Regency Reality-Show
Scott überrascht. „Aber warum denn, wir sind doch fertig.“
Ungläubig starrte ich mein Spiegelbild an und offenbar dachte Robert in ähnlichen Bahnen.
„Sieht eher aus wie ein Vogelnest.“ meinte er.
„Aber ein besonders elegantes Vogelnest.“ verteidigte Scott sein Werk.
„Da könnte eine ganze Adlerfamilie drin hausen.“ steuerte Grant trocken bei.
Unglücklich sah ich zu den Dreien auf. „Was machen wir jetzt? So kann ich unmöglich runter gehen!“
Stille.
„Grant“, entschied ich schliesslich, „lauf zu meinen Eltern und bring Anna mit. Wenn jemand diesen Heuhaufen noch retten kann, dann ist es die Starfriseuse von Wien.“
Kurze Zeit später wurde Anna durch einen lauten Schrei angekündigt.
„Nein – was haben Sie denn mit Ihren wunderschönen Haaren angestellt, Lady Gertrud?“
„Sind sie noch zu retten?“ fragte ich ohne grosse Hoffnung. Gut möglich, dass ich das wirre Gestrüpp abschneiden musste.
„Schwierig, schwierig“, murmelte sie. Aber als sie mein unglückliches Gesicht sah, fügte sie hinzu: „Überlassen sie die Sache nur mir, das wird schon.“
Kapitel 9
Wie er diesen Detektiv hasste.
Nun war er endlich persönlich hier, hatte sie sogar angefasst und hatte während dem ganzen Bogenschiess-Wettkampf nur wenige Meter neben ihr gestanden, aber er hatte keinen einzigen Pfeil in ihre Richtung abgeben können. Und alles nur wegen diesem Detektiv. Der schirmte sie komplett ab.
Für morgen musste eine bessere Strategie her. Während sich die anderen unten im Ballsaal zu Affen machten, würde er mit seinem brillanten Verstand schon einen Weg finden, den morgigen Tag zu seinen Gunsten zu nutzen.
Es stand ‚Kneippen‘ auf dem Programm. Die Gäste würden aufgefordert, mit nackten Füssen im nahe gelegenen seichten Bach zu waten. Hier wollte er die Falle stellen. Als ihm einige teuflische Ideen durch den Kopf gingen, lachte er hämisch auf.
***
Cinderella musste sich bei ihrer Ballnacht, die um Punkt Mitternacht endete genau so gefühlt haben wie ich jetzt. Es war himmlisch in Roberts Armen durch den Saal zu schweben. Schöner könnte es in keinem Märchen sein. Er sah mich unentwegt an und ich versank in den blauen Tiefen seiner wunderschönen Augen, bis der Ballsaal und die Menschen um uns herum verschwammen und schliesslich vollständig verschwanden. Als es deutlich kühler wurde merkte ich, dass wir im Walzertakt auf die Terrasse gewirbelt waren. Nun aber standen wir still. Robert stellte mich auf einen kleinen Mauervorsprung, so dass er sich kaum bücken musste, als er mich küsste.
Die ganze Sehnsucht nach Zärtlichkeit, die Aufregung und Angst der letzten Tage, die unterdrückte Begierde – alles war in diesem Kuss zu spüren. Ich konnte nicht mehr erkennen, wo ich aufhörte und wo er anfing. Wir verschmolzen zu einer perfekten Einheit. War ich es, die so herzerweichend seufzte? Musste wohl so sein, denn er antwortet mir mit einem Stöhnen, das tief aus seinem Innern zu kommen schien.
„Ihr wisst schon“, fragte eine unbekannte Stimme hinter mir, „dass Ihr hier draussen nicht alleine seid?“
Ohne sich von meinen Lippen zu lösen hob Robert mich hoch und trug mich scheinbar blindlings durchs Haus. Irgendwann mussten wir bei unserer Zimmertüre angelangt und an Grant vorbeigegangen sein, denn plötzlich fühlte ich etwas Weiches unter mir und ohne die Augen zu öffnen wusste ich, dass wir in unserem Bett lagen.
Bestimmt hatten wir gerade einen neuen Rekord im Dauerküssen aufgestellt. Als Robert leicht den Kopf hob wimmerte ich enttäuscht und als er mich nicht wieder küsste, machte ich meine Augen auf, und sah, wie er mein Gesicht betrachtete.
„Du bist wunderschön, Luvie. Wusstest Du eigentlich, dass ich noch einen zweiten Vornamen habe?“ Was wollte er in einem solch innigen Augenblick denn damit?
„Er lautet ‚Ewan‘.“ Natürlich, das war sein richtiger Name! Er wollte, dass ich seinen Namen kannte.
„Mein zweiter Vorname ist ‚Lea‘.“ antwortete ich und gab damit zu verstehen, dass ich ihn verstanden hatte.
Darauf küsste er mich abermals innig, bis uns beiden die Luft wegblieb.
„Ein perfektes Kleid sollte man nie mals ein zweites Mal anziehen –“ Mit einem schelmischen Lächeln sah er auf mich herunter und riss mit ganzer Kraft an meinem Oberteil, bis es nachgab. „– denn einen perfekten Augenblick kann man niemals wiederholen.“
Gerade wollte ich mich über seine Dreistigkeit
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