Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rein Wie Der Tod

Rein Wie Der Tod

Titel: Rein Wie Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
Vom Netzwerk:
zur Magerkeit. Kurz geschnittenes Haar ohne Anzeichen von Grau. Hohle Wangen, die durch den Rausch einen aschfahlen Schimmer bekamen. Ein kleiner Goldring im Ohr, der Versuch, sich zu einem Mr. Cool zu stilisieren. Karl Anders hatte sogar einen Ring am linken Daumen. Wenn er aus der Bierdose trank, rutschte sein Ärmel nach oben und enthüllte die Spitze einer bläulichen Tätowierung.
    Er räusperte sich wieder und sagte:
    »Veronika wurde irgendwann zwischen elf Uhr abends und Mitternacht ermordet. Wo warst du da?«
    »Zuhause.«
    »Allein?«
    »Sie war bei mir.«
    »Wer?«
    »Meine Ex.«
    Frank Frølich spürte, wie er langsam ärgerlich wurde, weil das Gespräch so zäh und schleppend verlief. Er sagte: »Jemand von uns muss sowieso mit ihr sprechen.«
    Karl Anders wandte ihm das Gesicht zu. Jetzt war sein Lächeln schief und höhnisch. »Und du glaubst also nicht, dass ich Veronika umgebracht habe?«
    Frank Frølich musste sich sehr anstrengen, seinen Ärger zu unterdrücken. »Ich glaube gar nichts. Die Polizei glaubt nichts. Wir legen ein Puzzle, finden heraus, was geschehen ist, zeichnen auf, was Veronika in der Zeit vor ihrem Tod getan hat - Stunde um Stunde, Minute für Minute. Veronikas Mörder befand sich am selben Ort wie sie. Wer sich ganz woanders aufgehalten hat, ist raus aus dem Fall. Schlicht und einfach. Du sagst, du warst zusammen mit deiner Ex, du warst also nicht mit Veronika zusammen. Aber damit dir auch andere als ich glauben, braucht die Polizei ihre Bestätigung.«
    »Veronika und ich haben uns gestritten - ja, wegen dieser Kokaingeschichte. Sie hat es nach der Feier erzählt, nachdem die Gäste gegangen waren. Es war fünf Uhr morgens, als sie es mir gesagt hat. Es gab einen Streit. So haben wir uns noch nie gestritten. Du brauchst nicht zu fragen. Ich habe sie nicht geschlagen. Ich habe sie nicht angerührt. Ich habe einfach nur plötzlich etwas begriffen. Es gab Seiten an Veronika, die ich nicht kannte, verstehst du, Frank? Plötzlich geht dir auf, dass deine Liebste ein Spiel spielt, verstehst du? Ich dachte: Verdammte Scheiße, sollen wir wirklich heiraten? Soll ich eine Frau heiraten, die ich nicht kenne?«
    »Was für ein Spiel?«
    Karl Anders trank wieder aus der Dose. »Keine Ahnung. Spiel ist vielleicht das falsche Wort. Aber du siehst plötzlich einen ganz anderen Menschen vor dir stehen! Du fragst dich, was eigentlich los ist. Am Tag danach hat mir davor gegraut, mit ihr zu sprechen. Ich dachte, wenn sie nicht zuhause ist, wenn ich anrufe, wenn sie nicht ans Telefon geht, was zum Teufel treibt sie dann eigentlich? Und wenn ich direkt frage, wird sie mir vielleicht wieder offen ins Gesicht lügen.«
    »Wieder?«
    »Hm?«
    »Du hast gesagt, sie wird dir wieder ins Gesicht lügen. Hat sie schon öfter gelogen?«
    Karl Anders antwortete nicht. Die Stille dauerte an, bis schließlich Frølich sagte:
    »Sie hat behauptet, es sei nicht ihr Kokain gewesen und sie habe keine Ahnung, wie es in ihrer Tasche gelandet sei. Und weißt du was?«, sagte Frølich und versuchte den Blick seines Freundes einzufangen. »Ich habe ihr geglaubt. Ich glaube, ihre Überraschung, als ich das Kokain in ihrer Tasche fand, war echt. Aber ich habe da nichts entscheiden können. Meine Chefs kamen zu dem Schluss, dass sie das Gesetz gebrochen hätte. Sie bekam eine Geldstrafe, und damit war die Sache erledigt.«
    Karl Anders saß genauso da wie vorher. Stumm, den Blick abgewandt.
    »Wie hast du von dem Mord erfahren?«
    Karl Anders zögerte mit der Antwort. »Ihre Mutter«, kam dann schließlich. »Sie hat mich bei der Arbeit angerufen.«
    »Du warst also doch bei der Arbeit? Ich habe auch versucht, dich dort anzurufen.«
    »Ich musste da weg. Hab's nicht ausgehalten.«
    Karl Anders schüttelte den Kopf, lehnte sich dann zurück und schloss die Augen. »Ich habe viel darüber nachgedacht«, sagte er, »und ich weiß, dass viele mich sicherlich dafür verachten würden. Ihre Mutter ruft an und erzählt mir, dass Veronika tot ist - sie will, dass ich zu ihr komme, will darüber sprechen. Aber ich konnte es nicht. Konnte nicht mit Veronikas Mutter dasitzen und heulen. Ich war ... ich war wie aufgeladen. Das Einzige, was in meinem Kopf war - das Einzige, wozu ich in der Lage war, war zu einer anderen Frau zurückzugehen und Sex zu haben. Aber hinterher haben wir darüber gesprochen. In dieser Situation Sex zu haben hat mir das Gefühl gegeben, dass es sich lohnt zu leben, Frank. Ich habe das gebraucht, und ich

Weitere Kostenlose Bücher