Rettende Engel (German Edition)
Prügeleien, Diebstähle – Schuleschwänzen sowieso. Außer Prostitution (das war in den Augen seiner Clique was für Schwächlinge) hatte er nichts ausgelassen.
Dass er die Kurve doch noch gekriegt hatte, hatte er einem Sozialarbeiter zu verdanken: Gerd, Gerd Roth. Dieser Mann war unglaublich hartnäckig (das Gegenteil von seiner Mutter, die immer schwach und nachgiebig gewesen war). Er hatte ihn in einer Kampfsportgruppe untergebracht. Das war genau das Richtige. Dort konnte er sich sozusagen auf legale Weise austoben und abreagieren. Und Disziplin hatte er dort gelernt. Später machte er, ermutigt und angetrieben von Gerd, doch noch sein Abi. Was ihn aber am meisten motiviert hatte, war sein Berufswunsch: Er wollte auch Sozialarbeiter werden.
Nachdenklich stellte Kaha den leeren Kaffeebecher zu den anderen in die Spüle.
9
„Unglaublich!” Kaha knallte das Mobilteil des Telefons so heftig auf seinen Schreibtisch, dass Chris, der ihm im Büro gegenübersaß, zusammenzuckte. „Marewski weigert sich, zu uns ins Präsidium zu kommen. Er lässt uns durch seine Frau ausrichten, dass er das nicht muss. Jedenfalls nicht ohne staatsanwaltliche Vorladung.”
„Ich weiß auch, warum er sich so gut auskennt.” Chris winkte Kaha zu sich hinüber und deutete auf den Bildschirm seines Computers. „Der Kerl hat schon Vorstrafen wegen Einbruch und Körperverletzung. Außerdem hat seine Frau ihn zweimal angezeigt, die Anzeige aber beide Male wieder zurückgezogen. Und vom Jugendamt haben sie mehrmals unsere Hilfe angefordert, also die der Polizei, weil sie sich allein nicht hingetraut haben.”
„Und die Kinder sind immer noch dort?”, fragte Kaha. „Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr.”
Er hatte sich inzwischen etwas beruhigt und dachte nach. Schließlich sagte er: „Ich habe vorhin die Telefonnummern auf dem Zettel angerufen, den die Nachbarin uns gegeben hat. Eine gehört zum Handy von Rena Karst, die andere zu einer Kneipe. Und jetzt kommt die gute Nachricht: Da war sie gestern Abend bis kurz vor ihrer Ermordung.”
Chris zog sein Jackett an. „Na, dann nichts wie hin. Moment, ist da jetzt jemand zu sprechen?”
„Ja, der Wirt wohnt direkt über seinem Lokal und hat gesagt, er erwartet uns.”
„Und danach statten wir Marewski einen Besuch ab und knöpfen uns den Burschen vor.”
„Du hast meine Gedanken gelesen.” Kaha grinste. „Wenn wir Glück haben, können wir uns den ganzen Papierkram mit einer Vorladung von der Staatsanwaltschaft sparen.”
„Rena ist tot?” Achim, der Wirt, verharrte mitten in der Bewegung. Sie hatten ihn in seinem Lokal angetroffen. „Dann kann ich gleichzeitig klar Schiff machen”, hatte er gesagt. Jetzt stellte er die trockenen, sauberen Gläser, die er in den Händen hielt, vor sich neben der Spüle ab. „Na so was.” Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Er schien eher verdutzt als betrübt zu sein. „Das nennt man wohl Unglück im Glück”, sagte er schließlich.
„Wie bitte?”, entfuhr es Chris. „Unglück im Glück?”
„Ja, die beiden waren gestern noch so glücklich. Hatten ja auch allen Grund dazu.”
„Die beiden?”, fragte Chris.
„Grund?”, wollte Kaha wissen.
Unentschlossen blickte der Wirt vom einen zum anderen. Wem sollte er zuerst antworten?
„Rena hat, also, hatte doch diesen Freund, Mirko Kerner. Der arbeitet als Stallbursche oder so auf der Rennbahn”, begann er.
Chris machte sich Notizen und Kaha nickte dem Wirt aufmunternd zu.
„Und der hat gestern beim Pferderennen mehr als 10000 Euro gewonnen.”
„Das kann man Glück nennen”, stimmte Kaha zu.
„Mit Glück hatte das nichts zu tun”, widersprach Achim, der Wirt.
Chris und Kaha sahen ihn neugierig an. „Sondern?”, half Chris ihm auf die Sprünge.
Achim bereute sichtlich, dass ihm da spontan etwas herausgerutscht war. „Ach, nichts”, sagte er lahm und begann damit, eines der Gläser, die er kurz vorher abgestellt hatte, erneut zu polieren.
„Das ist eine Mordermittlung, Mann”, sagte Kaha. „Also raus mit der Sprache. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.”
„Aber Sie wissen das nicht von mir.”
Chris und Kaha nickten.
„Schon klar”, sagte Chris, als Achim immer noch schwieg. „Warum hatte der Gewinn also nichts mit Glück zu tun?”
„Weil Mirko einen Buchmacher mit dem Langmacher-Trick über den Tisch gezogen hat.”
Kaha nickte. Er verstand. Aber Chris fragte: „Langmacher?”
„Sie wissen schon”, sagte Achim und
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