RECKLESS HEARTS
Selin drehten sich um.
»Ihr kriegt noch einen Song, dann sagen Joey, Gerry, Dermot und ich gute Nacht ...«
Ein entrüsteter Zwischenruf kam aus den hinteren Reihen: »Ach, komm schon Matt, ist noch nicht mal Mitternacht!«
»Ja, ja, ihr kriegt doch nie genug ... DIRTY OLE TOWN!«, rief Matt lächelnd ins Mikro. Die Band legte wieder los, das Publikum klatschte frenetisch und sang mit ihm voller Inbrunst den alten Klassiker der »Dubliners«:
»I met my love by the gas works wall
Dreamed a dream by the old canal
I kissed my girl by the factory wall
Dirty old town
Dirty old town
Clouds are drifting across the moon
Cats are prowling on their beat
Spring‘s a girl from the streets at night
Dirty old town
Dirty old town«
Alex und Selin standen wie zwei vom anderen Stern inmitten der Heiterkeit. Spätestens nach zehn Sekunden war es ihnen unmöglich, sich der Atmosphäre zu entziehen.
Alex trat der Schweiß auf die Stirn.
Als er seine Jacke auszog, machte es ihm Selin gleich nach. Wie gebannt hörten sie dabei der Band zu.
Der Blick des Sängers blieb plötzlich auf Alex haften, nachdem zwei Personen die Sicht auf ihn freigegeben hatten.
Alex bemerkte zuerst nicht, dass er von ihm merkwürdig gemustert wurde, während er den Song weitersang:
»I heard a siren from the docks
Saw a train set the night on fire
Smelled the spring on the smoky wind
Dirty old town
Dirty old town
I‘m going to make me a good sharp axe
Shining steel tempered in the fire
I‘ll chop you down like an old dead tree
Dirty old town
Dirty old town
I met my love by the gas works wall
Dreamed a dream by the old canal
I kissed my girl by the factory wall
Dirty old town
Dirty old town
Dirty old town
Dirty old Town«
Als der Song zu Ende war, bedankten sich die Musiker und machten sich daran, ihre Instrumente einzupacken.
Selin stupste Alex am Arm: »Der Sänger scheint dich zu mögen.« Sie lächelte amüsiert.
Alex schmunzelte unsicher. »Glaube kaum. Der sah nicht grad erfreut aus.«
Sie drehten sich wieder dem Tresen zu und Alex Beklemmung kehrte zurück. »Lass uns hier rausgehen und irgendwo ein Zimmer nehmen«, sagte er bedrückt.
»Alex, wir könnten morgen mal nach diesem B `n B suchen«, versuchte Selin ihm Mut zu machen. »Wenn es uns nicht weiterbringt, kommen wir eben nochmal hierher. Vielleicht ist dann auch der Besitzer des Ladens da, oder ein Kellner, der mehr weiß.«
Er nickte wenig überzeugt.
Sie zogen gerade ihre Jacken an, als jemand Alex auf die Schulter tippte.
Es war Matt, der Sänger. Er streckte Alex die Hand entgegen. Alex nahm den Gruß an, auch wenn er wegen des Blickkontakts vor wenigen Minuten noch ein wenig irritiert war.
»Hi, ich heiß Matt ... habt ihr ja vielleicht schon mitgekriegt. ‚The Fiddler‘, wie man mich auch nennt«, blubberte Matt aufgeregt los. Man konnte sehen, dass er mal ganz gut ausgesehen haben musste, aber der Lack war schon ziemlich ab. Dennoch wirkte seine ganze Art jugendlich frisch, und er machte jetzt einen äußerst freundlichen Eindruck.
»Hi«, sagten Alex und Selin gleichzeitig und warteten ab.
»Okay, ich muss mich entschuldigen wegen vorhin, aber ich ... ich dachte, ich kenne dich vielleicht ... seltsam.« Er lachte laut los.
Alex sah stirnrunzelnd zu Selin, dann wieder zu Matt.
»Ich heiße Alex, und das ist Selin. Kennen Sie ein B `n B, dessen Besitzer McCaun hießen?«
Matts Miene wurde auf einmal ernst. »Oh. Das war‘s, was ihr von Angus wolltet?«
»Ja, er sagte, Shane McCaun und seine Frau seien vor Jahren gestorben.« Alex musste schlucken, nachdem er den Satz ausgesprochen hatte.
Matt kräuselte die Stirn, schüttelte dann energisch den Kopf. »Angus hat sich sicher verhört und Sean verstanden. Sean McCaun und Molly, seine Frau, sind bei dem Autounfall gestorben.«
Die Informationen drangen nur langsam zu Alex durch. Er stand stocksteif da und sagte nichts.
»Bist du ... verwandt mit den McCauns?« Ein fasziniertes Staunen hatte sich in Matts Gesicht breitgemacht.
Alex zögerte mit der Antwort, während Selins Mund halb offen stand vor Spannung.
»Kennen Sie denn ... Shane McCaun?«, fragte Alex nervös.
»Da kannst du drauf wetten, buddy«, rief Matt daraufhin und klopfte Alex kameradschaftlich auf die Schulter. »Ich hab einen Vorschlag. Ich ruf ihn mal an und sag, dass ich hier ein Touristen-Pärchen hab, das ein Zimmer braucht. Ist doch so, oder?« Er sah kurz unsicher zwischen beiden Gesichtern hin
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