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Regency Reality-Show

Regency Reality-Show

Titel: Regency Reality-Show Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Hertig-Binz
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Floras Box, um sie als Allererste zu begrüssen. Die Box war leer. Er schritt weiter. Alle anderen Pferde waren da. Wo war Flora abgeblieben?
    „Murdoch, wo ist Flora!“ polterte er durch den Pferdestall und einige Tiere fingen nervös zu Tänzeln an.
    „Chef, ist etwas nicht in Ordnung?“ Murdoch schien überrascht.
    „Wo ist Flora?“
    „Die wurde heute abgeholt.“
    „Von wem?“
    „Von der Countess – wie Sie vorausgesagt hatten.“
    „Von Lea Tobler?“
    „Keine Ahnung, im Fernsehen war sie Ihre Frau.“
    „Und Sie haben Ihr das Pferd einfach gegeben, ohne mich zu informieren.“ nun wurde Ewan richtig wütend.
    „Natürlich nicht. Ich habe Ihre Anweisungen genau befolgt und sie zuerst zu Ihnen geschickt. Haben Sie ihr das Pferd denn nicht selber gegeben? Als ich die anderen von der Koppel hereinholte war ihre schöne Stute nicht mehr dabei. Da hatte ich gedacht, sie hätten der Dame ihr Pferd gegeben.“
    „Ich habe sie nie gesehen.“ Ewan blickte zum Regal, wo er Floras Sattel verstaut hatte. Der Sattel lag immer noch dort.
    „Fehlt einer unserer Sättel?“
    „Ich müsste sie durchzählen.“
    „Dann machen Sie schon.“ polterte Ewan, der Verzweiflung nahe.
    Kurze Zeit später war klar, dass überhaupt nichts fehlte. Alles Zaumzeug war vorhanden, alle Sättel waren noch da – es war, als wäre Flora alleine aus der Koppel ausgebrochen und davon galoppiert.
    „Ich denke, sie ist ohne Sattel und Zaumzeug geritten.“ flüsterte Ewan schliesslich mit erstickter Stimme.
    „Trommeln Sie die Männer zusammen. Wir müssen sie suchen. Bei Ihrem Glück liegt sie verletzt in irgendeinem Graben.“
    Dann zückte er sein Handy und organisierte Verstärkung, die wenige Minuten später in Form seiner drei Geschwister auftauchte. Ewan war überrascht, als er Mutter unter seinem Hilfstrupp entdeckte.
    „Mum, was machst Du denn hier?“
    „Ich trauere um meinen Mann. Das ist keine Krankheit. Ich kann trotzdem reiten. Dieses Mädchen ist toll, Ewan. Morag hat mir viel von ihr erzählt und einige Szenen haben wir uns im Computer gemeinsam angesehen. Ich mag sie. Du musst für sie kämpfen, mein Sohn.“
    „Aber Mum, Du hast so viel zu verarbeiten, da kann ich doch nicht – “
    Die Countess von Ayrshire richtete sich kerzengerade auf und fuhr ihm stolz ins Wort. „Es gibt eine Zeit zu trauern und eine Zeit zu leben. Es stimmt, ich werde noch lange trauern, aber im Moment brauchst Du mich für Deine Zukunft. Nutze Deine Zeit, Junge, Du weisst nie wann sie zu Ende geht.“
     
    Nach kurzem Schweigen – bestimmt dachten in diesem Moment alle an den verstorbenen Earl – teilte Ewan den Suchtrupp in Gruppen ein. Es musste jeder Stein nach ihr umgedreht und kein Gebiet durfte vernachlässigt werden.
     
    ***
     
    Als Kind hatte ich ab und zu ohne Sattel auf einem Pferd gesessen, aber nie für längere Zeit. So verwunderte es mich nicht weiter, dass mir nach fast drei Stunden, in welchen ich Flora fast bis zur Erschöpfung angetrieben hatte, alles weht tat.
    „Wir suchen uns einen Unterschlupf für die Nacht.“ Versprach ich meiner treuen Begleiterin.
    Drei Meilen weiter fanden wir eine passende Bleibe. „Was denkst Du, werden die mich in ihrem Stall schlafen lassen?“
    Ein kleiner Junge spielte neben einem grossen Wagenschopf mit einem jungen Kätzchen.
    „Hallo, ist Dein Vater zuhause?“ fragte ich so freundlich, wie es mir in meinem völlig entkräfteten Zustand möglich war. Die Medikamente der letzten Woche, die mich dauernd hatten schlafen lassen, schienen immer noch Wirkung zu zeigen.
    „Dad, Dad – da liegt eine Frau auf ‚nem Pferd!“ rief der Junge, während er um den Wagenschopf herumlief.
    Kurz darauf kam er zurück und zog einen grossen, kräftig Gebauten Mann am Hosenbein hinter sich her.
    „Hallo“, ich beschwor nochmals sämtliche Freundlichkeit in meine Stimme. „Könnten Sie mir bitte herunter helfen? Ich glaube nicht, dass ich noch absteigen kann.“ Sogar zu einem schiefen Lächeln fehlte mir die Kraft.
    „Junge Dame, Sie sind ja völlig durch den Wind.“ Mit eiligen Schritten war der Hüne neben mir und hob mich vom Pferderücken.
    „Danke“
    „Keine Ursache.“ Er betrachtete mich fragend, als ich mich nicht von der Stelle rührte. „Wo wollen Sie jetzt hin?“ Das fragte er in einem Tonfall, als ob er eigentlich sagen wollte: Denken Sie, dass Sie in Ihrem Zustand irgendwo hingehen können?
    Ich versuchte ein gewinnendes Lächeln aufzusetzen, das kläglich misslang.

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