Rettungskreuzer Ikarus Band 016 - Ansarek
einschätzen. »Ich glaube nicht, dass wir ein neues Schiff
konstruieren müssen. Modifikationen an einem vorhandenen sollten genügen.
Es muss flugtauglich sein, so dass wir es in Sicherheit bringen können,
ist es erforderlich, das Versteck zu verlegen. Alles andere ist ersetzbar. Und
die Pläne für die Modifikationen befinden sich hier.« Er zeigte
mit dem Zeigefinger auf seine Stirn, wenngleich er insgeheim zugeben musste,
dass er besser auf Shillas Kopf gedeutet hätte.
»Aus ihrem Mund klingt alles so simpel«, erwiderte Prabst und lachte
geringschätzig. »Sie sind jung, was wissen Sie schon. Was haben Sie
in Ihrem kurzen Leben schon durchmachen müssen? Nichts, nichts als Lächerlichkeiten.
Ihr Ausflug ins Nexoversum ist sicher Ihr erstes großes Abenteuer, und
auch hier haben Sie bisher noch nichts erlebt, ahnen nicht einmal Bruchteile
von dem, was wir alles durchleiden mussten …, was ich überlebt habe.«
Er straffte sich wieder und schaute auf Jason und Shilla herab. »Sie mit
Ihrer großartigen Technik – Sie wären nicht hier gestrandet,
wären ihre Kenntnisse wirklich so großartig. Sie würden sich
nicht vor den Hierarchieschiffen fürchten, die ihre Heimat bedrohen, verfügten
Sie tatsächlich über eine vergleichbare Technik und Wissen. Aber in
Wirklichkeit wissen Sie nichts. Gar nichts.«
Jason seufzte innerlich. Mit dem Alten zu reden, erwies sich als Zeitverschwendung.
Prabst besaß zwar Einfluss und führte Ansarek, aber er war arrogant,
selbstgefällig, überheblich und zweifellos auch senil. Es war müßig,
fand Jason, ihn darüber aufzuklären, dass er selber so viel erlebt
hatte, dass es für mehrere Leben reichte, und ihm durchaus klar war, dass
mit Rückschlägen gerechnet werden musste. Was, außer der Hervorhebung
seiner eigenen Leistungen, bezweckte Prabst mit dieser Tirade?
»Was ist mit den Sprungtoren?«, wechselte Jason das Thema.
»Sie verbinden ausschließlich Orte innerhalb des Nexoversums und
werden vom Nexus kontrolliert. Es ist ausgeschlossen, eines umzupolen. Die Verteidigung
ist nicht zu überwinden.« Prabst sprach nun in einem Tonfall, den
Jason für ein kleines Kind reserviert hätte, dem er zum wiederholten
Male erklären musste, warum man nicht mit einem Energiestrahler in einer
Schleusenkammer das Zielen übt, insbesondere wenn man keinen Raumanzug
angelegt hat.
»Können Sie mir dann erklären, wie die Exekutoren in unsere Heimat
gelangten?«
»Ihre Schiffe können die Entfernung überbrücken, aber sie
benötigen Jahre dafür. Selbst wenn Ihnen ein solcher Raumer durch
einen glücklichen Umstand in die Hände fiele, Sie würden es nicht
schaffen.«
»Was hältst du davon?«, wandte sich Jason gedanklich an Shilla.
»Nichts. Diese Leute sind uns keine Hilfe. Wir wären besser aus Imasen
geblieben und hätten dort nach einem Weg zurück gesucht.«
»Danach habe ich nicht gefragt. Außerdem sind wir jetzt hier und
müssen uns mit der Gruppe Ansarek arrangieren.«
»Dann tu, was du für richtig hältst.«
»Danke, du bist mir eine große Hilfe. Scheiße!«
Plötzlich wurde sich Jason bewusst, dass er ganz allein war. Shilla entzog
ihm ihre Unterstützung – das hatte sie deutlich gemacht. Von Taisho
und Sessha, die er bedingt als vertrauenswürdig einstufte, hatte man ihn
getrennt. So, wie es momentan aussah, musste er damit rechnen, dass Sessha Prabsts
Angebot annehmen würde, um ihr Leben zu verlängern. Und Taisho …
Jason konnte ihn immer noch nicht einschätzen. Der Syridianer war zwar
ein Agent des Widerstands aus Überzeugung, aber mit Prabst war er absolut
nicht einverstanden. Jason konnte nur abwarten, wie sich Taisho entscheiden
würde. Wie es schien, standen Jason und Taisho momentan einander näher
als der Rebell seinen Gesinnungsgenossen, aber …
Bis jeder seine Entscheidungen getroffen hatte, gab es niemanden, der Jason
einen vernünftigen Rat erteilen konnte und ihm den Rücken frei halten
würde.
»Dann wollen Sie uns also nicht helfen?«, forderte Jason Prabst heraus,
seine Karten endlich offen auf den Tisch zu legen.
»Können«, korrigierte dieser.
»Aber es gibt eine Möglichkeit«, mischte sich nun Alix Sinj ein.
»Nein«, beharrte Prabst. »Finden Sie sich besser schnell damit
ab, dass Sie hier bleiben müssen. Passen Sie sich an, arbeiten Sie mit
uns. Dann haben Sie immerhin eine Chance, älter zu werden.«
Jason rieb sich das
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