RECKLESS HEARTS
Szene aus einem Liebesfilm ... hatte etwas unbeschreiblich Romantisches ... und sie steckte mittendrin. Wenn sie ehrlich war - was sie nicht sein wollte - war sie bereits mehr als beeindruckt von ihrem Begleiter ... von all seinen bemerkenswerten Facetten, seinem Äußeren ganz zu schweigen ...
Diese Art von Anziehung, die er auf sie ausübte, hatte ihre eigenen Gesetze, war ein Territorium, das sie zuvor nie betreten hatte und womit sie sich nicht auskannte, höchstens ein wenig theoretisch ... Sie musste aufpassen, dass sie sich nicht verlief, musste ihr Ziel im Auge behalten, jetzt wo sie erstaunlicherweise eins hatte: London, Great Britain! Eine völlig andere Metropole. Ein neues, vollkommen anderes Leben. Und egal wie es sein würde, es würde ihr gehören.
Sie stießen an ... vom Charme der besonderen Szenerie angetan ... immer einen Tick verlegen und angeregt zugleich.
»Haben Sie schon gewählt?«, fragte der Kellner freundlich, den Oberkörper leicht vorgeneigt.
Sie hatten.
‚Pizza Funghi‘ für Alex. Und für Selin ebenso, per favore ... Reiner Zufall, oder?
Die Wartezeit auf ihr Essen füllten sie mit oberflächlichem Smalltalk über das gemütliche Ambiente um sie herum, die künstlerisch gelungenen Ölbilder an den Wänden und die schnulzige Hintergrundmusik, die das italienische Flair komplettierte.
Er sei heute das zweite Mal hier, sagte Alex. Das Restaurant sei klein, aber fein und man würde exzellent bedient ...
Zwischendurch seine aufmerksame Frage, wie ihr denn der Wein schmecke? Selin trank ihn in vorsichtigen Minischlückchen und musste sich an den herb-fruchtigen Geschmack erst gewöhnen. Er sagte ihr allerdings weitaus mehr zu als der Geschmack von Bier, und so nickte sie und behauptete, er schmecke interessant ... und dann ... doch, er schmecke gut ... sehr alkoholisch, aber gut ... mhm, noch einen Schluck ... wirklich lecker sogar ...
Er lächelte spontan. Ein ehrliches Lächeln voller Wärme, das ihr durch und durch ging. Wieder blieb ihr Blick an seinem Gesicht hängen. Sie konnte zum Verrücktwerden nichts dagegen tun.
»Alex ...«, fing sie an, und seltsamerweise wusste er sofort, dass der Smalltalk vorbei war, und nahm schnell einen kräftigen Schluck aus seinem Glas. »In der Nacht, in der ihr mich ... gefunden habt ... da hab ich meinem ... du weißt schon ... baldigen Ex-Mann ... eine Bratpfanne auf den Kopf gehauen und bin weggelaufen, tja, das ist leider wirklich passiert ...!« Sie wartete mit schuldvoller Miene auf seine Reaktion, auf einen schockierten Ausdruck in seinem Gesicht, vielleicht sogar einen Ausdruck von Abscheu. Aber Alex‘ Miene zeigte kaum Regung, nur dass er offensichtlich interessiert zuhörte, also sprach sie weiter, bevor sie der Mut verließ. »Ich weiß nicht, warum ich sowas Schlimmes getan habe, Alex«, fuhr sie schwermütig fort. »Es wäre gar nicht nötig gewesen, und er, der Arme, hatte es wirklich nicht verdient. Er ist ... ich habe nie wirklich etwas für ihn empfunden, musst du wissen, aber er war immer friedlich und nachsichtig. Ich hätte auch einfach so verschwinden können, da bin ich mir sicher, bloß ... Ich war wie neben mir, ich hab mich gefühlt wie in einem Traum, als könnte nichts von dem, was ich je tue real oder wirkungsvoll sein, und eigentlich ... eigentlich wollte ich, dass sich meine Welt in Luft auflöst und ich die Wut und den Frust in mir wieder spüren und wieder denken kann ...« Ihr Blick fixierte das leuchtende Rot des Weins in ihrem Glas.
Nur wenige Sekunden dauerte die bedrückende Stille zwischen ihnen.
Alex räusperte sich. »Wie geht‘s ihm jetzt?«, fragte er ernst, und Selin sah ihm mit sorgenvoll gekräuselter Stirn in die Augen. Es war eine legitime, sehr vernünftige Frage! Nur leider auch eine Frage, die sie zweifeln ließ, ob er sie immer noch für eine unschuldige, liebe Seele hielt.
»Oh, er sagte, er habe es weggesteckt ... Nur sein Ego sei wirklich verletzt, was ich mir gut vorstellen kann ... Ich hab mich dann entschuldigt, auch wenn man sich für so eine Tat kaum wirklich entschuldigen kann. Ich meine damit, dass man die Schuld nicht wirklich loswird. Dennoch wollte ich ihm damit sagen, dass ich ...« Sie musste eine Pause einlegen und einen Schluck Wein trinken, bevor sie weitersprechen konnte. »... dass ich mich selber noch mehr verurteile, und er sich keine Vorwürfe zu machen braucht ...«
Alex wirkte immer noch nicht schockiert, eher nachdenklich. »Du hast dich immerhin
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