Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
sehen, ob die rechte Spur frei war, doch ich sah nur Todds angstverzerrtes Gesicht – so bekam man den Reaper selten zu sehen.
Ich formte lautlos die Worte „Setz dich!“ mit den Lippen und reichte Nash mein Handy. Todd ließ sich zurück auf die Sitzbank fallen, und ich zog auf die rechte Spur und von dort auf den Seitenstreifen.
„Sie hat noch nicht unterschrieben“, fuhr Addison fort. „Aber das wird sie, sobald Dekker hier ist. Ihr müsst mir helfen, bitte! Auf mich hört sie nicht, aber ihr könnt sie überzeugen. Sie weiß, dass Todd tot ist! Ihr müsst alle wieder herkommen und ihr das erzählen, was ihr mir erzählt habt. Was mit ihr passiert, wenn sie stirbt.“
„Warum hört sie nicht auf dich?“ Ich stellte den Motor ab, und Nash schaltete die Warnblinkanlage an.
„Sie glaubt, dass ich sie ausbremsen will.“ Wir hörten Addy schluchzen, dann ein Knarzen, wie von einer Matratze. „Sie hat es satt, in meinem Schatten zu stehen.“
„Wo ist deine Mom, Addy?“, fragte Nash laut genug, dass sie ihn hören konnte.
Addy schniefte. Sie klang viel jünger als sonst, nicht wie achtzehn. Das lag bestimmt an dem Schock. „Sie ist ausgegangen, aber sie geht nicht ans Handy.“ Sie brauchte keine weitere Erklärungabzugeben. Denn Addys verlegener und angewiderter Tonfall sprach Bände. Ihre Mom war wieder auf Drogen und überließ ihre Töchter sich selbst.
„Weiß sie, was deine Schwester vorhat?“, fragte Nash weiter. Erneutes Schluchzen. „Ja, schon, aber sie versteht es nicht.
Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass Regan ihre Seele verkauft, aber sie hielt das für eine Redewendung. Wahrscheinlich ist es ihr sowieso egal. Für sie zählt nur das Geld.“
Obwohl ich Mrs Page nicht kannte, hasste ich sie schon jetzt. Todd lehnte sich nach vorne und stützte sich auf die Lehne des Beifahrersitzes. „Wo ist Regan jetzt?“
„Wir sind zu Hause“, antwortete Addy. „In Hurst, bei meiner Mom. Weißt du noch, wie man dahin kommt?“
Todd nickte und sagte dann laut: „Ja.“ Mehr schien ihm im Moment nicht einzufallen.
Doch ich hatte eine Idee – eine geniale sogar! „Wenn sie den Vertrag unterschreibt, muss Dekker sie in die Unterwelt bringen, richtig?“ Ein riesiger Truck rauschte an uns vorbei und brachte mein kleines Auto wie verrückt zum Wackeln.
Addison räusperte sich, und wieder hörte ich die Matratze knarzen. „Ja, aber das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen verhindern, dass sie unterschreibt!“
„Ich weiß.“ Mit einem Fingerzeig bedeutete ich Nash und Todd abzuwarten – ich hatte schließlich einen Plan. „Aber um sie in die Unterwelt zu bringen, braucht Dekker den Reaper. Die Frau, die dich zu dem Hellion gebracht hat. Stimmt’s?“
„Ja, ich denke schon.“
„Du, Todd …“ Ich drehte mich nach hinten und wechselte einen Blick mit ihm. „Es ist einem Reaper doch verboten, seine Fähigkeit für irgendetwas anderes zu verwenden als für das Einsammeln der Seelen, die auf der Liste stehen, oder? Und Menschenin die Unterwelt zu bringen, damit ihre Seelen gestohlen werden können, ist doch bestimmt dreimal verboten?“ Als Todd nickte, fuhr ich fort: „Würdest du das als Entlassungsgrund bezeichnen?“
„Auf jeden Fall.“ Seine Augen leuchteten, als er begriff, worauf ich hinauswollte.
„Und hätte dein Boss Interesse daran, einen solchen Reaper zu feuern?“
Todd strahlte. „Das würde ihm das gesamte Jahrzehnt versüßen!“
„Das dachte ich mir.“ Die ersten Regentropfen fielen auf die Windschutzscheibe. „Und ohne seinen handzahmen Reaper kann Dekker Addys Schwester auch nicht in die Unterwelt bringen. Richtig?“ Meine Aufregung stieg, als Todd und Nash eifrig nickten. Das war die Chance, den abtrünnigen Reaper zu bestrafen und Regan davor zu bewahren, einen schrecklichen Fehler zu machen. Außerdem könnte ich dabei vielleicht einen Blick auf den Hellion werfen, den wir suchten. „Also, was denkt ihr? Wird es funktionieren?“
Nash grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Ich glaube schon.“
„Das heißt, ihr habt einen Plan?“, fragte Addy mit piepsiger Stimme.
„Ja, sieht ganz so aus.“ Ich drehte den Zündschlüssel und ließ den Motor wieder an. Das Geräusch erinnerte mich eher an das Schnurren einer kränkelnden Hauskatze als an das Brüllen eines Tigers, aber solange das Auto noch fuhr, wollte ich mich nicht beschweren.
„Was soll ich tun?“
Ich schaltete die Scheibenwischer ein. „Halte sie irgendwie hin, bis wir da
Weitere Kostenlose Bücher