Reise nach Genf
Schmidt. Wenn nun gewissermaßen als Abfallprodukt Watermann dabei über die Klinge sprang, dann lag das sicher im Interesse von Gerber, aber daß er ausschließlich deshalb hierherkam, ist höchst unwahrscheinlich.«
»Was ist, wenn er den Mörder mitbrachte? Wenn der Mörder dieser Unbekannte war, mit dem er von Frankfurt aus hierherflog?«
»Möglich ist das, aber selbst diese verminderte Form von Dämlichkeit will ich Gerber nicht unterstellen. Nun schreib mal auf ein nächstes Blatt den Namen Adnan Kashoggi, saudischer Waffenhändler. Der residierte zum Zeitpunkt des Todes Watermann im ›Hotel du Rhône‹. Dann den Namen Alex Illich. Das ist ein Amerikaner, ehemals Agent des CIA, jetzt Waffeneinkäufer und Verkäufer. Er wohnte im ›Noga Hilton‹. Dann auf ein nächstes Blatt den Namen Mansur Bilbassy. Das ist ein jordanischer Waffenhändler, der im Hotel ›Intercontinental‹ wohnte. Dann war da noch Ahmed Khomeini, der Sohn des iranischen Revolutionsführers Khomeini. Zu ihm gehört Rafi Dust, ein höchst blutiger Mann. Er ist Führer der Revolutionsgarden des Iran und Chefeinkäufer für Waffen. Auf das nächste Blatt schreibst du den Namen John de la Roque, ehemals CIA-Agent, jetzt Waffenhändler an der Côte d’Azur. Dann Dirk Stoffberg. Er ist südafrikanischer Geheimdienstagent und Waffeneinkäufer. Bei ihm dürfen wir nicht vergessen, daß er möglicherweise massives Interesse an Watermann hatte. Watermann kannte mit Sicherheit den gesamten Hintergrund des U-Boot-Deals der HDW-Werft in Kiel mit dem südafrikanischen Staat. Dann wollen wir den Reiner Jacobi nicht vergessen. Er ist ein Mann für jeden dirty job, er ist Spezialist in Terrorismus und Drogenfahndung, er ist Contract-Agent der CIA in Australien, und er behauptet nicht ohne Unrecht, die weltberühmten Marcos-Millionen auf Schweizer Konten entdeckt zu haben. Jetzt hefte diese Versammlung an die Wand, und falls dir nicht schlecht wird, solltest du bedenken, daß jeder von ihnen ungleich mächtiger war als dieser kleine Furz Watermann.«
Sie heftete die Zettel an die Wand zwischen den beiden Fenstern. Dann hockte sie sich auf das Bett und murmelte: »Beim Anblick von soviel Blut gerinnt mir jede Hoffnung. Keiner von denen wird uns ein Wort sagen.«
»Es sind noch nicht alle«, wandte ich ein. »Einen dürfen wir nicht vergessen, den Bayern Josef Messerer.«
»Wer ist das?«
»Echte deutsche Eiche, nur etwas fettiger. Er ist ein Käufer und Verkäufer von altem Kriegsgerät, er macht Millionen vor allem mit solchen Ländern, denen es nicht darauf ankommt, mit modernstem Gerät zu töten. Dieser Messerer bekam eines Tages ein Foto zugeschickt. Von der Polizeiverwaltung der Stadt München. Sein Auto soll am neunten Oktober, also am Freitag vor Watermanns Tod, in München eine Ampel bei Rot überfahren haben. Ob Messerer naiv oder dämlich ist, weiß ich nicht. Er reagierte wie der Biedermann, der zu Unrecht verdächtigt wird. Er schrieb wütend zurück: Das kann nicht sein, an dem Tag war ich in Genf! Das Verrückte ist, er konnte es sogar beweisen. Er legte seinen Vormerkkalender vor. In dem stand für den neunten, zehnten und elften Oktober folgendes: Zürich, Genf, Professor Chung Li, Rafi Dust, Mojahedi, Ahmed Khomeini, Watermann. Hinter dem Namen Watermann stand ein Pfeil, der auf den Sonnabend wies. Und unter dem Pfeil stand das Wort Schluß. Findest du das auch so hübsch?«
Sie bewegte sich unruhig. »Das heißt, daß er etwas wußte? Moment mal, der Pfeil zeigte auf Sonnabend? Aber Sonnabend lebte Watermann doch noch.«
»Messerer erklärte im Polizeipräsidium in München folgendes: Er habe alle notierten Leute getroffen mit Ausnahme von Watermann. Er habe den Namen nur notiert, weil Watermann an diesem Wochenende starb und das doch so viel internationales Aufsehen erregte. Er sagte, er habe Watermann als Eselsbrücke benutzt, um nicht zu vergessen, was an diesem Wochenende passierte.«
»Die Polizei glaubt ihm das?«
»Was soll sie denn sonst tun? Die deutsche Polizei hat in Sachen Watermann nie irgendeinen besonderen Eifer an den Tag gelegt.«
»Watermann ist also in Genf. Alle diese Männer auch. Vor allem Gerber. Was sagt er selbst dazu?«
»Man hat ihn befragt. Er hat gesagt, er könne mit Rücksicht auf die Geiseln im Libanon nichts sagen.«
»Das wurde akzeptiert?«
»Ja.«
»Wieso habe ich dann diese verdammten Namen überhaupt an die Wand gepinnt? Es bringt doch eh nichts.«
»Doch, doch. Es macht uns klar,
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