Rettet unser Geld
sich darum rissen, das zu erhalten, was einem selbst schon sicher war. Welch geniales Ablenkungsmanöver - und welch trauriger Betrug, der den Menschen die Bestimmung über ihr eigenes Schicksal aus der Hand nahm und sie dabei im Glauben ließ, es sei in guten Händen.
Allerdings gestehe ich gerne zu, dass die Bundesregierung, allen voran Finanzminister Theo Waigel, sich größte Mühe gab, der Einheitswährung Stabilität zu verleihen, indem sie sie nach dem Modell der D-Mark zu formen suchte. Wenn man sie schon nicht mehr haben konnte, wollte man wenigstens noch von ihren Qualitäten profitieren. Man strebte, kurz gesagt, an, dem Euro den deutschen Prägestempel aufzudrücken.
Das wurde ihnen von den Franzosen sehr schwer gemacht. In seinem Buch Herausforderung Euro hat Ex-Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer den beschwerlichen Weg nachgezeichnet, den die europäische Gemeinschaftswährung zu nehmen hatte - ein wahrer Hindernisparcours zwischen den Erwartungen der Franzosen und denen der Deutschen, die sich teilweise diametral gegenüberstanden. Zu verschieden waren die Wirtschaftssysteme und auch die Ausrichtung der jeweiligen Zentralbanken, um hier eine Übereinstimmung herbeizuführen. Schon Anfang der 1980er Jahre, so Tietmeyer, der damals noch Staatssekretär im Finanzministerium war, zeigte sich immer deutlicher, »dass die grundlegenden Orientierungen für die monetären und fiskalischen Politiken zwischen den Ländern zu unterschiedlich waren, um feste Paritäten zwischen den Währungen im Test der Märkte durchzuhalten«.
Die Franzosen, genervt durch die Stärke der Mark und die Schwäche des Franc, drohten nicht nur damit, ihre Währung aus dem Europäische Währungssystem herauszunehmen, sondern sich auch »für die Einführung einer nationalen Abgabe für Importe aus den anderen Gemeinschaftsländern« zu entscheiden. Einfuhrzölle für deutsche Produkte! Aber der provozierte Eklat war nur ein Bluff, natürlich kam es nicht dazu. Man wollte den vorsichtigen Deutschen nur Angst einjagen. Mitte der 1980er Jahre zog der damalige Wirtschafts- und Finanzminister Jacques Delors »alle Register der Verhandlungstaktik und -dramatik und war auch nicht zimperlich mit provokativen Attacken, insbesondere gegenüber der deutschen Seite«, was schließlich dazu führte, so Tietmeyer, »dass die deutsche Seite in der Schlussrunde Frankreich am weitesten entgegengekommen ist, und zwar so weit, dass selbst die Niederlande diesen Weg nur teilweise mitzugehen bereit waren«. In der Griechenlandkrise ein Vierteljahrhundert später sollte Präsident
Sarkozy mit derselben billigen Taktik bei Kanzlerin Merkel seinen Willen durchsetzen.
Die Fronten beim Streit um die Gemeinschaftswährung waren klar: 1990, noch kurz vor den Maastrichter Beschlüssen, träumten die Franzosen von einer »gemeinschaftlichen Wirtschaftsregierung«, die ihre politischen Vorstellungen auch gegenüber den Zentralbanken durchsetzen konnte, wie es in Paris üblich war. Eine unabhängige Bundesbank wie in Deutschland war dort undenkbar - Chef war der Staatspräsident und niemand sonst. Natürlich konnte das den Deutschen schon deshalb nicht gefallen, weil eine solche »Wirtschaftsregierung« in ihre eigenen Kompetenzen hineinregieren würde, und dies, wie voraussehbar, unter französischer Führung.
»Dagegen«, so erinnerte Tietmeyer, »forderten die Deutschen den Nachweis über einen hohen Grad an tatsächlich erreichter Preisstabilität und die Gewährleistung einer auf Dauer tragbaren Finanzlage der öffentlichen Hand«. Da wohl alle ahnten, worauf der französische Plan abzielte, lief er ins Leere. »Der französische Vorschlag für eine ›gemeinsame Wirtschaftsregierung‹ der zuständigen Minister fand damals keine Zustimmung, auch nicht bei der deutschen Delegation.« Diese insistierte, dass vor der »Entwicklung einer Wirtschafts- und Währungsunion in Europa« ein Vertrag aufgesetzt werden müsse, in dem »die Bedingungen für eine dauerhaft stabile europäische Währung zuvor eindeutig und verbindlich festgelegt werden«.
Der Vertrag, der dann tatsächlich den deutschen Prägestempel trug - schließlich hatte man auch am meisten dafür geopfert -, wurde 1992 in Maastricht ausgehandelt. Einen Kernpunkt bildete die neue Gemeinschaftswährung, vor der eine Reihe Hürden aufgebaut wurden, um eine Verwässerung des Geldwertes zu verhindern. Zu diesen sogenannten Konvergenzkriterien
gehörte bekanntlich, dass eine Neuverschuldung unter 3
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