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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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»I hope they let me go next week« (»Ich hoffe, sie lassen mich nächste Woche raus«).
    Aber sie taten es nicht, eine lange Zeit nicht. Und so waren wahrscheinlich die traurigsten Betroffenen der Mannheimer Justiz Kinder, die weit weg waren und nicht verstanden, was überhaupt vor sich ging. Leider konnte ich den Kindern auch nicht so genau erklären, warum die »crazy woman« mich beschuldigt hatte und warum »the police« einer »crazy woman« irgendwas glauben würde. Mannheim, Schwetzingen. Man kennt sich halt. Inkompetente Polizisten, die Tränen für einen Wahrheitsbeweis halten. Eine Justiz mit ungezügeltem Verfolgungseifer. Söihäfeli, Söiteckeli, wie wir in der Schweiz sagen.
    Nach fünf Wochen war die Telefonierpause des älteren Sohnes vorbei, es gab keine Beeinflussung mehr. Die Bunte mit den gesammelten Räubergeschichten der Paradezeugin Viola Sch. war inzwischen auch erschienen (ob sie meinen Kindern gezeigt wurde, weiß ich nicht), aber vermutlich spürten die Kinder, dass es irgendwie nicht zusammenpasst, wenn eine Person einerseits behauptet, einen Menschen »wahnsinnig geliebt« zu haben, und dann nur kurze Zeit später möchte, dass derselbe Mensch, wie Viola Sch. formulierte, »im Knast verrecken möge«.
    Das war für mich die überraschendste Erkenntnis in dieser Zeit. Ich hatte mich und auch Freunde gefragt, woran man wohl merken könne, wer es eigentlich ernst mit einem meine und wer nicht. Die Antwort kam während der Knastzeit. Die meisten Menschinnen, die ich in den vergangenen fünfzehn Jahren mal gekannt hatte, haben sich nie in irgendeiner Form bei mir gemeldet. Das ist zwar im Vergleich zu den Märchenerzählerinnen schon ein Upgrade, hat mir aber letztendlich doch gezeigt: Ich konnte damals nicht gemeint sein. Ich weiß von deren Bekannten, dass viele von ihnen nie Zweifel an meiner Unschuld hatten. Ich weiß auch, dass manche von ihnen es aber doch irgendwie gerecht fänden, dass einer im Knast sitzt, der nicht treu ist. Und die wollten nicht für mich kämpfen. Ob es später dann die Kohle war oder der potenzielle rote Teppich oder was weiß ich, vermutlich waren wohl auch zu Zeiten der Beziehungen keine echten Gefühle da, und mir wurde klar: auch von meiner Seite eigentlich nicht.
    Ich habe mir oft überlegt, wie ich mich verhalten würde, wenn ich von einer Freundin erführe, dass sie zum Beispiel Chefin eines interna tionalen Callgirlrings wäre, gleichzeitig die erfolgreichste Angestellte und parallel siebenmal verheiratet und dann noch wegen irgendeines grotesken Vorwurfs im Knast säße. Ich wäre womöglich nicht erfreut und würde ankündigen, beizeiten, wenn der Knast durch wäre und sich alles aufgeklärt hätte, noch ein paar Fragen zu haben. Aber bis dahin würde ich alle Kraft daransetzen, meiner möglicherweise zukünftigen Exfreundin zu helfen, aus der Scheiße zu kommen, die ihr jemand anders bereitet hat … Wer geliebt hat, kämpft gegen Unrecht, auch wenn der, dem es widerfährt, in anderen Bereichen seines Lebens Fehler gemacht hat.
    Heute ist mir klar, dass mich alle diese Frauen, von denen ich nach dem März 2010 nie mehr etwas gehört habe, kaum geliebt haben können. Und ich weiß, dass ich den Fehler gemacht habe, diese Gelegenheitsbeziehungen aus Feigheit und Dummheit nicht abzubrechen. Wenn man jemanden nicht liebt, sollte man sich nicht immer wieder gegenseitig eine Art Beziehung vortäuschen, selbst wenn man sich nur selten sieht.

Die letzten Tage in Herzogenried
    Im Hochsommer war ich ein erfahrener Schänzer geworden. Zusammen mit meinem Reinigerkumpel brachten wir das Stockwerk weiter auf Vordermann, und während G. im Urlaub war, putzten wir die komplett versifften Fenster in Küche und Putzkammer und machten ihm so eine Freude für die Rückkehr. Es gab natürlich auch immer wieder dunkle Tage der Verzagtheit, vor allem nachts, wenn die Knastmauern angeleuchtet wurden und sich die Schatten der Gitterstäbe an der Zellendecke abzeichneten. Die Täterin ist draußen, ich bin drin.
    Meine Träume waren lange Zeit abseits der Knastrealität geblieben, umso größer war das Herzklopfen beim Aufwachen jetzt. Ich dachte an die blutdrucksenkenden Mittel, die ich am Vortag morgens um sechs genommen hatte, viele Stunden zuvor, und hoffte immer, dass mein Herz, das in früheren Stresssituationen rumgezickt hatte, im Takt bleiben und nicht ganz aussetzen würde. Ich ahnte, dass die Nebenklägerin aus Schwetzingen auf meinen Tod hoffte, weil dann die

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