Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
abladen, wo sie hingehört -bei ihm. Vermutlich wird sie von ihm verlangen, dass er Euch vor den Altar führt. Wenn Ihr also nicht wollt, dass es so weit kommt, müsst Ihr die Sache selbst in die Hand nehmen. Und wer weiß, vielleicht fällt ihm noch eine Alternative ein, an die wir nicht gedacht haben. «
Kapitel 24
Rupert aufzuspüren erwies sich als schwierig. Zwar hatte Rebecca ihn im Anschluss an die verhängnisvolle Nacht bei diversen Veranstaltungen aus der Ferne gesehen, aber mittlerweile war ihr zu Ohren gekommen, dass er den Palast verlassen hatte. Selbst zu den Feierlichkeiten anlässlich der Geburt des Thronfolgers, den die Königin zur Welt gebracht hatte, war er nicht erschienen.
Rebecca wusste zwar, dass Rupert in London lebte, aber nicht wo. Wie schade, dass sie keine Bekannten in der Stadt hatte, die sie fragen konnte! Sie hatte sich bei einer Reihe von Kutschern erkundigt, in der Hoffnung, dass einer von ihnen wusste, wo der Marquis of Rochwood lebte. Eine Sackgasse, wie sich herausstellte. Einen der Kutscher hatte sie sogar gebeten, sie an einen Ort zu bringen, an dem sie ein Buch mit allen Adressen Londons einsehen konnte. Nachdem sie ihre Bitte vorgetragen hatte, hatte der Kutscher ihr jedoch geantwortet, dass ihm lediglich die Privatclubs einfielen, die Adressbücher dieser Art führten, aber dass weder ihr noch ihm Zutritt gewährt würde.
Theoretisch hätte Rebecca sich natürlich auch an Nigel Jennings wenden können. Das Problem war nur, dass sie ihm nie wieder begegnet war. Hinzu kam, dass Rupert ihn vermutlich in Kenntnis darüber gesetzt hatte, dass er sie nicht für vertrauenswürdig hielt. Das wiederum würde erklären, warum Nigel keinen weiteren Versuch unternommen hatte, an sie heranzutreten.
Als Rebecca sich keinen Rat mehr wusste, wandte sie sich schließlich noch einmal an Flora. Eine Stunde später kehrte die Magd mit der gewünschten Adresse zurück - John Keets sei dank. Welch ein hilfreicher Zeitgenosse!
Rebecca wartete mit ihrem Besuch bei ihm bis zum nächsten Morgen. Sie wollte in aller Herrgottsfrühe auf der Schwelle stehen, ehe er das Haus verließ. Natürlich hätte sie Flora bitten können, sie zu begleiten, hatte sich aber dagegen entschieden. Eine Begleitung war insofern nicht nötig, da sie auf direktem Wege zu seinem Haus und anschließend direkt wieder in den Palast zurückkehren würde. Mit ein wenig Glück war sie wieder in ihrem Gemach, ehe sie sich übergeben musste.
Da die Arlington Street näher am Palast lag, als Rebecca angenommen hatte, schätzte sie ihre Chancen auf eine zügige Wiederkehr als sehr gut ein. Wenn es nach ihr ging, würde das Gespräch mit Rupert ohnehin nicht sonderlich lange dauern. Rebecca, die die Ruhe in Person war, als sie abfuhr, merkte, wie ihre Nervosität zurückkehrte, als sie aus der Kutsche stieg und auf seine Stadtvilla zulief. Um sich abzuregen, rief sie sich all die Gründe in Erinnerung, warum er ihre Wut mehr als verdient hatte. Und es klappte. Als ihr jedoch die Tür geöffnet wurde, stand ihr eine herbe Enttäuschung ins Haus.
Der Hausherr wäre nicht zu Hause, erklärte ihr der Butler. »Streng genommen weilt er nicht einmal im Lande. Wieso sprecht Ihr nicht noch einmal in wenigen Wochen vor, wenngleich ich zu bezweifeln mag, dass der Hausherr dann bereits aus Frankreich zurückgekehrt ist. Sein Schiff ist erst heute Morgen ausgelaufen, müsst Ihr wissen. «
Rebecca wurde hellhörig und spürte, wie sich ein Funken Hoffnung in das aufsteigende Gefühl der Panik mischte. War Ruperts Schiff tatsächlich ausgelaufen, oder nahm der Butler es nur an? Wie auch immer die Wahrheit aussah, sie musste dringend herausfinden, von welchem Hafen aus er in See gestochen war. Mit energischen Schritten lief sie zur Kutsche zurück und informierte den Kutscher über das neue Fahrtziel. Es kam nicht infrage, dass sie wochenlang auf Ruperts Rückkehr nach London wartete. Dazu fehlte ihr schlicht und ergreifend die Zeit. Sie würde umgehend jemanden aussenden, der ihn ausfindig machte, und zwar noch heute! Vielleicht ließ John Keets sich ja dazu überreden, ein wenig Urlaub zu machen...
»Was zum Teufel macht Ihr denn hier? «
»Auch ich bin mehr als entzückt darüber, Euch wiederzusehen«, erwiderte Rebecca schroff, ehe sie sich zu dem jungen Hafenarbeiter umdrehte, um ihm dafür zu danken, dass er ihr den Weg zu Ruperts Kajüte gezeigt hatte.
Auf der Hetzjagd in Richtung Hafen hatte Rebecca jede Form der Angst durchlebt.
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