Rebellin der Leidenschaft
überhaupt nicht. Weder über den Klatsch, noch über sie. Er hatte ihr nie dafür gedankt, dass sie ihn und sein Zuhause gerettet hatte, und er verzieh ihr auch nie. Nie vergaß er, sie als ein unfruchtbares, geschlechtsloses Miststück von einem Weib zu verhöhnen.
Doch das war Isobel gleichgültig, so lange er sie nur in Ruhe ließ. Sie vermutete, dass er Recht hatte, dass sie tatsächlich unfruchtbar war, denn sie hatten nach wie vor keine Kinder. Allerdings war er auch seit über einem Jahr nicht mehr in ihr Bett gekommen - offenbar hatte auch er es aufgegeben. Isobel wusste, dass er zu sehr mit seinen neuen Liebschaften beschäftigt war, um sich für sie zu interessieren. Das war einerseits eine Erleichterung für sie, andererseits machte es sie auch traurig. Sie war intelligent genug, um zu wissen, dass es töricht war, von Francis ein Kind zu wollen, doch genau das wünschte sie sich. Aber es würde nicht geschehen. Sie war gerade dreiundzwanzig Jahre alt, aber sie kam sich vor wie eine Fünfzigjährige, die längst über das gebärfähige Alter hinaus war.
24
Die Sea Dragon war ein gepflegtes, elegantes Schiff mit weißen Masten, einer der schnellsten Clipper auf dem Ozean. Normalerweise transportierte sie keine Passagiere, doch als Isobel beschlossen hatte, diese Geschäftsreise anzutreten, wollte sie so schnell wie möglich nach Amerika gelangen. Ihr Sekretär kannte sie gut genug, um zu wissen, was er zu tun hatte, und arrangierte zu einem Sondertarif einen Platz auf der Sea Dragon.
Isobel sah ihn, noch bevor sie an Bord ging. Sie stand mit ihrem Dienstmädchen und einem einzigen Koffer am Kai und konnte sich nicht mehr vom Fleck rühren; das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Sie konnte ihn nicht einmal richtig sehen. Die Sonne stand hinter ihm und blendete sie. Lediglich eine unglaublich große, mächtige, männliche Gestalt in hohen Stiefeln und Breeches und mit einem unordentlichen Leinenhemd konnte sie erkennen. Sie hörte, wie er Kommandos rief. Ihr Puls raste. Ihr ganzer Körper bebte. Er war so unglaublich männlich. Was war plötzlich in sie gefahren?
Jetzt trat er aus der blendenden Sonne, blieb plötzlich wie angewurzelt stehen und wandte langsam den Kopf zu ihr. Sein kastanienbraunes, mit goldenen Strähnen durchsetztes Haar fiel locker bis auf die Schultern und umrahmte ein ausdrucksstarkes, faszinierendes Gesicht. Mit scharfen Augen suchte er das Dock ab, bis er sie gefunden hatte.
Isobel konnte ihren Blick nicht abwenden. Er starrte sie eine scheinbare Ewigkeit lang an, eine Ewigkeit, auf die sie ein ganzes Leben lang gewartet hatte, und dann lächelte er. Es war ein direktes und intimes Lächeln. Ein Lächeln, das nur für sie gedacht war. Isobel errötete.
»Geh«, sagte sie Bessie, ihrem Dienstmädchen. »Hol jemanden, der den Koffer trägt.« Sie empfand es als Erleichterung, ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten, doch gleichzeitig wusste sie, dass er noch immer nach ihr schaute. Ebenso wie sie instinktiv spürte, dass sie dieses Schiff - sein Schiff - nicht betreten sollte. Man musste ihr nicht erst sagen, dass es sein Schiff war. Und ebenso gut wusste sie, dass sie nicht umkehren würde - nicht umkehren konnte.
»Wie heißen Sie?«
»Isobel.«
Die Sonne ging unter. Sie waren den ganzen Tag lang gesegelt. Es waren die ersten Worte, die er an sie gerichtet hatte. Er war lautlos hinter ihr aufgetaucht, aber sie erschrak nicht. Sie hatte schon seit einer ganzen Weile an der Reling gestanden und auf ihn gewartet.
»Isobel.«
Sie wandte sich um, damit sie ihm voll in die Augen sehen konnte.
Die Wirkung, die er auf sie ausübte, war jetzt nicht weniger stark als beim ersten Mal. Es verschlug ihr den Atem, die Sinne.
»Mein Name ist Hadrian«, sagte er leise, und dabei liebkoste sein Blick ihr Gesicht. Studierte es, nahm es in sich auf. »Hadrian Stone.«
»Ich weiß. Ich habe mich erkundigt.«
Sie blickten einander an. Isobels Herz pochte wild, fast so, als würde sie sich fürchten. Aber es war keine Furcht. Obwohl sie wusste, dass sie sich eigentlich fürchten sollte. Nein, es war Verlangen. Ein Verlangen, wie sie es noch nie in ihrem Leben auch nur annähernd so stark gespürt hatte. Wildes, heißes, quälendes Verlangen, das sich zwischen ihren Schenkeln konzentrierte.
Er sah nicht einmal so gut aus. Seine Gesichtszüge waren grob, das Kinn zu stark, die Nase ein wenig zu groß. Seine Augen waren bernsteinfarben; manchmal blitzten sie golden. Er hatte Stoppeln im
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