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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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noch am Katzentisch sitzen mussten, weil sie die Stabilitätskriterien nicht erfüllten, so lange nicht ruhen noch rasten würden, bis sie in den Club der Großen aufgenommen würden.
    In der Zeit nach Maastricht bin ich als BDI-Präsident für den Euro eingetreten. Ich nahm auch an öffentlichen Auftritten mit Bundesbankpräsident Tietmeyer teil, bei denen wir beide bemüht waren, die Leute zu beruhigen und ihnen ihre Befürchtungen zu nehmen. Bei einer solchen Gelegenheit saß der heutige EZB-Chefvolkswirt und damalige Staatssekretär im Finanzministerium, Jürgen Stark - übrigens tatsächlich ein starker Mann -, neben mir im Publikum und wir lauschten der Rede des Bundesbankpräsidenten.
    Wie üblich hatten wir beide das gedruckte Redemanuskript auf dem Schoß, das vorher verteilt worden war, und wie üblich war es, um dem Redner Abweichungen zu ermöglichen, mit dem Vermerk versehen »Es gilt das gesprochene Wort«. Plötzlich
beugte sich Stark lächelnd zu mir herüber und flüsterte, indem er mit dem Finger darauf zeigte: »Es gilt das gebrochene Wort.«
    Das sollte natürlich nur ein Kalauer sein - dass Jürgen Stark sich damit als Prophet erweisen sollte, habe ich damals nicht ahnen können.

KAPITEL FÜNF
    Wie ich für den Euro kämpfte
    In den Jahren vor Maastricht lautete die Gretchenfrage also nicht: »Euro Ja oder Nein?«, sondern: »Wer darf rein ins Euro-Boot?« Das war ein schlauer Schachzug, auf den alle hereingefallen sind. Da die großen nördlichen Länder sozusagen gesetzt waren, standen hauptsächlich Spanien und Italien zur Debatte - Griechenland tauchte noch nicht einmal auf dem Radarschirm auf. Die Frage war, ob die beiden großen Mittelmeeranrainer die Kriterien erfüllen würden, die von Maastricht vorgegeben wurden.
    Als IBM-Chef, der lange Jahre auch in diesen Ländern Verantwortung getragen hatte, war mir natürlich an ihrer Mitgliedschaft gelegen. Begeisterter Europäer, der ich schon damals war, hegte ich zwar Bedenken gegenüber einer Währungsunion - doch wenn es schon eine geben sollte, schien sie mir ohne Italien und Spanien nur schwer vorstellbar. Da ich zudem positive Erfahrungen in den USA gesammelt hatte, wo ich jahrelang für die IBM beschäftigt war, erschien mir deren föderatives 50-Staaten-Modell als mögliches Vorbild: Fast jeder dieser Staaten bietet ein anderes Erscheinungsbild, blickt auf eine eigene Geschichte zurück und hat einen besonderen Menschenschlag ausgebildet - ein Kalifornier ist von einem Texaner so unterschieden wie, sagen wir, ein Finne von einem Portugiesen. Doch obwohl die einzelnen US-Staaten auch in Hinsicht auf Produktivität und Wohlstand erheblich untereinander differieren, folgen
sie doch alle demselben Wirtschaftsmodell, das auf dem Dollar basiert - und das nicht nur in den USA.
    Warum also, so fragte ich mich, sollte man nicht auch in Europa eine dem Dollar vergleichbare einheitliche Währung einführen? Nachdem ich lange geschwankt hatte, ließ ich mich endlich doch überzeugen. Genau genommen wurde ich in dem Moment endgültig für den Euro gewonnen, als Theo Waigel in Maastricht überraschend all das durchsetzen konnte, was mir für die Stabilität einer Gemeinschaftswährung unabdingbar schien.
    Neben der gedeckelten Neuverschuldung konnte Deutschland auch die sogenannte No-bail-out -Klausel durchsetzen, die gemäß Artikel 125 des EU-Vertrags untersagte, dass die Gemeinschaft oder einzelne Mitgliedsländer für die Schulden eines anderen Mitgliedslandes geradestehen müssen. In den USA wird dies genauso gehandhabt: Im Zweifel lässt man dort Städte oder ganze Bundesstaaten pleitegehen, damit nicht die Steuerzahler anderer Städte oder Bundesstaaten »bluten« müssen, sondern die jeweiligen Kreditgeber. Als unser Bundesverfassungsgericht den Vertrag 1993 billigte, betonte es, dass die No-bail-out -Klausel für die Deutschen zu den Zustimmungsbedingungen gehört hatte, mit deren Wegfall die Vertragsgrundlage zerstört wäre.
    Ich empfand das als Sieg unserer Haushaltsdisziplin über die notorischen Schuldenmacher. Auch wenn Euro darauf stand, würde drinnen D-Mark sein - dank strenger Konvergenzkriterien, der No-bail-out -Klausel, einer unabhängigen Zentralbank in Frankfurt und strenger Aufnahmeprüfung aller Kandidaten. So misslich es war, auf die verlässliche Währung verzichten zu müssen, erfüllte mich nun doch das Gefühl, dass wir uns etwas Vertrauenswürdiges dafür einhandelten.
    Zum leidenschaftlichen Euro-Befürworter wurde

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