Rebecca
Weile da, Suzan mit dem Gesicht an Rebeccas Brust. Rebeccas Hemd wurde tränennass; so fühlte man sich also als Mutter. Am liebsten hätte Rebecca mit Suzan über den Tod ihres Vaters und über den Detektiv geredet, aber sie beherrschte sich. Sie spürte Suzans Wärme und es war gut so. Mit jedem Tag fühlte sie, wie sie erwachsener wurde. »Ist Kees Halpers dein Exmann?«
Suzan nickte.
»Was will er noch von dir? Ihr seid doch geschieden!«
»Er kriegt noch Geld«, antwortete Suzan.
»Wofür?«
Suzan seufzte. Sie wurde ruhiger vor Erleichterung, sich endlich alles von der Seele reden zu können. Sie zog den Kopf zurück, um Rebecca besser anschauen zu können. »Er wollte mich nicht gehen lassen. Er drohte damit, mein Vorleben an die große Glocke zu hängen, die Scheidung zu erschweren, Kunden auf mich zu hetzen, euch zu belästigen, uns das Leben schwer zu machen. Er hat Roelof erpresst.«
»Aber warum seid ihr nicht zur Polizei gegangen?«
»Womit denn?«, fragte Suzan zurück.
Sie hat Recht, dachte Rebecca. Ihr Vater hatte den einfachen Weg gewählt. »Das heißt also, dass Halpers nicht nur dein Mann war, sondern auch dein …« Sie brachte das Wort nicht über die Lippen.
»Er war zu faul zum Arbeiten. Ich musste das Geld ranschaffen«, sagte Suzan. »Ach bitte, es ist mir zu peinlich, über mein früheres Leben zu reden.«
Wieder dachte Rebecca an ihren Vater. Er hatte etwas gutmachen, etwas geraderücken wollen. Karma. Auf seine Art. »Ich möchte aber schon gerne wissen, woran wir sind.«
Suzan nickte. »Kees hat ausgerechnet, was ich, äh …«
»Schon gut.«
»Ich war nicht dabei, sie haben ohne mich darüber verhandelt. Ich bin dir nicht böse, wenn du mich deswegen verachtest, es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht selbst dafür verachte. Aber ich habe Roelof geliebt, vom ersten Mal an, als er hereinkam und sich mit mir unterhielt.« Und um ihn zu verteidigen, fügte sie rasch hinzu: »Das war aber schon ein Jahr, nachdem …«
»Ich weiß«, sagte Rebecca. Ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter. »Und Papa wollte dich sofort da rausholen.«
Wieder traten Suzan die Tränen in die Augen. »Ich vermisse ihn so sehr!«, flüsterte sie. »Er konnte die Summe nicht auf einmal bezahlen, da haben sie sich auf eine monatliche Rate geeinigt.«
»Das ist Erpressung und du könntest immer noch damit zur Polizei gehen«, fand Rebecca, doch kaum hatte sie es ausgesprochen, wusste sie, was das bedeuten würde: vielleicht eine Geldstrafe für Halpers, ein paar Monate Knast. Und dann? Anschließend würde er umso rachedurstiger wieder rauskommen und ihnen das Leben erst recht zur Hölle machen.
Suzan schüttelte den Kopf. »Roelof war ein Mensch, der sich an seine Abmachungen hielt, sogar an die mit einem Zuhälter. Er hätte mich im Stich lassen können, aber er tat alles, um mich und euch zu beschützen. Diese Schulden waren einer der Gründe, warum er so lange zögerte, das Haus hier zu kaufen, aber er hat jeden Monat bezahlt, drei Jahre lang.«
»Wer weiß sonst noch davon?«, fragte Rebecca.
»Nur Els, aber ich glaube, euer Onkel Dirk hat es herausgefunden. Mit welcher Begründung sollte er sonst die Vormundschaft anfechten?« Suzan zögerte einen Moment. »Und Dennis ist dahintergekommen. Kannst du dich noch an den Mann erinnern, der mich mit Molly angesprochen hat? Das war mein … Künstlername.«
Rebecca war froh, nicht zugeben zu müssen, dass sie Suzan und Dennis belauscht hatte. »Ist Dennis zu Halpers gegangen? Halpers machte so eine Bemerkung.«
»Ach, verdammt«, sagte Suzan zutiefst verzweifelt. »Das hat mir gerade noch gefehlt!«
»Soll ich mal mit ihm reden?«, schlug Rebecca vor.
»Mit Dennis? Nein, auf keinen Fall!«
»Er hört auf mich«, sagte Rebecca und biss sich auf die Lippen, als Suzan sie erschrocken anschaute. »Nein«, sagte sie. Mist! »Einmal«, bekannte sie dann. »Die größte Dummheit meines Lebens.« Sie verbarg ihr Gesicht in Suzans Armen.
Suzan streichelte ihr über den Kopf. »O Gott«, flüsterte sie. »Armes Kind!«
Rebecca nickte. Sie wischte sich die Augen mit Suzans Unterkleid ab. Es war vorbei. Weinen nützte überhaupt nichts. »Wie viel hat dieser Mann noch zu kriegen?«, fragte sie.
»An die zwölftausend Euro. Weil Roelof nicht mehr lebt, fordert er jetzt alles auf einmal. Er verlangt von mir, das Haus zu verkaufen.«
Noch so einer, dachte Rebecca. »Weißt du was? Zahle ihm erst mal tausend, um ihn ruhig zu halten, und behaupte, du würdest
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