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Raven (Amor-Trilogie) (German Edition)

Raven (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Raven (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Parkplätze, an Ordnung überall. Die Wildnis war weitläufig, dunkel und unberechenbar. Sie erinnerte mich an zu Hause und an die Wut meines Vaters, die wie ein Gewicht dicht über allem schwebte und keinen Platz zum Atmen ließ, uns zum Gehorsam zwang. Später lernte ich, dass die Wildnis sehr wohl gewissen Regeln gehorcht, sehr wohl eine Art der Ordnung birgt – rau und schlicht und schön.
    Nur Menschen sind unberechenbar.
    Ich erinnere mich an einen hoch stehenden Mond, überwältigende Angst und das abschnürende, erdrückende Schuldgefühl. An einen kalten Wind, der unbekannte Gerüche mit sich brachte.
    An das Knacken eines Zweiges. Einen Schritt.
    Und da war er plötzlich: Der Dieb tauchte aus dem Wald auf, er sah zehn Jahre älter aus als vor seiner Flucht und war klatschnass. Er trug einen Rucksack. Einen Augenblick konnte ich nicht glauben, dass er wirklich da war. Ich dachte, ich würde träumen.
    »Salbutamol«, sagte er und hob den Rucksack hoch. »Für das Mädchen. Und Vorräte für die anderen. Als Buße für mein Vergehen.«
    Paracetamol, Nasenspray, Verbandsmaterial und verschiedene Antibiotika. Es war ein richtiger Jackpot. Keiner konnte glauben, dass er zurückgekehrt war. Keiner konnte glauben, dass er sein Leben riskiert hatte und auf die andere Seite rübergegangen war, um Vorräte zu besorgen, die wir so dringend benötigten. Er verriet unsere Vereinbarung nicht. Seine früheren Vergehen waren vergeben.
    Er erzählte den Siedlern von einem kleinen, einfachen Lagerhaus am Ufer des Cocheco Rivers, kaum gesichert und vollkommen unauffällig. Der Mann, dem es gehörte, Edward Kauffman, war ein Sympathisant und versorgte Ungeheilte heimlich mit Medikamenten und sogar gewissen Behandlungen. Tack war der heftigen Strömung entgegen flussaufwärts gegangen und hatte östlich von Kauffmans Klinik die Grenze überquert. Er hatte sich allerdings eine Weile vor einer Patrouille verstecken müssen, bevor er zurückkonnte.
    »Woher wusstest du von der Klinik?«, fragte ich ihn.
    »Wegen meiner Schwester«, antwortete er knapp. Er sagte es nicht, aber ich vermutete, dass sie eine Art Eingriff dort gehabt hatte, etwas, das er mir nicht sagen wollte. Später verstand ich es dann.
    »Spitz wie ein Reißnagel, der Kerl«, verkündete Grandpa, nachdem der Dieb zu Ende geredet hatte; und so bekam der Dieb den Namen Tack und wurde einer von uns.
    Hinter dem Wartebereich sieht das Krankenhaus aus wie jedes andere: trostlos, hässlich, übermäßig geschrubbt. Ich mag es nicht, wenn es irgendwo zu sauber ist. Ich muss dann immer darüber nachdenken, was da wohl weggeschrubbt wurde und nicht mehr zu sehen sein soll.
    Ich gehe mit gesenktem Kopf, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Es ist kaum jemand auf den Fluren und der einzige Arzt, an dem ich vorbeikomme, würdigt mich kaum eines Blickes. Gut. Die Leute hier kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten.
    Ich bekomme meine Chance, als ich die Aufzüge erreiche: Dort steht ein Mann mit einer großen Kamera um den Hals, der aussieht, als hätte er seit einer Woche nicht geschlafen. Er tappt mit dem Fuß, sieht auf die Uhr – ein Paradebeispiel für Ungeduld. Ein Journalist.
    »Sind Sie wegen Julian Fineman hier?« Mehr ist nicht nötig.
    »Im sechsten Stock, stimmt’s? Die Frau am Eingang hat mir gesagt, es wäre im sechsten Stock.« Er muss um die dreißig sein und hat einen großen Pickel mitten auf der Nase, entzündet wie ein Furunkel. Seine ganze Ausstrahlung ist eigentlich ein bisschen wie der Pickel: kurz davor zu platzen.
    Ich folge ihm in den Aufzug und drücke mit einem Knöchel auf die Sechs. »Ja, im sechsten Stock«, sage ich.
    Ich war sechzehn, als ich zum ersten Mal jemanden umgebracht habe. Fast zwei Jahre schon war ich da in der Wildnis gewesen und inzwischen hatte sich der Stützpunkt verändert. Einige Leute hatten uns verlassen oder waren gestorben; andere waren dazugestoßen. In meinem ersten Jahr war der Winter hart, wir hatten fast vier Wochen durchgehend Schnee und es gab keine Möglichkeit zu jagen oder Fallen zu stellen. Wir mussten mit den letzten zusammengekratzen Überresten aus dem Sommer zurechtkommen – mit getrockneten Streifen Fleisch und, als das ausging, mit weißem Reis. Aber schlimmer als das waren die Kälte und die Tage, an denen der Schnee sich so schnell und heftig auftürmte, dass es zu gefährlich war, rauszugehen; wenn der Stützpunkt nach ungewaschenen Körpern und Schlimmerem stank; wenn die Langeweile so

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