Rettende Engel (German Edition)
vom Tod der Karst profitieren könnte?”, fragte Solm-Lensing.
„Sie meinen: außer den Kindern?“, gab Kaha bissig zurück.
„Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass Sie sich keinen Fehler mehr leisten können. Noch eine Dummheit und Sie fliegen raus.” Solm-Lensing sah Kaha kühl an, dann rauschte er davon.
„Na los.” Kaha stand auf und war im nächsten Moment schon auf dem Weg zur Tür. „Du hast den Chef gehört. Wir brauchen mehr Verdächtige.“
„Mirko?”, fragte Chris.
In aller Seelenruhe zog er sein Jackett an und klopfte dessen Taschen ab, um zu sehen, ob er auch nichts vergessen hatte, suchte und fand sein Handy auf dem Schreibtisch und grinste seinen Kollegen an. „Dann mal los.”
Auf der Pferderennbahn in Seckenheim trafen sie im Bürogebäude auf einen älteren Mann, der ihnen zeigte, wo sie Mirko Kerner, den Freund der Toten, finden konnten. „Da hinten, in den Ställen, oder in dem Lager daneben arbeitet er meistens.”
In genau diesem Moment trat ein langer, schlaksiger Bursche von vielleicht Ende zwanzig durch die Doppeltür der Stallungen hinaus auf den Hof.
„Da ist er ja”, sagte der Mann.
Mirko hörte die Stimme, sah hinüber zu der kleinen Gruppe – und machte auf dem Absatz kehrt. Blitzschnell zog er sich in das Gebäude mit den Pferdeställen zurück.
Chris wandte sich an ihren Begleiter. „Hat der Stall einen Hinterausgang?”
Der Mann schüttelte den Kopf.
„Vielen Dank”, sagte Chris. „Wir finden uns allein zurecht.”
Widerwillig machte der Angestellte sich auf den Weg zurück zu seinem Büro, nicht ohne sich immer wieder neugierig umzusehen.
„Es hätte schlimmer kommen können”, sagte Kaha, während sie schnellen Schrittes zu den Stallungen gingen. „Wenn er zum Beispiel in diese Richtung abgehauen wäre.” Er zeigte auf die Rennbahn mit der riesigen Rasenfläche in der Mitte und den angrenzenden Wald.
Kurz hinter der Tür des Stallgebäudes verharrten die Kommissare einen Moment, bis ihre Augen sich an die relative Dunkelheit gewöhnt hatten. Nur durch schmale, vergitterte Fenster im hinteren Teil der Boxen drangen einige Sonnenstrahlen ins Innere.
Pferde scharrten mit den Hufen und schnaubten und die Luft war erfüllt von dem alles durchdringenden Geruch von Pferdemist.
„Du links, ich rechts”, sagte Kaha. Während er in die einzelnen Boxen spähte, rief er: „Na los, Mirko. Komm schon raus. Wir haben nur ein paar Fragen.”
Chris rief auf seiner Seite: „Herr Kerner? Kripo Mannheim.”
Als Kaha die vorletzte Box erreicht hatte, glaubte er, in der hintersten Ecke jemanden kauern zu sehen. Die Gestalt war jedoch nur schwer auszumachen, weil eine gigantische Fuchsstute davor nervös hin und her tänzelte. Über die fast mannshohe Halbtür hinweg schnaubte sie Kaha ihren Atem ins Gesicht.
„Chris, ich glaub, ich hab ihn”, rief Kaha. Und dann in die Box hinein. „Mirko, nun komm schon raus. Oder müssen wir dich holen?” Bei den letzten Worten betrachtete Kaha skeptisch das rotbraune Pferd, das laut wieherte und Andeutungen machte, sich aufzubäumen.
„Kommt doch rein, wenn ihr euch traut”, ließ sich eine zitternde Stimme aus dem Hintergrund der Box vernehmen.
„Das ist wohl eine klassische Pattsituation”, flüsterte Chris Kaha ins Ohr. Als ein Huf die Tür traf, wich er instinktiv einen Schritt zurück. „Am Ende trampelt sie ihn noch zu Tode”, sagte er beunruhigt.
„Das seh ich auch”, gab Kaha zurück. „Irgendwelche Ideen?”
Nach einem kurzen Moment sagte Chris zögernd: „Ein Tierarzt mit einem Betäubungspfeil?”
„Ist das dein Ernst? Das ist ein Pferd, kein Tiger.”
Entschlossen öffnete Kaha die Tür einen Spalt, zwängte sich hindurch und zog die Tür wieder zu. Geschickt wich er den Vorderhufen der Stute aus, so dass er etwas seitlich von ihr zu stehen kam. Mit einer Hand griff er die Trense an der Seite des Kopfes, mit der anderen begann er, über Nase und Nüstern des Tieres zu streicheln.
Die ganze Zeit murmelte er beruhigend vor sich hin: „Ist ja gut, mein Mädchen. Stört dich der böse Mann in deiner Box? Keine Angst. Ich bin schon dabei, etwas dagegen zu unternehmen. Nicht wahr, Stella? Du heißt doch Stella, oder? So steht es jedenfalls auf dem Schild an der Tür.“
Die Fuchsstute schien ihn tatsächlich zu hören und ruhiger zu werden. Sie bäumte sich nicht mehr auf, sondern tänzelte nur noch ein wenig hin und her.
„Ganz ruhig. Immer mit der Ruhe. Wird schon werden”, sagte Kaha
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