Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
immer ein silberner Toyota stand.
Als Tero an dem Wagen vorbeifuhr, sah er darin zwei Männer sitzen, und einen davon erkannte er: Es war der Mann, der auf der Waldlichtung mit den Schweden verhandelt hatte.
Instinktiv trat Tero auf der vom Sprühregen nassen Straße auf die Bremse. Würden ihm die Männer helfen, Roni freizubekommen? Kaum hatte er das gedacht, begriff er, wie unsinnig seine Hoffnung war, denn genau diese Männer hatten zugelassen, dass die Schweden davonfahren konnten. Tero beschleunigte wieder und heftete den Blick auf den Vito. Roni und Kimmo waren die Geiseln von schwedischen Killern. Und deren Fahrzeug würde er um keinen Preis aus den Augen lassen.
Paatsama und Railo fuhren von der Bushaltestelle aus in Richtung Helsinki weiter, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, dem Vito zu folgen, der bereits großen Vorsprung hatte.
»Wie lange dauert es eigentlich noch, bis dieser verflixte Bengtsson anruft«, schimpfte Railo.
»Der MUST darf sich darauf gefasst machen, uns bei Bedarf zu unterstützen«, sagte Paatsama. »Die schwedische Sicherheitspolizei ist in solchen Dingen bloß Zuschauerin ...«
Endlich klingelte Paatsamas Telefon, aber der Anrufer war nicht Bengtsson, sondern Keloniemi.
»Ich habe erfahren, dass du einer Polizeiabteilung gegenüber angeordnet hast, sich aus einer akuten Geiselnahmesituation zurückzuziehen.« Die Stimme des Polizeipräsidenten klang schroff. »Es würde mich enorm interessieren, zu hören, mit welcher Begründung.«
»Ich darf darüber nicht reden. Nur der Chef der Sicherheitspolizei spricht darüber, und das auch nur mit der obersten Polizeiführung im Ministerium. Es geht um geheime Dinge, die mit militärnachrichtendienstlicher Aufklärung zu tun haben.«
»So, so«, sagte der Polizeipräsident unsicher, aber noch immer ungehalten. »In dem Fall werde ich Pasanen anrufen. Er wird mir das bestätigen müssen.« Paatsama beendete das Gespräch und sagte zu Railo: »Keloniemi ist geladen.« »Von mir aus. Wir erledigen diesen Fall nach dem alten Schema. Niemand macht sich bei so etwas die Finger schmutzig.«
»Vielleicht nicht. Aber früher, zu Zeiten des Freundschaftspakts mit unserem großen Nachbarn, wusste man noch, was >geheim< bedeutete.« Als Nächstes klingelte Railos Telefon. »Hoffentlich Bengtsson«, seufzte er. Sein Wunsch ging in Erfüllung, der Anrufer war Bengtsson, sein langjähriger Kollege vom schwedischen Militärgeheimdienst.
»Bist du unterwegs?«, fragte Railo. »Kannst du einen Moment ungestört reden?«
»Kein Problem. Ich bin hier in Stockholm in der Botschaft von Uncle Sam, um mich mit UKUSA-Leuten zu treffen.«
»Ich dachte schon, du bist mit der Renovierung deiner Sommervilla beschäftigt, weil in deinem Büro so geheimnisvoll getan worden ist.« »Die wird langsam fertig, bald werde ich dich einladen. Die Fähre aus Helsinki fährt so dicht an unserer Schäre vorbei, dass du einfach über die Reling springen und zu unserer Sauna am Ufer schwimmen kannst.«
»Klingt gut.«
»Was gibt's Neues in Finnland?«
»Ehrlich gesagt eine Menge eigentümlicher Dinge. Gerade eben bin ich Hellevig unter ziemlich außergewöhnlichen Umständen begegnet, du hast vielleicht schon davon gehört.«
»Was hat Hellevig getan?«
»Er saß mit seinen Kollegen mitten im Wald in einem Auto. Sie hatten zwei finnische Geiseln und waren von der Polizei umzingelt. Eine Leiche lag in unmittelbarer Nähe. Sie waren dabei, eine Lieferung zum Hafen zu bringen, als irgendein Russe versuchte, etwas für sich abzuzweigen.«
»Was redest du da?«
»Keine Panik. Wir klären das ab. Die Lieferung wird den Hafen sicher erreichen. Aber ich würde gern wissen, warum man uns nicht darüber informiert hat, dass heute ein ZentechTransport über Finnland gehen soll.« »Mir ist nicht bekannt, dass Zentech aktuell irgendwelche Transporte am Laufen hätte.«
Railos Herzschlag setzte kurz aus.
»Was soll das heißen, es ist dir nicht bekannt?«
»Sörensen kennt die Zusammenhänge da am besten. Ich rufe ihn an und melde mich dann bei dir.«
»Tu das«, sagte Railo mit einem Anflug von Schrecken in der Stimme. »So schnell wie möglich.«
56
Hellevig fuhr im fließenden Verkehr auf dem Ostzubringer in Richtung Helsinki. Vor dem bewölkten Himmel erhoben sich Wohnblocks, die mitten auf der grünen Wiese errichtet worden waren. Der leichte Regen hatte aufgehört. Die Lüge von der MiG-Lieferung auf dem Weg von Russland nach Schweden war von den Finnen
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