Return Man: Roman (German Edition)
Rückspiegel hatte er eine Bewegung gesehen.
Sieben oder acht Leichen waren ihnen vom Bahnhof gefolgt und tauchten nun hinter ihnen auf. Sie kamen zielstrebig auf den Jeep zu. Ein toter Mann in einem Business-Anzug führte den Haufen an; Qualm waberte aus seinem Jackett. Den einen Fuß schleifte er hinterher– der Knöchel war gebrochen.
» Wir müssen verschwinden«, sagte Marco.
Wu drehte sich auf dem Sitz um. » Einverstanden.«
» Na toll«, sagte Marco sarkastisch. » Was würde ich nur ohne Ihr Einverständnis machen.« Er legte einen Gang ein, und der Jeep setzte sich in Bewegung.
Wu saß für einen Moment schweigend da. » Dies ist eine Militäroperation, Doktor«, sagte er schließlich, ohne den Blick von der Straße zu wenden. » Vergessen Sie das nicht.«
Marco holte tief Luft, und seine Stirn glühte, als läge er noch immer unter dem brennenden Lkw. Scheißkerl. Er hatte jetzt schon ein komisches Gefühl bei der ganzen Sache. In den letzten vier Jahren hatte er jede Entscheidung selbst getroffen; es gab niemanden, den er um Erlaubnis hatte bitten müssen. Und jetzt das– Wu, Osbourne und die beschissene Regierung der Vereinigten Staaten machten ihm Vorschriften und verlangten von ihm, dass er seinen Arsch nach Kalifornien bewegte.
Allein war ich besser dran, sagte er sich verärgert. Doch dann stahl sich noch ein anderer Gedanke in sein Bewusstsein.
Verhalten, beinahe traurig:
Hey, Kumpel – du willst doch wieder ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden, falls sie dich überhaupt wieder zurücklassen?
Oder bist du schon zu lange » allein« hier draußen gewesen?
Der Gedanke ernüchterte ihn.
» Alles klar«, sagte er schließlich und schluckte den Ärger hinunter. Der Jeep fuhr weiter in westlicher Richtung die Straße entlang. Sie hatten die aufgehende Sonne im Rücken. Zur Linken rasten die Bahngleise vorbei, die durch einen Maschendrahtzaun abgegrenzt wurden. Dann machte Marco einen Block weiter einen Bahnübergang aus. » Kalifornien, wir kommen.«
Dorthin zurück, wo alles begonnen hat, dachte er.
» Ich habe ein GPS …«, sagte Wu.
» Das brauche ich nicht«, sagte Marco und steuerte den Jeep durch eine Lücke im Zaun. Das Fahrzeug schlitterte über ein schmales Kiesbett, wurde zweimal heftig durchgeschüttelt– wobei beide Männer vom Sitz geschleudert wurden und die Vorräte durch die Luft flogen– und setzte dann hart auf dem nach Westen führenden Bahndamm auf.
Marco schaute Wu mit einem diabolischen Grinsen an. » Ich kenne den Weg.«
Aber frag mich bloß nicht, ob ich auch den Weg zurück finde.
Der Totmannwarner
6 . 1
Inzwischen waren Stunden vergangen, und die Sonne war hinter dem Jeep immer höher gestiegen, hatte den Zenit erreicht und senkte sich schon wieder, während Marco sich auf den Schienen von Maricopa entfernte. Sie kamen nur langsam voran– mit maximal dreißig Kilometern pro Stunde. Das Gelände neben den Schienen war oft unpassierbar, mit Geröll übersät und von tiefen Gräben durchzogen, sodass Marco dann keine andere Wahl hatte, als auf dem Bahndamm weiterzufahren. Die Fahrt auf den mürben Holzschwellen geriet für den Jeep zu einer Rüttelpartie. Alle paar Minuten stieß eine Felge gegen eine Schiene, sodass die Männer auf den Sitzen umhergeschleudert wurden.
Auf der Beifahrerseite verzog Wu das Gesicht und massierte sich die Schläfe.
» Kopfschmerzen?«, fragte Marco.
» Mir geht es gut«, erwiderte Wu. Er blinzelte und schaute konzentriert in Fahrtrichtung.
Marco verkniff sich ein Grinsen. Eine längere Autofahrt über die Gleise war eine Tortur für den Körper– die ständigen Erschütterungen malträtierten Knochen und Sehnen. Wu hatte ja keine Ahnung, dass er sich morgen wie zerschlagen fühlen würde.
» Sicher«, sagte Marco. Sein Nacken war verspannt, und der Körper schmerzte in unterschiedlichen Schweregraden: vom dumpfen Pochen in den Beinen, auf denen die riesige Leiche gelegen hatte, über das Stechen in den verbrannten Händen bis zum Jucken der trockenen, vom Rauch gereizten Augen. » Mir geht es auch gut.«
Sie durchquerten nun den heißesten Winkel Arizonas, die Sonora-Wüste. Die wasserlose, nur mit Feigenkaktus und Burroweed-Gestrüpp bestandene Einöde erstreckte sich viele Kilometer um sie herum. Menschen lebten hier keine– Gott sei Dank auch keine Leichen–, sondern nur Klapperschlangen, Skorpione und weiter im Südwesten sogar Jaguare. In der Ferne ragten braune Berge empor. Gegen drei Uhr
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