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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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am nächsten Tag veröffentlichte«, so die FAZ , soll »in wesentlichen Teilen« vom Präsidialamt diktiert worden sein.
    So desavouiert man Institutionen, deren Unabhängigkeit einem nicht in den Kram passt. Hätte man von Anfang an auf die Expertise dieser unabhängigen, der Geldwertstabilität verschriebenen Bank vertraut, müsste ich heute nicht über die Manipulationen mit dem Euro klagen, die ich offen als Euro-Betrug bezeichne. Aber man hat auch hier mit dem Maulkorb Politik gemacht, eine unbequeme Kontrollinstanz zur Seite gedrückt und den Wähler, der das, was nicht gesagt werden darf, auch nicht hören kann, hinters Licht geführt.

KAPITEL ZWEI
    Aufstieg eines Markenzeichens
    Für deutsche Finanzpolitiker ist die Erinnerung an die D-Mark mit Peinlichkeit verbunden: Man weiß sehr gut um ihre einstige Stärke, ihre Stabilität, ihr internationales Renommee und ihre Symbolkraft für ein geeintes Deutschland - und dennoch muss man die Überlegenheit des Euro anpreisen, der für eine neue Zeit, eine neue Wirtschaftsordnung und eine neue, weit umfassendere Einheit steht, die Europa heißt.
    Das Heikle daran ist, dass man die Menschen, denen man diese revolutionäre Veränderung zumutete, vorher gar nicht gefragt hat - womit man ihnen deutlich vor Augen führte, dass sie mitnichten der Souverän sind, zu dem die Demokratie sie erhoben hat, sondern ein Volk inmitten einer wachsenden Zahl von mehr oder weniger vertrauten Völkern, deren Gemeinschaft man zwar nicht fühlen kann, die man dafür aber im Geldbeutel trägt: als Euro.
    Damit hat ein neues Spiel begonnen, das mit dem alten Begriff von Demokratie und der Idee vom Volk als Souverän, der frei über das eigene Schicksal, die eigenen Gesetze, die eigene Politik bestimmen kann, nichts mehr zu tun hat. Es gab einmal ein Scherzwort: »Alles ist nun besser als früher, wir ziehen aber vor, dass es uns wieder gut geht.« Gewiss, es geht uns gut, aber damit es einem wirklich gut geht und nicht nur gemäß statistischen Erhebungen, muss man auch das Gefühl haben, über das, was entscheidend ist im Leben, mitbestimmen zu können.
So definiert sich Freiheit - doch über den Euro hat niemand mitbestimmt. Man fand ihn plötzlich im Portemonnaie, und alle Politiker versicherten uns, dass nun alles besser sei.
    Die Überzeugung, dass die D-Mark sich zur europäischen Gemeinschaftswährung verhält wie etwa ein VW-Käfer Baujahr 1950 zur neuesten Luxuslimousine mit Hybridmotor, scheint in den Köpfen unserer Politiker fest verankert zu sein - obwohl eher das Gegenteil der Fall ist. Wenn nämlich ein ansonsten vernünftiger Mann wie Wolfgang Schäuble von »Unsinn« spricht, sobald man die D-Mark wieder ins Spiel bringt, drückt dies eine Verachtung aus, die offensichtlich nicht mehr wissen will, was diese Währung für unsere Nation einmal bedeutet hat, und die ebensowenig zur Kenntnis nimmt, was der Euro für uns nicht bedeutet und nie bedeuten wird.
    Denn die D-Mark war mehr als ein Zahlungsmittel - sie war Symbol für die Einheit unseres Volkes. Im Gegensatz zu anderen großen Nationen wie Frankreich oder England hat Deutschland diese Einheit erst spät, nämlich im 19. Jahrhundert, gefunden. Die berüchtigte Kleinstaaterei, die zuvor geherrscht und das Land zum Provinzialismus verdammt hatte, drückte sich in einem verwirrenden Münzsystem aus, das ein Chaos an Währungszonen hervorbrachte und die Teilnahme am globalen Handel behinderte. Mit der Einigung des Reichs 1871 kam die Vereinheitlichung der Währung, die sogleich mit anderen Weltwährungen in erfolgreichen Wettbewerb trat.
    Der Aufstieg Deutschlands zu einer führenden Wirtschaftsmacht ist untrennbar mit der Mark verbunden. Bis zum Ersten Weltkrieg verdreifachte sich die deutsche Industrieproduktion, das geeinte Reich zog im Welthandel mit dem Champion England gleich - um nach 1918 wieder auf null zurückgefahren zu werden. Die Weltwährung Reichsmark schrumpfte zum Monopolygeld zusammen. 1923 stieg die Geldmenge in Deutschland
um das 309-Millionen-Fache an, nahm damit an Wert um das 309-Millionen-Fache ab. Deutschland, das sich aufs internationale Parkett gewagt hatte, war ausgeglitten und schwer auf die Nase gefallen. Die stolze Nation, die in Wirtschaft und Wissenschaft zum weltweiten Vorbild aufgestiegen war, hatte nicht einmal mehr genug zu essen.
    Mein Großvater, der in Hamburg-Lemsahl lebte, zeigte mir gern seine kuriose Sammlung von Geldscheinen, die er in einer Zigarrenkiste aufbewahrte. Sie

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