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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Das Klicken ist kaum zu hören, und du brauchst das kleine Ding auch nicht krampfhaft verstecken, schließlich bist du mein Lehrling.«
    »Gut«, sagte sie einfach. »Wie wechselt man den Film?«
    Ich erklärte es ihr und gab ihr drei Ersatzfilme. Dann parkten wir und fuhren mit dem Lift in die Halle. Wir lächelten und grüßten leicht nach allen Seiten, als seien wir alte Bekannte. Dann ließen wir uns nieder und bestellten ein Sodawasser und plauderten über Belangloses, zum Beispiel darüber, daß Minna in einem Schaufenster eine Jeans gesehen hatte, die absolute Spitze war, aber unverantwortlich teuer.
    Wir schlenderten hinaus auf die Straße und hinüber ins Nachbarhotel, das genauso solide und gedämpft wirkte wie das »Beau Rivage«. Einer der Portiers sah uns leicht fragend an, und ich ging darauf ein: »Wir möchten etwas in Ihrer Bar trinken.«
    »Certainement, Monsieur. Sie werden zufrieden sein. Gleich die erste Treppe nach unten, rechter Hand.«
    Es war kühl in der Halle. Die Treppe war mit einem roten Teppich belegt, Musik kam uns entgegen, irgendeine scheußliche Schmalzmischung aus tausend Geigen und einem einsam klagenden Saxophon.
    Die Bar war ein langgezogener Raum mit dem Charme eines D-Zug-Waggons und einer Batterie lederbezogener Hocker. Links standen drei Tische mit Ledersesseln.
    An der Bar hockten zwei Männer, die trübsinnig vor sich hin starrten, als seien ihnen sämtliche Geschäfte in die Hose gegangen. Hinter der Bar hantierte Lilo, umrahmt von zwei bildhübschen jungen rabenschwarzen Männern, die ständig lächelten, als könnten sie nicht anders. Lilo sagte irgend etwas auf italienisch zu dem Mann, der vor ihr hockte. Der lächelte nur müde, wollte offensichtlich in seinem Weltschmerz nicht gestört werden.
    »Ab in die Mitte«, flüsterte ich. Ich half Minna ritterlich auf einen der Hocker, und sie sagte laut und fröhlich: »Na, denn mal Schampus, gnädige Frau.«
    Lilo, wenn es denn Lilo war, lächelte zurückhaltend und nicht sehr freundlich. »Und der Herr?«
    »Kaffee«, sagte ich. »Ich muß noch fahren.«
    »Aha«, sagte Lilo und drehte ab, um die Sachen zu holen. Sie war eine knabenhaft schlanke, schwarzhaarige Frau mit einem Hauch von Bluse, die sie vor dem Bauch zusammengeknotet hatte. Darunter waren Jeans zu sehen, darunter hochhackige, feuerwehrrote Pumps. Sie hatte ein schmales, energisches Gesicht mit sehr vollen Lippen und großen dunklen Augen wie eine Katze.
    Möglicherweise war Paolo Maggia gar nicht weggelaufen, weil er irgend etwas mit Watermann zu tun hatte, sondern weil er Angst vor dieser Frau hatte.
    »Was für ein Weib«, flüsterte Minna. Sie legte ihr kleines Handtäschchen vor sich auf die Bar und stellte die Nikon daneben.
    »Einfach ausrichten und drücken!« flüsterte ich.
    »Schon passiert.«
    »Du bist richtig gut.«
    »Das weiß ich.«
    Lilo kam zurück, stellte Gläser auf, sagte nach rechts zu einem der bildhübschen Männer etwas von Kaffee und öffnete eine kleine Flasche Sekt.
    »Danke«, sagte Minna.
    »Sind Sie Lilo?« fragte ich.
    »Das bin ich«, gab sie zurück. »Wer hat Ihnen von mir und meiner phantastischen Bar erzählt?«
    »Kollegen«, sagte ich. »Ich soll von Paolo grüßen.«
    »Aha«, sagte sie kühl mit einem schrägen Blick. »Und wo ist er?«
    »Er arbeitet in Deutschland«, sagte ich, nur um etwas zu sagen.
    »Was sollen Sie mir ausrichten?« Ihr Deutsch war absolut perfekt.
    »Nur schöne Grüße. Daß er demnächst mal auftauchen wird.«
    »Hier? In Genf?« Sie hatte sehr runde Augen, und sie glaubte mir nicht.
    »Sagte er jedenfalls!«
    »Sind Sie Kollegen? Sind wir Kollegen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, sind wir nicht. Ich bin Redakteur. Ich habe ihn zufällig kennengelernt.«
    »Ja«, sagte sie abwesend. Sie überlegte kurz und sah dann Minna an.
    »Meine Kollegin hier kennt ihn nicht«, sagte ich hastig.
    »Er interessiert mich nicht mehr«, sagte Lilo mit einem sehr harten Gesicht.
    »Na ja, ich gehe mal für kleine Mädchen«, sagte Minna dumpf und verschwand.
    »Ich möchte mit Ihnen reden«, bat ich.
    »Es geht um Watermann, nicht wahr?«
    »Auch.«
    »Hier geht das nicht, hier ist gleich der Teufel los. Da kommt irgendeine Theatergruppe. Haben Sie später Zeit?«
    »Sicherlich. Wo?«
    »Bei mir zu Hause? Bettlergasse. Das ist in der Nähe. Um drei Uhr. Ein ganz schmales Haus, neunundvierzig a.«
    Ich schlenderte hinaus und wartete auf Minna. Als sie kam, wollte sie sich beschweren, aber ich schnitt ihr

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