Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Bitte, Herr Knobel! Ich habe Ihnen aufs Handy sprechen wollen, aber ich erreiche Sie nicht. Es springt immer nur eine Ansage an, dass Sie nicht erreichbar seien. Ich hoffe, Sie hören diese Nachricht ab, Herr Knobel.«
26
Trost hatte das Wort ergriffen, bevor Stephan antworten konnte.
»Herr Knobel weiß bis jetzt nur, dass ich das Angebot damit verknüpfen möchte, Delia in die Kanzlei aufzunehmen, wenn er irgendwann meine Kanzlei übernimmt. Und ebenso weiß er, dass wir ihn gern in unser Netzwerk aufnehmen möchten. Er weiß, wie produktiv und mandatsfördernd Kontakte sind, die unser Netzwerk bietet.«
»Sagtest du nicht, dass du im Gespräch mit Herrn Knobel schon weiter vorangeschritten bist, Gereon?«, fragte Traunhof lauernd. »So hatten wir es doch auch besprochen, Gereon. Du warst doch mit Herrn Knobel am letzten Wochenende in Leipzig. Das hast du uns doch noch am Montag bestätigt, Gereon. Oder stimmt das nicht?«
Trost stocherte nervös in den Rösti herum.
»So habe ich dich auch verstanden«, sagte Böhringer. »Erinnere dich: Wir haben vorgestern darüber gesprochen, als du von dem Besuch in der Justizvollzugsanstalt zurückkamst. Du sagtest, dass Herr Knobel jetzt auf Spur sei. Wir haben darauf sogar noch ein Bier getrunken. Es war ein wunderschöner Tag. Wir saßen zunächst auf der Terrasse deines neuen Hauses und haben auf den See geblickt. Du hast mir noch diese ulkige Geschichte von dem dicken Anwalt erzählt, der hier ein lächerliches Werbevideo aufnehmen ließ. Diesen dicken Versager sei der Kollege Knobel bald los, hast du gesagt.«
»Ich weiß, was ich gesagt habe«, zischte Trost.
»Hoffentlich auch, was du offensichtlich nicht gesagt hast, Gereon«, setzte Traunhof nach. »Es machte uns stutzig, dass du am gestrigen Tag Flüge gebucht hast und von jetzt auf gleich mit Herrn Knobel in diese Hütte aufbrechen wolltest. Lutz hat deinen PC gecheckt. Dein Handeln konnte nur bedeuten, dass die Dinge noch nicht ganz klar sind. Deshalb sind wir hier, Gereon. Wir müssen alle wissen, woran wir sind, und dass wir aufeinander angewiesen sind. Wir sitzen alle in einem Boot. Das weißt du!«
Trost rutschte auf seinem Stuhl hin und her, dann schob er den halbvollen Teller von sich weg.
27
Marie wartete ungeduldig auf das Freizeichen, nachdem sie Stephans Handynummer gewählt hatte. Sie hoffte, ihn doch über Handy erreichen zu können. Vielleicht war die Internetpräsenz der Hütte veraltet. Doch es kam nur die automatische Ansage, dass der Teilnehmer nicht erreichbar sei. Sie beendete den Anruf fluchend und lief unruhig im Flur auf und ab. Elisa war inzwischen aus dem Schlaf erwacht und schrie. Marie lief missmutig in das Zimmer der kleinen Tochter und nahm sie aus ihrem Bettchen. Doch Elisa beruhigte sich nicht auf Maries Arm. Das Kind sah sie aus großen tränennassen Augen an und steigerte das Schreien zu einem Kreischen. Marie lief mit dem Kind durch die Wohnung und konnte nichts anderes tun, als Elisa zu besänftigen. Es war vergeblich. Kinder merken, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Dann rief Marie Frau Wendel an und erreichte nur deren Mailbox. Frustriert legte Marie das Handy auf den Tisch und behielt es im Blick. Sie fuhr den Computer hoch. Warum hatte sie nicht die Festnetznummer der Hütte vorab auf einem Zettel notiert?
28
»Lass uns jetzt besser allein, Stephan«, sagte Trost in das Schweigen. »Ich hatte vor, dir hier alles zu sagen und zu erklären. Jetzt entwickeln sich die Dinge anders, Stephan. Du hörst, was Lutz und Wolfgang sagen, aber du wirst es nicht verstehen. Ich möchte, dass du die Wahrheit und die Hintergründe von mir erfährst, jedoch nicht jetzt und nicht unter diesen Umständen.«
Er fuhr sich fahrig mit beiden Händen durch sein inzwischen schweißnasses Gesicht.
Stephan sah abwechselnd Böhringer und Traunhof an, doch die verzogen keine Miene. Stephan stand langsam auf. Er war sich nicht sicher, ob es richtig war, den Raum zu verlassen. Er spürte, dass Trost ihn brauchen könnte, aber er merkte auch, dass Böhringers und Traunhofs unverhohlen bedrohliches Gebaren ihm letztlich keine Wahl ließen.
»Wenn Sie freundlicherweise Ihr Handy hier lassen wollen …«, sagte Böhringer.
»Ich habe keines dabei«, antwortete Stephan.
»Aber gewiss doch, Herr Knobel.« Böhringer deutete auf Stephans rechte Hosentasche, unter deren Stoff sich deutlich die Kontur des Geräts abzeichnete.
»Leg es bitte raus, Stephan«, bat Trost. »Ich bin sicher, dass dem
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