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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut
Autoren: Angelika Schroeder
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beeinflussen lassen. Nicht nur, dass die Objektivität verloren geht, das Mitleid zehrt an den Kräften. Wenn die Erzählung stimmte, hatte der Michalsen diese Distanz gefehlt, und sie hatte sich viel zu sehr vom Schicksal ihrer Schüler mitreißen lassen.
    Anja Better hatte inzwischen weiter geredet. „... eine großartige Frau, die ebenso sozial eingestellt ist wie Josef es war. Wie geht es ihr? Ich wollte sie eigentlich im Krankenhaus besuchen, aber ... aber ich konnte heute Morgen noch nicht rausgehen.«
    „Das macht gar nichts. Frau Michalsen steht unter Schock und hat Beruhigungsmittel bekommen. Sobald sie vernehmungsfähig ist, möchten wir natürlich als erste mit ihr reden. Danach dürfen Sie dann zu ihr.« Falls sie dann nicht schon verhaftet sein sollte, dachte er, sprach es aber nicht aus.
    „Ach so, ja, ich verstehe. Die arme Frau! So kurz vor der Hochzeit – und dann so etwas!«
    „Sie halten es also für unmöglich, dass sie die Tat begangen hat?«
    „Andrea? Ausgeschlossen! Völlig ausgeschlossen. Sie hätten die beiden erleben müssen, die waren ein Herz und eine Seele, wie füreinander bestimmt. Das Glück strahlte ihnen direkt aus den Augen. Nein, das können Sie vergessen.«
    Kersting seufzte. Ähnliches hatten auch die Arzthelferinnen in der Praxis erzählt. Weit und breit gab es kein Motiv. Jeder war des Lobes voll sowohl über Doktor Kowenius als auch über Andrea Michalsen. Und doch wies alles auf die Michalsen.
    Da er an weiteren Lobeshymnen nicht interessiert war, fuhr er ins Büro zurück, wo er den Kollegen Masowski antraf, der gerade versuchte, dem Computer ein paar Informationen zu entlocken. Als er Kersting sah, schob er die Tastatur beiseite. „Zwei Neuigkeiten, die keine sind.«
    Kersting hängte seinen Mantel an den Haken hinter der Tür und verzog schmerzlich das Gesicht. Es gab Tage, da fiel es ihm schwer, den seltsamen Humor seines Kollegen zu ertragen. „Aha, und?«
    „Ein paar Informationen über die Michalsen. Sie stammt aus Oldenburg, unterrichtete dort an einer renommierten Schule und hat sich wegen Kowenius zu Beginn des Schuljahres hierher versetzen lassen, was wohl nicht ganz leicht war. Sie hat alle möglichen Gremien bis hin zum Personalrat eingeschaltet, um ihren Willen durchzusetzen. Ihre Oldenburger Kollegen sind ziemlich verärgert, unter anderem auch deshalb, weil ihre Stelle nicht wieder besetzt worden ist. Aber ich glaube eigentlich nicht, dass die deswegen den Bräutigam gemeuchelt haben«, sagte Masowski, ohne eine Miene zu verziehen.
    „Ist das alles?«
    „Nicht ganz, nein. Der Bericht der Rechtsmedizin ist eben gekommen!«
    Kersting tat ihm den Gefallen und stellte die erwartete Frage. „Und? Wie sieht’s aus?«
    „Der Täter oder die Täterin muss in etwa so groß wie das Opfer sein, das geht aus den Stichkanälen hervor. Und nun halt dich fest: Die Kollegen haben insgesamt neunzehn Stiche gezählt, alle mit Wucht geführt. Da ist jemand verdammt wütend gewesen, wenn du mich fragst.« Pause. Leicht verwirrt starrte Masowski seinen Kollegen an, der regungslos an der Wand lehnte und dieses Mal offensichtlich nicht bereit war, die geforderte Reaktion zu zeigen. Nach einem kurzen Blick in den Bericht fuhr er fort: „Der erste Stich ging dicht am Herzen vorbei, was erklärt, warum das Opfer sich kaum gewehrt und keine Hautpartikel unter den Fingernägeln hat, die Flusen stammen vermutlich von der Kleidung der Michalsen. Dabei fällt mir ein, war schon jemand im Krankenhaus und hat ihre Sachen abgeholt?«
    „Das kannst du gleich erledigen, oder noch besser, wir fahren gemeinsam hin und schauen uns die Michalsen an. Vielleicht ist sie inzwischen in der Lage, etwas zu erzählen.«
    „In Ordnung. Die Tatwaffe stammt übrigens aus der Küche des Opfers, ein Schälmesser, klein, handlich und ein gewohntes Werkzeug für Frauen.«
    „Es soll auch Männer geben, die mit einem Küchenmesser umgehen können.«
    „Heißt das, du glaubst nicht mehr, dass die Michalsen die Täterin ist?«
    „Die Indizien sprechen gegen sie, aber alle Aussagen, die wir bisher haben, betonen, wie glücklich die beiden miteinander waren. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich von der Sache halten soll.«
    „Na schön«, seufzte Masowski. „Dann fragen wir eben noch ein bisschen rum. Hast du schon mit deiner Lehrerin gesprochen, was sie von der Michalsen hält? Die arbeiten doch an derselben Schule, oder?«
    „Ja, nein, ich habe Helga gestern nicht mehr gesehen. Es war
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