Rescue me - Niemand wird dich schützen
Organisation LCR. Inoffiziellen Berichten zufolge beschäftigten sie um die hundert Leute, allerdings gingen manche davon aus, dass es weit mehr waren.
Es kursierten zahllose Gerüchte, doch was McCall betraf, waren sie eher widersprüchlich. Einmal hieß es, er entstamme einer Mafia-Familie, hätte die Nase voll gehabt von den üblen Machenschaften seiner Sippe und beschlossen, stattdessen Gutes zu tun. Andere deuteten an, dass er ein abtrünniger ehemaliger Regierungsmitarbeiter wäre, der es leid war, sich an die Regeln zu halten.
Jordan wusste, dass die Erfolgsrate von LCR beim Auffinden von Entführungsopfern, Ausreißern und Vermissten absolut phänomenal war. Sie waren so erfolgreich, dass die Gesetzeshüter und sogar einige Regierungsstellen wegsahen, wenn sie gewisse Regeln verletzten, um ihre Ziele zu erreichen.
Das erklärte Ziel der Organisation war nicht, die Übeltäter zu bestrafen, doch Letztere kamen äußerst selten ungeschoren davon, und das war einer der vielen Gründe, weshalb die örtlichen Behörden ihnen freie Bahn ließen. Sowie LCR die bösen Buben hatte, riefen sie die Gesetzeshüter hinzu, welche dann die Lorbeeren für die erfolgreiche Festnahme einheimsten. Amtshilfen dieser Art lehnte niemand freiwillig ab.
Nur wenige Monate nach Devons Verschwinden hatte Jordan die LCR-Niederlassung in D.C. kontaktiert. Nach einigen Wochen sagte man ihm, die Spur wäre zu kalt. Sie konnten sie nicht finden. Da Jordan seine übrigen zahlreichen Kontakte gleichfalls genutzt und von ihnen das Gleiche gehört hatte, war er zwar enttäuscht, nicht aber überrascht gewesen.
Er hatte nie daran gedacht, es noch einmal zu versuchen. Dann jedoch, vor einigen Wochen, erwähnte ein Bekannter zufällig, dass sich die LCR-Zentrale in Paris befand. Und das brachte Jordan ins Grübeln. Paris war Tausende Meilen von dem Ort entfernt, an dem Devon zuletzt gesehen wurde, doch was war, wenn er hinging und direkt mit dem obersten Chef sprach? Könnte er damit etwas ausrichten? Wäre McCall bereit, einem so alten Fall noch einmal nachzugehen?
Könnte es eine letzte Chance geben?
»Ah, Eden, schön, dass du da bist. Ich möchte dir gern Amelia Beard vorstellen.«
Als Eden die Hotelsuite betrat, war ihr Blick sogleich auf die kleine Frau mittleren Alters gelenkt worden, die zwischen zwei riesigen Kerlen stand, deren Schultern breit wie Kleiderschränke waren. Wer immer sie sein mochte, sie hatte sich recht eindrucksvollen Personenschutz mitgebracht.
Mrs. Beards blassblaue Augen wirkten unglaublich traurig, und ihr Doppelkinn wabbelte ein wenig, als sie den Mund zu einer Parodie von einem Lächeln verbog. »Sehr erfreut.«
Eden schüttelte ihr die weiche, faltige Hand. Ende vierzig, Anfang fünfzig, privilegiert, freundlich, würdevolle Haltung, stellte Eden fest. Ihr hellgelber Hosenanzug sah teuer aus, war aber kein Designermodell.
Ohne auf die beiden Riesen neben ihr zu achten, spürte Eden, dass deren Augen ganz auf die Frau gerichtet waren, allzeit bereit, sofort einzuschreiten, sollte sie durch irgendetwas oder irgendwen bedroht werden.
Eden sah fragend zu Noah, der mit den Achseln zuckte. »Mrs. Beards Bodyguards. Sie begleiten Mrs. Beard auf Schritt und Tritt.«
Folglich wäre ihre Anwesenheit vorerst hinzunehmen, beschloss Eden, ging zu einem der Sofas und setzte sich.
Mrs. Beard blickte unsicher zu Noah. Offenbar wusste sie nicht recht, ob sie sich setzen durfte, solange sie niemand dazu aufforderte.
Noah wies auf einen der Sessel. »Bitte nehmen Sie Platz. Möchten Sie etwas zu trinken, bevor wir anfangen?«
Mrs. Beard antwortete mit einem verkniffenen Lächeln und einem kurzen Kopfschütteln, dann setzte sie sich auf die Kante des Sessels Eden gegenüber.
Noah machte es sich auf dem Sessel neben Mrs. Beard bequem. Er war immer derjenige, der die Leute durch seine entspannte Art beruhigte, während Eden sie stumm taxierte. Auch jetzt zeigte er sein »Sie dürfen mir Ihre Seele öffnen«-Lächeln. »Erzählen Sie uns doch bitte, Mrs. Beard, was Sie zu Last Chance Rescue führt.«
Mrs. Beard richtete sich im Sitzen auf, und Eden war beeindruckt, wie sie sich von der gebeugten, niedergeschlagenen Frau in eine sehr entschlossene verwandelte. Es war in der Tat immer wieder erstaunlich, wie klare Ziele Menschen verändern konnten!
»Wir leben in einem kleinen Dorf außerhalb von Madrid. Meine Tochter Risa wurde vor ihrer Schule entführt … Sie war acht Tage lang verschwunden.«
Noah neigte sich
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