Rettungskreuzer Ikarus Band 045 - Wächter des Imperiums
Zeigen Sie mir einen Ausweg!«
Sentenza deutete mit dem Kopf auf die Menschenmassen vor dem Regierungsgebäude. »Das Vernünftigste wäre, diesen Wahnsinn dort draußen zu stoppen. Helfen Sie uns dabei?«
Der General schürzte die Lippen. »Das würde heißen, Kolt zu entmachten.«
Sentenza hob herausfordernd die Augenbrauen. »Na und?«
Sie trafen Darius Weenderveen und Shmer am vereinbarten Treffpunkt im Schatten der verfallenen Kathedrale wieder. In Jovian Anandes Kreislauf zirkulierte noch immer überproportional viel Adrenalin und Testosteron.
Den bewaffneten Söldner zu überlisten und mit dieser Heldentat seine hübschen Begleiterin gerettet – und möglicherweise sogar beeindruckt – zu haben, hatte seinen Puls beschleunigt. Es geschah nur selten, dass ein Unfallchirurg wie er so viel Aufregung auf einmal geboten bekam.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Weenderveen neugierig, als An’ta und der Arzt näher kamen.
»Bestens. Die Arche wird nie wieder abheben«, sagte die Ceelie zufrieden.
Weenderveen grinste zufrieden – und stutzte, als er die zerrissenen Overalls seiner beiden Kameraden bemerkte.
»Wie war es bei euch?«, erkundigte sich Anande, ehe Darius eine unpassende Bemerkung machen konnte.
Der Ingenieur winkte ab. »Hör bloß auf. Das reinste Chaos.«
»Mister Weenderveen und ich waren dabei, als das größte Arsenal der Stadt zur Ausgabe der Waffen geöffnet wurde«, warf Shmer ein. »Es war ein erhabener Anblick, eine zweihunderttausend Mann starke Armee im Gleichschritt marschieren zu sehen.«
»Das war auch schon das Einzige, was daran erhaben war«, spottete Weenderveen. »Sobald das Arsenal geöffnet wurde, begann das Drama. Ich glaube, es hat in all den Jahren niemand dort sauber gemacht. Und offenbar hat man auch versäumt, die Waffen ab und zu mal zu pflegen.«
An’tas Augen wurden groß. »Soll das heißen, die Waffen sind Schrott?«
»Größtenteils«, bestätigte Weenderveen. »Ich habe Tausende von Panzerfahrzeugen gesehen, bei denen die Ketten festgerostet waren. Jagdmaschinen mit vergammelten Dichtungselementen. Berge von Handfeuerwaffen, bei denen die Abzughebel blockierten.«
»Nicht zu fassen.« An’ta schüttelte den Kopf.
»Sie sagen es, meine Liebe. Wenn Sie also mal richtig viel Altmetall rekuperieren wollen, sage ich Ihnen die Adresse.« Er zwinkerte Shmer zu. »Die junge Dame ist nämlich Bergungsspezialistin, wenn sie nicht gerade Raumschiffe sabotiert.«
»Und was ist dann passiert?«, hakte Anande nach.
Weenderveen breitete die Arme aus. »Panik. Verzweiflung. Hysterie. Kannst du dir sicher vorstellen. Die Leute wissen nicht, was sie jetzt tun sollen und strömen hinüber zum Regierungsgebäude, um den Generaladministrator zur Rede zu stellen. Und wie die anderen Schlechtgelaunten uns berichtet haben, ist die Situation offenbar auf der ganzen Kasernenwelt so wie hier in der Hauptstadt.«
»Großartig.« An’ta verschränkte die Arme vor der Brust. »Haben Sie schon was von Captain Sentenza gehört?«
»Noch nicht.« Der Ingenieur schüttelte den Kopf. »Gehen wir zurück an Bord und fragen da mal nach. Hier können wir eh nichts mehr erreichen.«
Roderick Sentenza, Arthur Trooid und Lorik folgten Kozz durch die verwinkelten Korridore des Regierungsgebäudes. Der General hatte sich schließlich bereit erklärt, dem Captain der Ikarus und dem Anführer der Schlechtgelaunten zu einer Privataudienz mit Generaladministrator Roban Kolt zu verhelfen, um eine friedliche Lösung für die angespannte Situation auszuhandeln. Sentenza hoffte inständig, dass Kolt ebenso vernünftig sein würde wie Kozz und dass Kolt für rationale Argumente zugänglich war. Sollte sich der Generaladministrator als Hardliner erweisen, hatte Sentenza ein ernstes Problem. Er begab sich immerhin in die sprichwörtliche Höhle des Löwen, und wenn Kolt sich nicht überzeugen ließ, würde keine rettende Kavallerie zu Hilfe kommen und ihm den Weg freischießen. Die Ikarus war kein Kriegsschiff und ihre Mannschaft bestand nicht aus Marineinfanteristen, sondern aus Ärzten und Ingenieuren. Außerdem würde eine bewaffnete Auseinandersetzung endgültig Sentenzas Geburtstag verderben.
Draußen war es bereits wieder dunkel geworden, doch noch immer war der Tumult der dort versammelten Menschen und Fremdwesen unüberhörbar. Sentenza sah verstohlen auf das Chronometer und versuchte sich zu erinnern, wann er zum letzten Mal acht Stunden am Stück geschlafen und sich
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