Renner & Kersting 02 - Mordswut
Song „Gehen wir Tauben vergiften im Park« stammte. Er wurde ihr immer sympathischer, je öfter sie in die Stadt ging und diesen Viechern ausgesetzt war. Vor dem Eingang der Bar Celona wartete sie auf ihre Gesprächspartnerin, die wenig später mit einer Einkaufstüte in der Hand heran hetzte.
„Was wollen Sie nun wirklich?«, fragte die Finkamp, als sie ihre Getränke vor sich stehen hatten. Die Arzthelferin einen Mojito, Helga, die noch nicht zugeben wollte, dass ihre Krankheit ein Vorwand gewesen war, eine Cola. „Sie sind doch keine Reporterin, oder? Von der Sorte waren heute schon genug da.«
„Nein. Es ist so, ich will ehrlich sein, ich kenne Andrea Michalsen, die Verlobte Ihres Chefs, sehr gut. Anscheinend hält die Polizei sie für die Täterin.«
Helga brauchte gar nicht weiterzureden. Die Finkamp sprang sofort darauf an. „Die Michalsen? So’n Blödsinn! Die vergötterte unseren Chef. Schatzi hier und Schatzi da. Also, ich fand das Getue widerlich, absolut uncool!«
„Und er?«
„Ich sag mal so, im Vergleich zu den beiden waren Turteltauben die reinsten Tränentiere. Er war ja nicht mehr so jung und sie eigentlich auch nicht. Ende zwanzig, schätze ich.« Das klang mehr nach Frage als nach Feststellung, und Helga tat ihr den Gefallen. „Neunundzwanzig.«
„Für eine Heirat ganz okay, aber im Grunde doch schon Grufti«, tat die Arzthelferin die Verlobte ihres Chefs mit einer Handbewegung ab. Helga starrte das junge Ding perplex an. Dabei beruhte ihre Überraschung weniger auf deren seltsame Ansichten über das Alter, vielmehr sah sie Andrea vor sich, wie sie von Josef, ihrem ersten und einzigen Geliebten erzählte, den sie erst seit einem Jahr kannte. Damals hatte Helga nicht darüber nachgedacht, sondern sich über Andreas scheue Zurückhaltung amüsiert. Hier und jetzt erschienen ihr deren Aussagen fast ebenso extrem wie die der Finkamp. Sie entschied, das Nachdenken darüber auf später zu verschieben.
„Erzählen Sie mir ein bisschen über Ihren Chef? Wie ich höre, hat ihn jeder gemocht.«
„Hm, so heißt es, und so haben wir es auch dem Polizisten erzählt. Über einen Toten und so ... Sie wissen schon. Aber ...« Sie schwieg unschlüssig. Helga konnte direkt sehen, wie der Drang nach Klatsch und Tratsch mit dem, was sie unter damenhafter Zurückhaltung verstand, kämpfte.
„Also, so genau weiß ich das auch nicht, aber die Ulla, was meine Kollegin ist, die hat so Gerüchte gehört ...« Wieder brach sie ab, und wieder wartete Helga, bis der anderen die Stille unangenehm wurde. „Na ja, die Hellwitz, Sie wissen schon, die Alte mit den Handschuhen, also die nahm sich dem Chef gegenüber vielleicht Sachen raus, also das hätte unsereiner sich nicht erlauben dürfen! Das war schon echt krass, war das! Zu uns, ich mein damit die Ulla und mich, konnte der manchmal ganz schön fies sein, richtig gemein. Aber bei der Hellwitz ... da hat er immer beide Augen zugedrückt. Ich bin sicher, da war was zwischen den beiden. Wissen Sie, einmal hab ich versucht, mich bei Kowenius zu beschweren. Ich mein, das geht doch nicht, dass die Alte sich ihre Arbeit nach Lust und Laune aussucht. Hatte sie schlecht geschlafen, hat sie sich stundenlang mit der Post beschäftigt, und wir durften die ganze Arbeit machen. Scheiße war das! Die Geschenke von den Vertretern hat sie sich auch an Land gezogen. All das Zeug, was unsereiner auch gebrauchen kann, Vitamintabletten, Gesichtscremes, Mittel gegen Erkältung und so was alles. Meinen Sie, der Chef hätte mal was gesagt? Nee, der nicht. Im Gegenteil, Nachsicht hat er von uns verlangt. Ihr schweres Schicksal und so. Wegen der kleinen Narbe im Gesicht, das Hinken sieht man ja kaum. Und ihre Hände, na ja, Sie haben sie ja gesehen, oder besser nicht gesehen. Sie versteckt sie immer in Handschuhen, was in einer Arztpraxis auch nicht auffällt. Völlig vernarbt. Ein Wunder, dass sie die Finger überhaupt noch gebrauchen kann. Autounfall. Nee, wenn Sie mich fragen, da stimmt was nicht. Das ist doch nicht normal, dass ein Chef so viel Rücksicht nimmt.«
„Und der Bergedorf? Was sagt der? Sie arbeiten doch auch für ihn.«
„Klar, aber Personalangelegenheiten schob der immer dem Kowenius zu. Er hat keine Lust, mit uns mehr als das Dienstliche zu reden. Aber jetzt muss er das wohl. Heh, vielleicht ändert sich ja was.« Die Finkamp grinste breit und holte eine rote, leicht zerknautschte Packung aus ihrer Handtasche.
„Wie standen die beiden denn
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