Rebecca
Jugoslawen, der solche Aufträge übernahm, aber es sollte zwanzigtausend Gulden kosten. Ich wünschte, ich hätte das Geld gehabt, dann hätte ich es getan.«
Also hatte sie Douwe geschickt, wenn auch nicht absichtlich. Ich tätschelte ihren Arm, mit dem sie mich festhielt. »Das kann ich gut verstehen. Weiß Douwe auch von Roelof?«
»Ja, natürlich. Ich habe ihm erzählt, dass seine Mutter ihn im Stich gelassen hat und auch, wer seinen Vater auf dem Gewissen hat. Es gibt keinen Gott. Warum kriegt so ein Mann alles und Douwe nichts?«
»Wie meinst du das?«
»Der Mistkerl hat zum Beispiel eine glückliche Familie. Der arme Douwe dagegen hatte immer nur Pech im Leben, und ich fand, er sollte ruhig wissen, wer schuld daran war. Ich habe immer versucht, ihn positiv zu beeinflussen, ihn beschworen, etwas aus seinem Leben zu machen. Aber jetzt habe ich schon lange nichts mehr von ihm gehört.«
»Wie lange?«
»Seit mindestens einem Jahr nicht mehr. Damals hat er bei einem Bauern gearbeitet und ich habe in dem Ort ein Postfach für ihn eröffnet, aber vor Kurzem erhielt ich all meine Briefe zurück, weil die Post seit einem Jahr nicht abgeholt worden war. Ich versuchte, Douwes Adoptiveltern zu erreichen, aber sie sind bei einem Feuer umgekommen. Verursacht durch einen Kurzschluss.« Letzteres fügte sie hastig hinzu, als habe auch sie insgeheim ihre Zweifel. »Das Ehepaar hatte eine Lebensversicherung für Douwe abgeschlossen, und wenn er die ausbezahlt bekommen hat, ist er vielleicht für eine Weile mit seinem Wohnmobil auf Tour gegangen. Von mir aus, er hat sich einen schönen Urlaub verdient, aber es tut mir weh, dass er so lange nichts mehr von sich hat hören lassen. Ich bin immer für ihn da gewesen, ich habe für ihn getan, was ich konnte.«
Frauke sagte die Wahrheit. Ihre Wahrheit, die einer enttäuschten alten Jungfer. Sie war zerfressen von Hass und Frustration und hatte auch ihren Neffen jahrelang mit ihren Gefühlen infiziert und belastet, genau so lange und gründlich, bis bei ihm eine Obsession daraus geworden war. Nicht mehr und nicht weniger. Sie hatte ihn nicht beauftragt, wie sie es mit dem Jugoslawen getan hätte, wenn sie den hätte bezahlen können. Sie wusste nichts von dem Plan, den Douwe nach dem Tod der Galmans ausgebrütet hatte und jetzt durchführte, wenn die Armen nicht sogar schon Teil seines Plans gewesen waren.
Wir schwiegen eine Weile. Zwei Tische waren jetzt besetzt, das junge Paar war gegangen. Der alte Jenevertrinker war eingenickt, während Boxmeer langsam wieder zum Leben erwachte. Frauke trank einen Schluck von ihrem kalten Kaffee und verzog das Gesicht. Das Ganze hatte etwas Gezwungenes und gab mir das Gefühl, dass sie mich los sein wollte. Sie hatte ihre Seele einem Fremden entblößt, der sich ihr nicht mal richtig vorgestellt hatte. Beichten erleichtert, aber manchmal verwandelt sich dieses Gefühl anschließend in Scham.
»Hast du eine Zigarette für mich?«, fragte sie.
Ich hielt ihr meine Gauloises hin und gab ihr Feuer. Sie inhalierte tief.
»Ich sollte mit dem Rauchen aufhören«, bemerkte sie.
Ich lächelte. »Mir ist da noch was eingefallen«, bemerkte ich wie nebenbei.
»Ja, was denn?«
»Ich muss da an etwas denken, was Reinouts Freunde mir gesagt haben und was auch du mir eben erzählt hast. Die Ehe war zerrüttet und trotzdem wurde deine Schwester schwanger.«
Sie lachte auf. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mich das nicht auch gefragt habe?«
»Und, ist Douwe wirklich Reinouts Sohn?«
»Hundertprozentig«, antwortete sie. »Das hätte gerade noch gefehlt.«
»Du scheinst dir ja ziemlich sicher zu sein. Habt ihr mal einen Gentest gemacht?«
»War gar nicht nötig«, sagte sie. »Ich brauchte nur die Augen aufzumachen. Bei Douwe sind zwei Zehen am linken Fuß zusammengewachsen, genau wie bei Reinout.«
»Woher weißt du das?«
Frauke warf mir einen ironischen Blick zu. »Was meinst du denn?« Dann lächelte sie, als freute sie sich über meine Frage, weil sie mir mit ihrer Antwort zu verstehen geben konnte, dass sie Reinout auch gehabt hatte, bevor ihre Sexbomben-Schwester ihn ihr ausspannte. »Alle Männer in seiner Familie haben das«, fügte sie hinzu. »Sein Vater auch, es ist erblich.«
Ich wusste nicht, ob ich erleichtert oder schadenfroh sein sollte, und es war auch nur eine flüchtige Reaktion. Es spielte eigentlich keine Rolle, aber wenigstens hatte er nicht seinen eigenen Vater ermordet.
19
»Wir brauchen Sand und Torf«,
Weitere Kostenlose Bücher