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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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wiederholte er Fays Worte. »Findest du nicht, das passt?«
    Annabel spürte, wie ihr Mut sank. Ja, sie hatte die Worte der Frau gehört. Und ja, es passte. Aber waren nicht alle Irren von der Wahnvorstellung besessen, dass sich der Rest der Welt gegen sie verschworen hatte?
    Ach, verdammt , und schon begann das Gedankenkarussell wieder zu kreiseln. Taten sie nicht genau das Gleiche wie April Fay?
    »Wir dürfen jetzt nicht durchdrehen«, sagte sie leise. »Nicht an diesem Ort, verstehst du?«
    Michael schloss für einen Moment die Augen. Als er sie öffnete, schien er sich wieder unter Kontrolle zu haben. »Annabel hat recht«, sagte er. »Wir dürfen unsere Zeit nicht damit verschwenden, uns Gedanken über irgendwelche Irren zu machen, die auf unserem Tisch herumspringen. Lasst uns lieber überlegen, wie wir uns heute verhalten.«
    »Was meinst du damit?« Eric sah von einem zum anderen.
    »Ich glaube, wir dürfen nicht so tun, als sei wieder alles in Ordnung. Wir wissen ja nicht, was dann passiert. Stellt euch mal vor, Annabel wäre gestern unserem Rat gefolgt. Die Leute hätten sie womöglich mitgenommen und keiner von uns hätte je wieder von ihr gehört. Hier sind wir wenigstens zusammen.«
    Annabel nickte. Gestern Nacht hatte sie einzig der Gedanke trösten können, dass sie nicht allein war.
    »Wir können ja einfach so tun, als hätten wir eingesehen, dass mit uns was nicht stimmt«, schlug sie vor. Sie warf einen Blick zu George hinüber, der abwartend am Tisch stehen geblieben war. »Aber auf gar keinen Fall dürfen wir anderen gegenüber unsere Verschwörungstheorien erwähnen. Sonst verpassen die uns wieder Beruhigungsmittel. Wenn nicht Schlimmeres.«
    »Und die verrückte Frau?« George schien sich noch immer mit dem Thema zu beschäftigen.
    Michael machte eine einladende Geste, damit sich George zu ihnen gesellte.
    »Wir erzählen niemandem, was sie wirklich gesagt hat. Ganz egal, ob das eine Bedeutung hatte oder nicht. Wir bleiben einfach bei Annabels Version.«
    »Hey, du bist gar nicht mal so blöd für einen Rugbyspieler, Michael. Und das, obwohl ihr keine Helme tragt.«
    »Danke, Eric. Und du bist ziemlich witzig für jemanden, der gleich kopfüber am Kronleuchter hängt.«
    Annabel sah erleichtert, wie Michael anfing zu lachen. Dass er seine Todestheorie so schnell aufgegeben hatte, bezweifelte sie allerdings. Also beschloss sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Denn der Glaube, tot zu sein, war keine gute Voraussetzung, wenn es darum ging, am Leben zu bleiben.
    8
    Annabel war froh, dass der Arzt sie als Erste sehen wollte. Die Warterei hatte sie schon ganz nervös gemacht. Die Schwester, die sie heute Morgen geweckt hatte, hatte sie abgeholt und zu Dr. Parkers Zimmer geführt. Es befand sich auf dem gleichen Stockwerk wie ihre Betten und besaß ein schmales Vorzimmer. Eine junge Frau in einem schwarz-weiß gepunkteten Minikleid und mit Twiggy-Frisur saß dort an einem kleinen Schreibtisch und verrichtete ihren Dienst. Sie hatte Annabel freundlich empfangen und ihre Ankunft dem Doktor gemeldet. Ihr Anblick hatte Annabel daran erinnert, dass es noch eine Welt da draußen gab. Und dass sie um jeden Preis dahin zurückwollte.
    Jetzt saß sie auf einem mit Leder bezogenen Stuhl vor einem antiken Schreibtisch und fand, dass der Raum genau so aussah, wie man sich das Zimmer eines Irrenarztes vorstellte. Mahagoniverkleidete Wände, überquellende Bücherregale, verschiedene Diplome an der Wand und natürlich die obligatorische Couch. Auf einer Ecke des Schreibtisches stand ein Schachbrett. Es hatte deutliche Gebrauchsspuren und besaß kunstvoll geschnitzte Holzfiguren. Hinter dem Tisch ragte ein großes Fenster empor. Das hereinfallende Licht war so grell, dass Annabel den Arzt nur als dunkle Silhouette wahrnahm, wenn sie zu lange in seine Richtung sah.
    Ihr Blick fiel noch einmal auf die Couch.
    Da liegen also die Verrückten, wenn sie denken, sie wären Napoleon oder Gott oder vom Mars.
    »Du kannst dich gerne hinlegen, wenn dir das lieber ist.«
    »Nein. Ich bin nicht verrückt.«
    Dr. Parker lächelte und sah Annabel über seine tief auf der Nase sitzende Halbbrille hinweg an. Sie schätzte ihn auf etwa vierzig. Vor allem wegen seiner grauen Schläfen.
    »Wie war die Nacht? Hast du einigermaßen geschlafen?«
    »Ja. War ganz okay.« Ich hatte Albträume, was glaubst du denn?
    Dr. Parker nickte und bemerkte, wie Annabel das Schachspiel betrachtete. »Spielst

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