Revolution - Erzählungen
man sich verstecken. Eine kleine Filiale hier, eine andere dort, mit verschiedenen Namen – und unterschiedlichen Eigentümern auf dem Papier. Das funktioniert ausgezeichnet.
Fadhila ist noch weitere vier Monate in Saudi Arabien. Ich sollte mich häufiger mit meiner Schwägerin unterhalten. Sie kann mich in allen Dingen beraten. Wie packe ich es an? Was ist wichtig für Fadhila, was für ihren Vater, was für meine Familie? Jedenfalls habe ich eine Ausbildung, meine Familie ist gut, sie besitzt Geschäfte, sie ist solide. Es wird gehen. Es muss gehen.
Ja, ich hatte schon Freundinnen – nicht viele, aber ein paar, vor allem in der Schule in Moshi. Doch jetzt ist es anders. Fadhila. Ich will sie heiraten, mit ihr leben, Kinder haben. Wenn der Tag kommt, an dem ich sie bitte, ihre Kleider abzulegen … Kein anderer Mann hat ihren Körper gesehen, ihn berührt, ihn geküsst, ihn besessen.
Die Sonne ist jetzt vollkommen verschwunden und nur noch als schwacher purpurfarbener Glanz ganz weit hinten am Horizont zu erahnen. An der Road Junction kurz vor Himo biegen wir links auf die Straße nach Tanga und Dar und halten an der letzten Tankstelle, bevor das asphaltierte Stück endet und vierhundert Kilometer malträtierte Schotterpiste beginnen. Wenn wir Glück haben, hat ein Straßengrader sein Stahlband über die Fahrbahn gezogen, so dass die tiefsten Furchen ausgeglichen und die Löcher gefüllt sind. Yasir tankt Diesel, während Qasim die Frontscheibe und die Scheinwerfer abwäscht. Die toten Insekten landen auf dem feuchten, staubverschmierten Rand der Stoßstange. Ich wasche mich auf der Toilette, so gut es geht, und trage meinen Gebetsteppich ans Ende der staubigen Zementveranda, die das Tankstellenhäuschen umgibt. Mit Hilfe der Sterne kann ich mich nach Norden und ein Stück nach Osten wenden – Mekka.
»Willst du nicht beten?«, frage ich Qasim.
»Mein Job ist es, am Lastwagen Wache zu halten.«
»Du kannst neben oder auf dem Laster beten.«
»Ich habe meinen Teppich nicht dabei.«
Ich diskutiere nicht weiter. Yasir kommt zu uns. Wir stehen vor der Fahrerkabine, essen in aller Eile ein bisschen und trinken einen Schluck Tee – es ist schwierig zu essen, wenn man auf einer Schotterpiste fährt.
Die Dunkelheit ist vollkommen, als wir von der Tankstelle rollen und sofort an der ersten Straßensperre angehalten werden. Yasir steigt aus und redet mit den Soldaten; diskret liefert er Geld ab, damit wir weiterkommen. Sie könnten den Transport verzögern, indem sie unsere Papiere nicht akzeptieren. Sie könnten uns zwingen, den Sattelschlepper zu entladen, um jeden Winkel zu durchsuchen. Die Nacht könnte damit enden, dass die gesamte Ladung auf der Fahrbahn steht und die Bananen und Kartoffeln vom Staub verdreckt werden und verderben, sobald die Sonne aufgeht. Keine Gewalt oder Drohungen – nur eine Menge Ärger, weil allen das Geld zum Leben fehlt. Solange wir bezahlen, ist es einfach. Wir retten unsere Ladung und halten unseren Zeitplan ein. Jetzt können wir nur noch von Räubern gestoppt werden, die Baumstämme über die Fahrbahn gelegt haben. Aber das passiert selten, und wir haben eine Schrotflinte hinter dem Sitz. Oder ein großes Tier steht auf der Fahrbahn. Wenn man eine Ziege anfährt, muss man einfach weiterfahren, sonst könnte sich eine Menschenmenge um den Lastzug versammeln und man gerät in schier endlose Verhandlungen, die letztlich mit einem Wucherpreis enden. Eine Kuh ist allerdings schwer genug, um den Kühler zu beschädigen, sogar bei geringen Geschwindigkeiten.
Wir fahren weiter, jetzt auf der Schotterpiste voller Schlaglöcher. Es geht langsam voran, und Yasir starrt angestrengt aus dem Fenster, um die schlimmsten Löcher zu umfahren. Doch es gibt überall Löcher, und die Kabine schwankt heftig über den Stoßdämpfern.
»Überprüf die Ladung«, sagt Yasir zu Qasim, der die Beifahrertür öffnet und sich geschickt hinausschwingt. Qasim klettert auf den Anhänger, während der feine rote Straßenstaub in ständigen Explosionen aufwirbelt. Er löst ganz oben die Plane und klettert mit einer Taschenlampe in den Anhänger; er überprüft, ob die Ladung sich verschoben hat. Dann steigt er auf die Leiter hinter der Fahrerkabine, schaut zu uns herein und johlt.
» Tsk «, schnalzt Yasir. »Er ist ein dummer Junge.«
Wir haben Glück. In der Regenzeit schneiden die Wasserströme tiefe Furchen in die Fahrbahn, aber sie wurde geebnet.
Qasim kommt zurück. Road Junction verschwindet im
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