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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Wirtschaftsminister, in deren Verantwortungsbereich das fällt.
    Rein nach der Theorie ist dieser Zustand ein Ding der Unmöglichkeit. Die Interdependenz der Wirtschaftspolitik, also die gegenseitige Beeinflussung und Abhängigkeit aller Faktoren, macht es unmöglich, aus der Wirtschafts- und Währungspolitik einfach ein Stück – wie etwa die Geldpolitik – herauszuschneiden und gesondert zu behandeln. Das hat immer Rückwirkungen auf alle anderen Bereiche.
    Es war Otmar Issing, der erste Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, der diese Theorie in den letzten Jahren seiner Amtszeit in Frage stellte. Ist es nicht möglich, so seine Argumentation, dass man die Preisstabilität aus dem volkswirtschaftlichen Zielkatalog herauslöst und getrennt angeht? Schließlich ist das ja auch die Begründung dafür, dass man die Preisstabilität einer gesonderten Institution (Zentralbank) zuweist und dieser auch eine Unabhängigkeit garantiert. Wenn es die vollkommene Interdependenz der Ziele und Instrumente in der Wirtschafts- und Währungspolitik gäbe, dann machte es keinen Sinn, für ein einzelnes Ziel eine eigene Institution zu gründen.
    Also nehmen wir die Zentralbank aus der generellen Wirtschaftspolitik heraus und behandeln sie gesondert. Geht das? In guten Zeiten zweifellos. Issing konnte darauf verweisen, dass sich die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank seit ihrer Gründung bewährt hat. Sie führte zu keinen größeren Konflikten. Aber das waren in der Tat auch gute Zeiten. Größere gesamtwirtschaftliche Krisen, in denen ein koordiniertes Handeln erforderlich war, gab es bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007/2008 nicht. Als die Probleme im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise in Südeuropa eskalierten und sich die Notenbank an den Aktionen der Finanzminister beteiligen sollte, wurde es freilich kritischer.
    Zwar gab es tatsächlich eine Abstimmung zwischen Geldpolitik und den anderen Maßnahmen. Allerdings wurde dann auch die Unabhängigkeit der Notenbank in Frage gestellt. Der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, habe sich – so wurde unterstellt – von den Finanzministern zu stark beeinflussen lassen. Er habe zu wenig auf seine Unabhängigkeit geachtet.
    Das waren Vorwürfe, die an der Reputation der Notenbank kratzten. Es wäre besser gewesen, man hätte das Verhältnis von Geld-, Fiskal- und Wirtschaftspolitik vorher geklärt und die Zusammenarbeit auf eine formelle Basis gestellt. Das muss die Unabhängigkeit und die stabilitätspolitische Entschlossenheit der Notenbank nicht gefährden. Niemand kritisiert ja auch die Finanzminister, wenn sie auf Ratschläge aus dem EZB-Tower in Frankfurt hören und die öffentlichen Defizite zurückführen.
    Externe Schocks
     
    Leider sind Sie am Reißbrett der Währungsunion aber auch jetzt noch nicht fertig. Sie müssen noch etwas beachten. Was ist zum Beispiel, wenn es einen extern erzeugten Schock für die Gemeinschaft gibt? Beispielsweise eine drastische Ölpreiserhöhung, Waldbrände in Russland, die den Weizenpreis in die Höhe schießen lassen, ein temporärer Zusammenbruch des Wirtschaftswachstums in China oder eine Kehrtwende in der Energiepolitik, wie sie Deutschland nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan im März 2011 einleitete. Solche Effekte treffen die einzelnen Volkswirtschaften der Gemeinschaft ganz unterschiedlich. Wenn China in eine Rezession läuft, wäre Deutschland besonders hart tangiert, weil es sehr viel in dieses Land exportiert. Wenn es Preissteigerungen bei Öl oder Weizen gäbe, dann würden jene Staaten am meisten leiden, die besonders viel von diesen Rohstoffen einführen.
    In jedem Fall gibt es Spannungen und Ungleichgewichte unter den einzelnen Mitgliedstaaten. Der kanadische Ökonom Robert Mundell würde sagen: Da sieht man, dass die Mitglieder keine Währungsunion hätten gründen sollen. Sie sind zu unterschiedlich. Es passen nur solche Staaten zusammen in eine Währungsunion, die ähnliche Strukturen haben oder aber eine solche Mobilität und Flexibilität auf ihren Märkten aufweisen, dass sie externe Schocks ohne größere Probleme in der Union bewältigen können.
    Diese Erkenntnis nutzt Ihnen am Reißbrett aber wenig. Sie können Ihre Aufgabe nicht zurückgeben und sagen: Geben Sie mir bitte andere Länder für die Währungsunion, dann setze ich meine Arbeit fort. Nein, Sie müssen eine Lösung finden, und das heißt: Sie müssen für genügend Mobilität und Flexibilität auf den

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