Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
schon.«
    Er kam näher, so nah, dass ich zu ihm aufsehen musste, und legte mir die Hände auf die Oberarme. »Ich würde niemals über dich lachen«, sagte er ernst. »Dafür bedeutest du mir zu viel.«
    Wie sollte ich das verstehen? Er war ein Engel, ich ein Mensch – zumindest zum Teil – und er kannte mich gerade einmal seit ein paar Tagen. Wie sollte ich ihm da etwas bedeuten? Andererseits war es nicht gerade so, dass ich mich nicht von ihm angezogen fühlte. Anfangs von seiner Stimme und dem, was er zu sagen hatte. Jetzt hatte diese Stimmeein Gesicht – eines, das ich mit seinen kantigen Konturen, die so sehr im Gegensatz zu den warmen Augen standen, ausgesprochen faszinierend fand. »Ich würde gern wissen, wie es ist.« Und ich meinte wohl nicht nur das Fliegen.
    Akashiel drehte mich herum, sodass ich mit dem Rücken zu ihm stand, und schlang die Arme von hinten um mich. »Mach dir keine Sorgen«, sagte er neben meinem Ohr. »Ich hab dich.«
    Mit einem mächtigen Satz sprang er auf die Balkonbrüstung und nahm mich dabei so mühelos mit, als sei ich nur eine Feder und nicht jemand mit einer Vorliebe für Kakao und Kekse. Mein Blick schoss nach unten in die Tiefe, vorbei an meinen Zehenspitzen, die haltlos in der Luft hingen. Heilige Scheiße! Wenn ich wirklich mit dem Gedanken gespielt hatte, dort hinunterzuspringen, um herauszufinden, ob ich fliegen konnte, hatte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank!
    Ich war kurz davor einen Rückzieher zu machen, als er sich nach vorn fallen ließ und sich mit mir in die Tiefe stürzte. Der Wind erstickte meinen Schrei, riss ihn mir von den Lippen, ehe ich einen Laut formen konnte. Der Boden raste uns in sagenhaftem Tempo entgegen und für einen Moment fragte ich mich, was zuerst passieren würde: der Aufprall, unter dem mein Körper zerschmettert werden würde, oder dass mir das Herz stehen blieb.
    Etwa zwanzig Meter über dem Boden endete der jähe Fall in einer sanften Kurve, an deren Ende wir über der Straße dahinglitten. Ein Schatten lag über mir, und als ich den Kopf wandte, sah ich ein Paar grauer Schwingen, das seinen Ursprung zwischen Akashiels Schulterblättern zu nehmen schien. Der Anblick war atemberaubend! Plötzlich wusste ich nicht mehr, wo ich zuerst hinsehen sollte – auf die nächtliche Stadt, die unter uns vorüberzog, oder auf den Engel, der mich fest in seinen Armen hielt. Beides war sowundervoll, dass es mir die Tränen in die Augen trieb – auch wenn ich mir einzureden versuchte, dass daran einzig und allein der Luftzug schuld war.
    Getragen von der Strömung glitten wir dahin, unser Gleitflug nur hin und wieder von einem vereinzelten Flügelschlag unterbrochen, dessen Rauschen mich an eine stürmische See denken ließ. Ich lachte vor Freude und wünschte mir, dass dieses unglaubliche Erlebnis niemals enden würde. Es war unbeschreiblich! Akashiels Arme um meinen Körper, die mich sicher hielten, der Wind in meinem Gesicht und meinem Haar und unter mir die vorbeiziehenden Straßenschluchten Seattles.
    Da ich nicht wusste, wo ich mit meinen Armen hin sollte, legte ich meine Hände auf seine Arme, die er fest um meine Taille geschlungen hatte. Ihm so nah zu sein, war beinahe ebenso unglaublich wie das Fliegen selbst. Ich fühlte mich so berauscht und ausgelassen wie schon lange nicht mehr.
    Mein Blick glitt die nächtliche Straße entlang, wanderte über die beleuchteten Auslagen der Geschäfte mit ihren Neonreklamen und folgte den Rücklichtern und Scheinwerfern der wenigen Fahrzeuge, die zu dieser Zeit noch unterwegs waren.
    »Was die wohl denken, wenn sie uns sehen?«
    »Sie sehen uns nicht.«
    »Nein?«
    »Für sie sind wir so unsichtbar, wie ich es damals für dich hätte sein sollen. Solange sich nicht zufällig ein Nephilim zwischen ihnen aufhält, sind wir für die Menschen dort unten nicht vorhanden.«
    Wir rauschten die First Avenue entlang, begleitet von der Musik, die aus den Nachtklubs und Diskotheken drang, schossen an bunt beleuchteten Bars und dunklen Geschäften vorüber und folgten der Waterfront am Pike PlaceMarket vorbei, der um diese Zeit ausgestorben dalag, zwischen den Wolkenkratzern von Downtown Seattle hindurch. Am Westlake Center hielten wir uns über der Monorail in Richtung des Seattle Center, auf dessen Gelände sich auch die Space Needle in den nächtlichen Himmel reckte.
    »Ich möchte da oben stehen!«, rief ich Akashiel zu, als wir auf den Ufo-förmigen Aussichtsturm zuflogen.
    »Besser nicht.«
    »Hast du

Weitere Kostenlose Bücher