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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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vielen strahlenden Palästen des Komforts, die ganze Straßenzüge säumten, erkor ich ein Etablissement in einer Seitenstraße einzig und allein, weil mir das Schild so gut gefiel: Durch den peitschenden Regen leuchteten einladend hübsche, große pinkfarbene Neonlettern. Ich trat ein, das Wasser tropfte nur so von mir hinunter, und sah mit einem Blick, daß ich eine gute Wahl getroffen hatte – sauber, hübsch altmodisch, und die Preistafel an der Wand bot Bed & Breakfast zu dem attraktiven Preis von 26 Pfund an, und es war so schön stickig warm, daß mir die Brillengläser beschlugen und ich Niesanfälle bekam. Ich goß etliche Liter Naß aus meinen Ärmeln und bat um ein Einzelzimmer für zwei Nächte.
    »Regnet es draußen?« fragte das Mädchen an der Rezeption munter, als ich meine Anmeldekarte ausfüllte.
    »Nein, mein Schiff ist gesunken, und ich mußte die letzten sieben Meilen schwimmen.«
    »O ja?« fuhr sie in einer Art fort, bei der mich der Verdacht beschlich, daß sie meinen Worten keine rechte Aufmerksamkeit schenkte. »Und essen Sie heute bei uns zu Abend, Mr. –« Ein Blick auf meine wasserverschmierte Karte. »Mr. Brylcreem?« Ich bedachte die Alternative – ein langer Fußmarsch durch knüppeldicken Regen – und verspürte Lust, zu Hause zu bleiben. Außerdem bestand angesichts des bohnengroßen Hirns der Dame und meines verschmierten Gekritzels die Chance, daß sie die Mahlzeit einem anderen Zimmer berechnen würde. Ich sagte, ich bliebe zum Essen hier, nahm einen Schlüssel entgegen und begab mich tröpfelnd auf die Suche nach meinem Zimmer.
    Unter den zahllosen Dingen, die sich in Großbritannien seit 1973 sehr entwickelt haben – und man muß nur innehalten und einen Moment darüber nachdenken, dann merkt man, wie lang die Liste ist –, hat weniges so viele Fortschritte gemacht wie das englische Gasthaus. Heutzutage bekommt man einen Farbfernseher, ein Tablett mit Sachen zum Kaffeemachen samt einem Winzpäckchen mehr oder weniger genießbarer Kekse, ein eigenes Bad mit flauschigen Handtüchern, ein Körbchen mit Wattekugeln in allen Regenbogenfarben und ein Sortiment an Tütchen oder kleinen Plastikfläschchen mit Shampoo, Badeschaum und Feuchtigkeitslotionen. Mein Zimmer hatte sogar eine vernünftige Nachttischlampe und zwei weiche Kissen. Was mich höchst erfreute. Ich ließ die Wanne schön vollaufen, leerte alle Badegele und Feuchtigkeitscremes hinein (keine Bange, ich habe mich gründlich informiert und kann Ihnen versichern, daß es sich immer um ein und dieselbe Substanz handelt), und während ein Tuff zarter Blasen langsam einen Meter über den Badewannenrand stieg, kehrte ich in mein Zimmer zurück und begann gleich mit dem narzistischen Ritual des mutterseelenallein Reisenden.
    Packte meinen Rucksack mit ausgesuchter Sorgfalt aus, drapierte die nassen Klamotten über den Heizkörper, legte die sauberen so etepetete auf dem Bett aus, als ginge ich gleich zu meinem ersten Highschool-Ball, arrangierte Reisewecker und -lektüre mit äußerster Präzision auf dem Nachttisch, dimmte das Licht so, daß es recht behaglich wurde, und verzog mich dann bester Stimmung mit einem guten Buch in die Wanne, wo ich mich in einer Schaummasse, die man höchstens in Joan-Collins-Filmen sieht, ausgiebig suhlte.
    Frisch aufgetakelt und betörend nach Rosenessenzen duftend, präsentierte ich mich in dem geräumigen leeren Speisesaal und wurde zu einem Tisch geleitet, wo ich dem Arrangement des Beiwerks – Weinglas mit einer roten, zu einer Blüte gefalteten Papierserviette, Edelstahlsalz- und -pfefferstreuer auf Edelstahlschiffchen, Schüsselchen mit Butterzahnrädchen, schlanke Vasen mit künstlichen Lilien – umgehend entnahm, daß das Essen mittelmäßig, aber mit einer gewissen, wohlgeübten Eleganz serviert werden würde. Ich schlug die Hände vor die Augen, zählte bis vier und streckte die rechte Hand aus, weil ich wußte, daß sie auf einem Korb mit Brötchen niedergehen würde, das mir ein wartender Ober darbot – ein meisterhaftes Timing, das ihn, wenn ich das so sagen darf, zutiefst beeindruckte und nicht im Zweifel ließ, daß er es mit einem Reisenden zu tun hatte, der sich bei cremigen grünen Suppen und runden Scheiben zähen, ungegerbten Leders auskannte, die unter dem Namen Medaillons vom Schwein firmierten.
    Drei weitere Gäste erschienen – ein kugelrundes Elternpaar und ein noch voluminöserer Sohn im Teenageralter –, und der Ober plazierte sie bedachtsam so, daß ich sie

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