Raus aus dem Schneckenhaus
noch nicht ausreichend geklärt. Es wird angenommen, dass die Mandelkerne in ihrer Aktivität nicht mehr ausreichend gehemmt werden, weil die Signalübertragung durch Serotonin gestört ist. In verschiedenen Studien wurde aber weniger die spezifische Wirkung von Serotonin, sondern vielmehr die verminderte Wirkung des Botenstoffes Dopamin als maßgeblich für die Entwicklung einer sozialen Phobie aufgezeigt.
Die Bedeutung des vegetativen Nervensystems
Wenn wir uns stark fürchten, stellen wir uns nicht nur etwas Bedrohliches vor, sondern wir erleben, dass unser Körper von zahlreichen Symptomen überflutet wird. Alle körperlichen Angstreaktionen laufen in derselben Weise ab: Wenn ein Reiz als bedrohlich wahrgenommen worden ist, aktiviert der Mandelkern, der gewissermaßen das Zentrum der Angst darstellt, den Hypothalamus , die Steuerungszentrale aller vegetativen und hormonellen Prozesse. Der Hypothalamus stimuliert dann über Nervenbahnen im Nebennierenmark – dass ist der schnelle Weg – die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, auf langsamerem Weg aktiviert er über bestimmte Regulationshormone (insbesondere CRH) die Hypophyse, die wiederum das Hormon ACTH freisetzt, das in der Nebennierenrinde die Ausschüttung des Dauerstresshormons Kortisol bewirkt. Die Stresshormone steuern das vegetative Nervensystem mit seinen beiden Zweigen, dem sympathischen Nervensystem, das der Aktivierung im Sinne von Kampf oder Flucht dient, und dem parasympathischen Nervensystem, das die anschließende Ruhe und Erholung bewirkt.
Es ist eine wissenschaftlich gesicherte Tatsache, dass viele schüchterne und sozial ängstliche Menschen – vor allem Personen mit einer spezifischen Sozialphobie – ein leicht erregbares vegetatives Nervensystem aufweisen und daher schneller mit unangenehmen körperlichen Symptomen regieren als andere Menschen. Das im Vergleich zu nichtphobischen Personen höhere Erregungsausmaß kann sich auch leicht bis zu einer situationsspezifischen Panikattacke aufschaukeln.
Starke soziale Ängste bewirken ähnliche körperliche Symptome wie andere Ängste: Herzrasen oder Herzklopfen, unregelmäßiger Herzschlag, Blutdruckveränderungen, Schweißausbrüche, erhöhte Temperatur, Zittern (besonders der Hände und des Kopfes), wacklige Knie, Schwindel, Ohnmachtsgefühl, körperliche Erstarrung, Mundtrockenheit, rasche und flache Atmung, Atemnot, Druck- und Engegefühle im Brustkorb, Beklemmungsgefühl, Zuschnüren der Kehle, Kloßgefühl im Hals, Druckgefühl im Kopf, kalter Schweiß auf der Stirn, kalte und feuchte Hände, Muskelverspannungen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Brechreiz, flaues Gefühl im Magen, Blähungen, Aufstoßen, Magenbeschwerden, Durchfall, Harndrang, Kribbelgefühle am ganzen Körper, »Gänsehaut«, Hitzegefühle oder Kälteschauer, Sehstörungen, Ohrensausen, Weinen, Veränderungen der Stimme (leiser, höher oder gepresster). Die verschiedenen körperlichen Reaktionen treten bei jedem Betroffenen in unterschiedlichem Ausmaß auf.
Bei sozialen Ängsten werden wegen ihrer Auffälligkeit vor allem folgende Symptome als peinlich erlebt bzw. ist die Angst vor ihnen belastend: Erröten, Händezittern, Schwitzen, Übelkeit mit Brechreiz, Harn- oder Stuhldrang mit häufigem WC-Besuch. Die ständige körperliche Fluchtbereitschaft in einer sozialen Situation, der man jedoch nicht entkommen kann, führt zu einer Dauerverspannung bis bin zu Schmerzen.
Belastend ist auch der trockene Mund vor einer Rede oder einem Vortrag – ein Glas Mineralwasser steht deshalb meist bereit. Vor einer Präsentation x-mal auf die Toilette laufen zu müssen ist ein Zeichen von Nervosität. Prüfungsängste schlagen sich häufig in Form von Appetitlosigkeit oder Übelkeit auf den Magen. Das Herzklopfen während eines Auftritts kann so belastend sein, dass manche Betroffene vorher einen Betablocker (z. B. Inderal oder Dociton) einnehmen. Feuchte Hände beim Klavierspielen, ein trockener Mund beim Trompetenspielen, ein Zittern des bogenführenden Armes beim Violinspielen und weiche Knie beim Orgelspielen wirken sich für viele Berufsmusiker sehr störend aus.Sänger verlieren bei Ängsten ihr Stimmvolumen. Sportler werden aus Angst verspannt und verlieren dadurch die nötige Elastizität.
Wenn in Leistungssituationen ein hohes Angstniveau vorherrscht, beeinträchtigt dies die Aufmerksamkeit und Konzentration, den Abruf des gespeicherten Wissens und das planerische Verhalten, sodass die Betroffenen
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