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Renate Hoffmann

Renate Hoffmann

Titel: Renate Hoffmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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würde höchstwahrscheinlich wieder auf eine externe Führungskraft zurückgreifen.“
    Frau Hoffmann saß wieder an ihrem Schreibtisch. Frau Connelli war eine beeindruckende Frau. Sie war so, wie Frau Hoffmann gerne wäre. Und dabei ging es nicht um den Chefposten, den sie sich unter den Nagel gerissen hatte. Es ging mehr um ihre Schönheit und ihre Selbstsicherheit. Wenn Caitlin Connelli einen Raum betrat wurde sie nicht übersehen. Sobald sie in einen Raum betrat, gab es nichts anderes mehr. Sie war der Raum. Sie überschattete alles und jeden. Diese Präsenz faszinierte Frau Hoffmann. Diese Ausstrahlung. Dann dachte Frau Hoffmann an die Feindseligkeiten, die Caitlin Connelli tagein tagaus zu erdulden hatte. Sie dachte an die Neider und Nacheiferer. Sie dachte an all die Menschen, denen sie im Laufe ihres Lebens hatte beweisen müssen, dass sie mehr war als nur schön. Sie dachte daran, dass vermutlich all die eifersüchtigen Frauen gegen sie intrigiert und die meisten Männer sie nur als Körper wahrgenommen hatten. Als Lustobjekt.
    Doch dann wurde Frau Hoffmann klar, dass es Schlimmeres gab. Zum Beispiel überhaupt nicht beachtet und bemerkt zu werden. Und die Feindseligkeiten hatte Frau Hoffmann auch immerzu erdulden müssen, nur ohne die positive Kehrseite, dass alle Männer versucht hatten sie zu bezirzen. Sicherlich war es für Caitlin Connelli auch nicht immer einfach gewesen, doch für wen war es das schon? Außerdem, so dachte Frau Hoffmann, wäre es eine schöne Abwechslung in ihrem Leben gewesen deswegen belächelt zu werden, weil man sie insgeheim beneidete und nicht weil man sie bemitleidete.
    Als Frau Hoffmann einige Stunden später müde in Richtung U-Bahn trottete und über ihren bevorstehenden Selbstmord nachdachte, überhörte sie eine kurze Unterhaltung zwischen Frau Seizinger und Frau Bogner. Natürlich wusste Frau Hoffmann deren Namen nicht. Doch sie wusste, dass Frau Seizinger Herrn Walters Sekretärin gewesen war, also nun für Frau Connelli arbeitete. Und auch Frau Bogner kannte sie vom Sehen, auch wenn ihr nicht sofort einfiel, woher. Die beiden Frauen sprachen über Caitlin Connelli. Es waren keine Nettigkeiten, die sie austauschten. Im Gegenteil. „Sie hätten sehen müssen, wie mein Chef sie angesehen hat“, sagte Frau Bogner kopfschüttelnd. „Es war schon fast zu peinlich, um es zu beobachten.“
    „Was finden all die Männer nur an diesem pubertären Rotschopf?“, fragte Frau Seizinger mit hoch gezogenen Brauen.
    „Also Herr Hofer war ganz aus dem Häuschen“, entgegnete Frau Bogner verständnislos. Und in diesem Moment fiel Frau Hoffmann wieder ein, woher sie sie kannte. Sie hatte sie gesehen, als sie Herrn Hofer aufgesucht hatte. Sie hatte an ihrem Schreibtisch gesessen und telefoniert. „Ich kann mir gut vorstellen, wie die Connelli an den Job gekommen ist“, sagte Frau Bogner gehässig. „Eine, die so aussieht.“
    Frau Seizinger nickte zustimmend. „Und in dem Alter.“
    „Sie sagen es, meine Liebe...“, antwortete Frau Bogner in einem tragenden Flüstern. „Ich hab mir ja gleich so was gedacht...“
    „Anders lässt sich das ja auch nicht erklären.“ Frau Seizinger legte sanft ihre Hand auf Frau Bogners Schulter und lehnte sich noch weiter zu ihr hinüber. Frau Hoffmann hatte Mühe zu verstehen, was sie sagte. Sie schlich hinter den beiden Frauen her und horchte. Und dann verstand sie, was Frau Seizinger sagte. „Ist nicht Herr Hofer für alle wichtigen Einstellungen zuständig?“ Frau Bogner nickte nachdenklich. „Und ist Herr Hofer nicht alleinstehend?“ Für einen winzigen Augenblick schaute Frau Bogner entsetzt. Doch dann nickte sie.
    „Ja...“, sagte sie abwesend. „Seine Frau hat ihn vor vier Jahren wegen eines anderen verlassen.“ Frau Bogner schaute mit schrecken geweiteten Augen zu Frau Seizinger. „Frau Seizinger, Sie meinen doch nicht etwa?“
    Frau Seizinger nickte. „Denken Sie einmal darüber nach, Frau Bogner“, antwortete sie flüsternd. „Er ist ein gut aussehender Mann... Und haben Sie nicht gerade noch betont, wie er sie angesehen hat.“ Frau Bogner nickte. „Na, da haben wir’s. Dann ist ja klar, wie das Einstellungsgespräch ausgesehen hat“, sagte Frau Seizinger gespielt pikiert. Frau Hoffmann blieb stehen, während sich die beiden Frauen immer weiter von ihr entfernten. Sie konnte das nicht glauben. Herr Hofer war nicht der Typ für derartiges Verhalten. Doch dann dachte Frau Hoffmann an die Gesichter der vielen Männer im

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