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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket
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eine extravagante Note, ganz nach Atillas Sinn.
    Das dritte Zimmer, das Atilla Alex überlassen hatte, war bis vor Kurzem noch das von Niklas und Jimmy heißgeliebte Billardzimmer gewesen. Zur Schalldämmung war der Raum mit dickem Teppichboden ausgelegt, dunkelgrün und teuer, und an der Wand hing ein eingerahmtes Filmplakat von »Bullit« mit Steve McQueens Konterfei.
     
    Alex hatte es zuerst abgelehnt, mit in die Gang-WG zu ziehen, denn … nein Mann, das ginge nicht, heftigstes Kopfschütteln, da gäbe es jemanden, um den er sich kümmern müsse … war aber von Atilla beschworen worden, dass es praktisch und hilfreich sein würde, solange sie den Coup zu laufen hatten.
    Es war weniger die Nähe zu Atilla oder dessen undurchsichtige, vereinnahmende Art oder das Misstrauen von Niklas und Jimmy, was Alex zu meiden versucht hatte, als vielmehr die Sorge um seine Mutter, die er deswegen länger und jetzt auch mehrere Nächte allein lassen musste. So hatte er in ihre geröteten Augen etwas von einem vorübergehenden Job als Privatchauffeur geschwindelt, hatte von sagenhaft guter Bezahlung und einer Gelegenheit gesprochen, die er sich nicht entgehen lassen könne, hatte versprochen, dass er sich oft melden und bald wieder zurück sein würde - und meinte es auch so. Sie glaubte ihm und gab todunglücklich nach - und wartete ungeduldig, die Nägel abkauend, bis es weh tat …
     
    Sie hatten es endlich geschafft, parkten auf ihrem Stellplatz, konnten es kaum fassen, wie schräg und doch noch glimpflich die ganze Sache abgelaufen war. Die Handys wurden eingeschaltet und kurz gecheckt.
    Atilla flüsterte etwas in Alex‘ Ohr, klopfte ihm sanft auf die Schulter und deutete ihm auszusteigen. »Wir kommen gleich nach«, sagte er, diesmal für alle hörbar.
    Alex half Selin beim Aussteigen, und als sie wieder vor Schmerz das Gesicht verzog, zögerte er nicht lange und hob sie behutsam hoch. Sie ließ es kommentarlos geschehen, dass er sie trug.
    »Meine Tasche«, rief sie noch.
     
    Er trug sie bis zum Fahrstuhl, bestieg ihn mit ihr auf seinen Armen, spürte ihr Gewicht eh kaum und versuchte krampfhaft, sie nicht anzusehen. Diese ganzen Spiegel! Wo er hinsah, sah er sie und sich, sah weg, sah trotzdem wieder sie und sich … sie … schlaff in seinen Armen … sich … wie er sie trug, und war nun beklommen, wie damals in der neunten Klasse, als er Rebecca Bielke ins Sekretariat begleiten musste, weil ihr vom Fröschesezieren kotzübel geworden war. Das Mädchen hatte sich fest bei ihm eingehakt und geplappert wie ein Wasserfall, trotz angeblicher Übelkeit, und ihn mit säuselnder Stimme zu ihrem Geburtstag eingeladen, wo er nicht erschienen war, weil …
    Selin hatte absolut keine Kraft mehr, war todmüde, fror innerlich, trieb mit dem Strom in unbekanntes Gewässer, hatte immer noch keine wirkliche Angst, so nah an seinem Gesicht, vermittelten doch seine schüchternen Augen etwas, was seltsam beruhigend auf sie wirkte, wie ein stiller, tiefer See …
    Ihr Bein schmerzte.
    Alles, was bisher geschehen war, fühlte sich auf einmal so fern an, verschlungen von der Nacht, von Schmerzen im Fleisch und in der Seele, vom Fatalismus des Augenblicks, vom Ende eines Dämmerzustands, von bebender Hoffnung auf einen Ausweg, von aufregender Ungewissheit und nicht zuletzt von einem Versprechen, das sie sich selbst gegeben hatte.
    Alles was jetzt kam, war ein brandneuer Film, das Genre unklar, der Plot nicht vorhersehbar, die Spannungskurve jedoch vielversprechend. Und das Ende …? Man würde sehen …
    Sie legte den Kopf auf seiner Schulter ab und flüsterte schwach: »Wart ihr‘s?«
    »Hm? Wie ...?« Er blickte bestürzt in ihr fein geschnittenes Gesicht. Sie hielt die Augen geschlossen.
    »Ach, nichts«, sagte sie kaum hörbar.
    Ohne große Mühe schloss er die Wohnungstür auf. Er brauchte ihren federleichten Körper nur mit einem hochgezogenen Oberschenkel abzustützen, solange eine Hand am Schloss hantierte, ging mit ihr auf den Armen einige Schritte durch den Flur und begnügte sich mit dem schwachen Licht der Bewegungsmelder, schob mit der Fußspitze eine Tür zur Linken auf, trat in den Raum, in »sein Zimmer«, knipste mit dem Ellbogen das Deckenlicht an und legte Selin vorsichtig auf dem Bett ab. Dann blickte er suchend um sich, fand eine Wolldecke, mit der er sie schnell zudeckte, und machte einen Schritt zurück, um abzuschätzen, wie sie alles aufnahm.
    »Ich bring dir gleich eine Flasche Wasser, brauchst du … sonst

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