Return Man: Roman (German Edition)
vollauf damit beschäftigt, Baines auf den Beinen zu halten. Sonst habe ich niemanden gesehen, aber Nelsons Zelt wackelte, und er schrie auch…« Der Soldat verstummte, als ob ganz persönliche Gedanken ihn bewegten.
» Aber Sie haben Baines rausgeholt«, sagte Marco.
Der Mann nickte bedächtig. » Ja. Ich habe ihn den Pfad runtergeschleppt. Zum Glück sind die Toten uns nicht gefolgt. Sie hatten wohl genug. Ich habe Baines dann zum Lkw gebracht. Er hat stark geblutet, aber ich glaubte…« Er massierte sich den Nacken. » Ich weiß nicht, was ich geglaubt habe.«
» Er hätte es sowieso nicht geschafft«, sagte Marco, um ihn aufzumuntern. » Nicht, nachdem er gebissen wurde.«
» Das weiß ich«, sagte der Soldat. » Aber ich konnte ihn auch nicht zurücklassen.«
» Also sind Sie mit ihm hierhergefahren.«
» Ich wollte mich doch hier mit Ihnen treffen. Baines war aber auferstanden, bevor ich überhaupt wusste, dass er schon tot war. Ich habe nicht nachgedacht. Ich hätte ihn auf die Ladefläche legen sollen, aber stattdessen hatte ich ihn auf den Beifahrersitz gesetzt, damit ich mit ihm sprechen konnte und er nach Möglichkeit nicht das Bewusstsein verlor. Wir waren schon kurz vor der Stadt, als er plötzlich nach mir geschnappt hat und mich beißen wollte. Ich konnte ihn mir kaum vom Leib halten. Baines war ein ziemlicher Brocken.«
» Ist mir auch schon aufgefallen.«
» Ich habe die Pistole gezogen«, fuhr der Soldat mit monotoner Stimme fort. » Und dann hat er mir gegen die Hand geschlagen, und die Kugel ging ins Armaturenbrett. Muss den Motorblock durchschlagen und das Öl entzündet haben. Ehe ich michs versah, stand der Lkw in Flammen, und die riesige Leiche fiel über mich her. Ich konnte noch ein- oder zweimal auf die Bremse treten, und dann habe ich die Tür aufgerissen. Bin rückwärts rausgefallen und hätte mir beim Abrollen auf der Straße fast das Rückgrat gebrochen. Der Lkw ist noch ein Stück weitergefahren und schließlich umgestürzt. Und dann sind Sie auf der Bildfläche erschienen.«
Marco musterte ihn perplex. Während er die Geschichte vom Verlust seines Teams erzählte, hatte er eigentümlich unbeteiligt gewirkt. Vielleicht war er ein harter Hund, der seine Emotionen unter Kontrolle hatte– oder vielleicht verspürte er auch gar keine Trauer, die er verbergen konnte. Vielmehr hatte er eine Aura kalter Funktionalität wie ein Entscheider, der sich ausschließlich vom Verstand leiten ließ. Er war klein und leichter als ein durchschnittlicher AAE -Soldat– das genaue Gegenteil von Baines–, aber sein Blick war fest und furchtlos. Intelligent. In der Stille glaubte Marco, eine Rechenmaschine hinter diesen grünen Augen rattern zu hören.
Und dann wurde Marco sich bewusst, dass der Soldat ihn ebenfalls taxierte.
Er verspürte einen Schauder– eine Ahnung, dass der Mann mit irgendetwas hinter dem Berg hielt.
Ist doch klar. Natürlich verschweigt er mir irgendetwas. Weiß Gott, wie seine genauen Befehle aussehen oder was Osbourne ihm über mich erzählt hat. Über Roger.
Sei also auf der Hut, ermahnte Marco sich. Warte lieber noch etwas, bevor du ein kameradschaftliches Verhältnis zu ihm entwickelst. Er zuckte fast zurück, als der Soldat die blutverschmierte und schmutzige rechte Hand ausstreckte.
» Ken Wu«, sagte der Mann. » Sergeant First Class, AAE .«
Auf der verdreckten Uniform des Mannes war gerade noch ein militärisches Rangabzeichen erkennbar. Drei goldene Winkel und darunter zwei Bogen.
Marco nickte und schüttelte die ausgestreckte Hand. » Henry Marco meldet sich zur Stelle«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln. » Aber das wussten Sie wohl schon, nicht wahr?«
Der Soldat– Wu– erwiderte das Lächeln nicht. » Ich bin schließlich gebrieft worden.«
» Ja, sicher. Ich hoffe nur, dass Ihr Briefing informativer war als meins.«
Wu runzelte die Stirn. » Soll heißen?«
» Soll heißen, was zum Teufel tun wir hier überhaupt?«
» Mir wurde gesagt, dass Sie über das Ziel in Kenntnis gesetzt wurden.«
» Ziel?«, echauffierte Marco sich. » Ja, Roger Ballard– der übrigens ein Freund von mir war. Aber ich bin sicher, der Direktor hat Ihnen auch das gesagt.«
» Dass Sie und das Ziel Kollegen waren– ja.«
» Hören Sie endlich auf, ihn so zu nennen.«
» Ballard.«
» Ja, Ballard.« Marco seufzte. » Wir haben im Krankenhaus gearbeitet.«
Diese Bemerkung schien Wus Interesse zu wecken. » Und wie haben…«
» Scheiße«, sagte Marco. Im
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