligen Lebensbornkindern, hat den Prozess initiiert und Fakten zusammengetragen,
aber er hatte noch nicht alle Details beisammen, weil erst vor ein paar Jahren 1.000
zusätzliche Lebensbornakten und vor Kurzem noch mal 300 weitere gefunden wurden.
Irgendwie reichte die Sachlage nicht vollständig aus. Herumgestochert wurde viel,
ja, aber für einen Prozess hat es noch nicht gelangt, weil Indizien, Verdächtigungen
und Anschuldigungen allgemeiner Art eben nicht genug sind. Frau Kassner versicherte
mir, dass täglich irgendwelche Fetzen aus der Vergangenheit über SS-Angehörige oder
Storys über Opfer des NS-Regimes ins Archiv einsortiert werden. Die Zeugen sterben
allmählich aus und die Erben sortieren die Dachböden und Kellertruhen. Vieles landet
garantiert auf dem Müll, aber wer ein bisschen Grips im Kopf hat, sieht sich die
Unterlagen genauer an und sorgt dafür, dass es Leute in die Finger bekommen, die
damit etwas anfangen können.«
    »Apropos,
eins und eins zusammenzählen. Nicht nur du warst gestern erfolgreich. Während du
dich in Berlin mit der netten Archivarin vergnügt hast, hab ich mich mit Schöller
herumgeplagt. Er lief wie ein Wiesel durch die Räume, sah jedem über die Schulter
und fragte, was er da gerade mache.«
    Pohlmann
lachte auf. »Das Bübchen wird plötzlich Chef und hat keine Ahnung, wie das eigentlich
geht.«
    Werner schüttelte
den Kopf. »Das ist es nicht. Er hat Sorge, dass man was findet, was besser verborgen
bleiben sollte.«
    »Was hast
du herausgefunden?«
    »Okay. Es
gibt nicht viel mehr, als du schon weißt, aber interessant ist es trotzdem, weil
es ein ganz besonderes Licht auf die Sache wirft.«
    »Mann, sprich
nicht in Rätseln.«
    »Hey, ich
will es auch mal spannend machen. Also. Wie ich schon am Telefon sagte, hatten unsere
drei speziellen Freunde gehörig Dreck am Stecken. Von Wegleiter wissen wir mittlerweile,
dass er ’44 in Italien war und an Massenerschießungen von angeblichen Partisanen
beteiligt war. Man hat in der Vergangenheit mehrfach versucht, von dem Kerl ein
lückenhaftes Profil zu erstellen, und es sieht so aus, als hätte er den Krieg wahrhaft
genossen. Das war sein Krieg. Sagt dir der Slogan etwas: Mit der Pistole
einkaufen gehen?«
    Martin rieb
sich am Kinn. »Ja, hab ich schon mal gehört. Eine Horde SS-Leute haben Juden mit
der Knarre vor dem Gesicht ausgeraubt.«
    »Genau.
Nur mit dem Unterschied, dass Wegleiter sie nicht nur bedroht, sondern gleich erschossen
hat. Es gibt eine Zeugenaussage aus einem Prozess aus dem Jahr 1963, wo ein ehemaliger
SS-Kamerad gegen Wegleiter ausgesagt hatte, um seinen eigenen Kopf zu retten. Er
bezeichnete Wegleiter als gemeinen, sadistischen Schlächter, der das Töten in jeder
Variante genossen hatte. Und Opfer fand er genug: Egal, ob Juden, Kommunisten, Zigeuner,
Schwule oder selbst strenggläubige Katholiken – alle gehörten zu seinen Opfern.«
    »Warum hat
man ihn denn nie in den Knast gebracht oder ihm noch besser ’ne Kugel in den Kopf
geschossen, wenn das so ein Arsch war?«
    Werner nickte.
»Angeblich reichten die Beweise nie aus. Die Zeugenaussagen waren problematisch,
weil man auf die Leute Druck ausgeübt hatte, und dann hat der Richter, dessen Name
dir etwas sagen dürfte, den Fall abgewiesen.«
    Martin blickte
Werner interessiert an. »Wer war es?«
    »Langsam,
langsam. Ich möchte es auch mal genießen, einen Vortrag zu halten. Sonst machst
du das ja immer. Also. Es gab noch einen zweiten Mann, der natürlich auch vor Gericht
gelandet ist.«
    »Strocka.«
    »Strocka.
Klar. Strocka und Wegleiter waren zu Beginn des Krieges in derselben Einheit. Kameraden
und dicke Freunde. Jedoch, wie es aussieht, hat sich Strocka irgendwann von Wegleiter
distanziert,

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