Revanche - Exposure
Stelle, die er gerade las, und drückte mit seiner freien Hand einen Knopf. »Ja, Rosa«, sagte er.
»Tut mir leid, dass ich Sie stören muss, Mr. Woodard«, erwiderte sie mit der ruhigen Selbstverständlichkeit,
die sie für ihren Job auszeichnete. »Aber Sie sagten doch, dass Sie Mr. Hackett umgehend sprechen möchten.«
Grant setzte sich kerzengerade auf. »Ja, das ist korrekt.«
»Er ist auf Leitung zwei, Sir.«
»Danke, Rosa«, meinte er kurz angebunden. Er blendete seine Sekretärin aus und aktivierte die zweite Leitung. »Was haben Sie für mich, Hackett?«, wollte er wissen. »Haben Sie sie inzwischen lokalisiert?«
»Ja, ich denke schon. Aber eine hundertprozentige Sicherheit haben wir erst, wenn ich das persönlich abgecheckt habe, Sir. Irgendein Städtchen, Port Flannery oder so ähnlich, auf einer kleinen Insel im Staat Washington. Bin mir allerdings ziemlich sicher, dass sie dort ist. Ich wollte Ihnen nur einen kleinen Zwischenbericht geben, Boss, und das weitere Vorgehen mit Ihnen abklären, bevor ich auf die Insel rübertuckere. Bei so einem kleinen Kaff besteht naturgemäß immer das Risiko, dass sich mein Auftauchen rumspricht, und ich möchte mit allen Mitteln vermeiden, dass sie mir durch die Lappen geht.«
Grant starrte auf das Porträt von Emma und Gracie, das in einem aufwändigen Goldrahmen auf seinem Schreibtisch stand. »Meinen Sie denn, Sie könnten ihre Unterkunft ausfindig machen, ohne dass sie etwas merkt?«
»Ja. Das dürfte nicht das Problem sein, solange ich das behutsam angehe und mich nicht zu auffällig verhalte. Aber was mach ich, wenn sie dort ist, Sir? Soll ich sie mit zurückbringen?«
»Nein, noch nicht.« Grant tippte mit seinem Füllhalter ungehalten auf die glänzende Schreibtischplatte. »Ich
muss darüber nachdenken. Bekommen Sie erst mal raus, wo sie überhaupt ist, Hackett. Sobald Sie es definitiv wissen, rufen Sie mich wieder an.«
»So. Ich wette, Sie sind Emma Sands, nicht wahr? Ich bin Nadine Donnelly, die Mutter unseres brillanten Sheriffs.«
Emma sah von ihrem heißen Milchkaffee und dem Seattle Post Intelligencer auf, der täglich mit der Morgenfähre auf die Insel gebracht wurde. Neben ihrem Tisch stand eine Frau, die sie schief angrinste. Mit ihrer auffallend auf jugendlich getrimmten Kleidung, den modisch gestylten, langen, dunklen Haaren und den strahlend blauen Augen hätte man sie - oberflächlich betrachtet - auf höchstens vierzig geschätzt. Wenn man genauer hinsah, ging sie jedoch locker auf die fünfzig zu. Aber eine flotte Fünfzigerin. Die Frau hatte sich entweder sehr gut gehalten oder Elvis in frühester Jugend geboren.
Elvis. Oha. Emma fühlte die heiße Röte, die in ihre Wangen stieg. Unbehaglich drückte sie das Rückgrat durch. Alles, bloß nicht rot werden, verflixt noch mal. Es war ja nichts gelaufen zwischen ihnen, nicht mal ein richtiger Kuss.
Es war grotesk, fast hätte sie laut aufgelacht. Gar nichts, Schätzchen? Dass du auf diesem Mann herumgerutscht bist, zählt wohl nicht mit, hm? Aber du hast vollkommen Recht: Er hat deinen Kuss nicht erwidert. Im Übrigen, was bist du eigentlich für eine Rabenmutter? Vergisst, dass Gracie mit im Zimmer ist, Schande über dich! Sie räusperte sich. »Ja, Ma’am.« Sie nickte. »Und das ist meine Tochter Gracie.« Die Kleine saß jedoch nicht mehr auf ihrem angestammten Platz, als ihre Mutter
sich zu ihr drehte. Emma zog ein langes Gesicht. »Na ja, sie strolcht hier sicher wieder irgendwo herum.«
»Hier bin ich, Maman! « Gracie krabbelte unter dem Tisch hervor und kletterte auf ihren Stuhl. Unter dem knirschenden Rasseln von Muscheln und Steinen wurde das Sandeimerchen auf den Tisch befördert. »Hi!« Freudig strahlte Gracie die fremde Frau an. »Ich bin Gwacie Sands und ich bin drei Jahre alt …«
»Bitte«, unterbrach Nadine sie und warf einen Blick zu Emma. »Nennen Sie mich doch einfach Nadine.« Sie schaute zu Gracie. »Entschuldige, Kleines, dass ich dich unterbrochen habe. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte sie Emma.
»Aber bitte, gern.«
»So, dann bist du also drei, hm?«, meinte Nadine lächelnd. Sie rückte sich einen Stuhl zurecht, setzte sich und musterte Gracie. »Alt genug für eine Elvis-Puppe, was meinst du?«
»Ich mag Puppen.« Gracie legte den Kopf schief und fixierte ihre neue Bekannte mit blitzenden Augen. »Was ist denn ein Elbis?«
»Elvis Presley natürlich, Kleines. Der King.« Als Gracie sie daraufhin verständnislos anblinzelte, erklärte
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