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Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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an den Ecken verbunden war. »So. Diesmal betrachten wir eine zweidimensionale Figur als Schatten eines dreidimensionalen Würfels. Seht ihr, wie sich der Würfel verändert, wenn ich ihn rotiere, wie er länger oder kürzer wird?«
    »Ja. Kapiert.« Childe beobachtete, wie die beiden verbundenen Quadrate hypnotisch langsam übereinander glitten, bis sich der gedachte Würfel mit der Vorderseite präsentierte und nur noch als Quadrat sichtbar war.
    »Gut, ich glaube, dass diese Figuren …«, Celestine ließ zwei Zentimeter über den komplizierten Mustern im Türrahmen eine Hand erscheinen, »ich glaube, dass diese Figuren zweidimensionale Schatten von vierdimensionalen Objekten darstellen.«
    »Sie können mich mal«, sagte Hirz.
    »Konzentrieren Sie sich doch bitte, ja? Das hier ist einfach. Ein Hyperwürfel. Die vierdimensionale Entsprechung eines Würfels. Man nimmt einen Würfel und verlängert ihn nach außen, nicht anders, als wenn man aus einem Quadrat einen Würfel macht.« Celestine hielt inne, als wollte sie gleich verzweifelt die Hände ringen. »Passen Sie auf. Vielleicht geht es so.« An der Wand erschien eine neue Zeichnung: ein Würfel, der sich im Inneren eines etwas größeren Würfels befand und mit diesem durch diagonale Linien verbunden war. »So sähe der dreidimensionale Schatten eines Hyperwürfels aus. Diesen Schatten brauchen Sie lediglich um eine weitere Dimension, also auf zwei Dimensionen, zusammenzuschieben, und dann bekommen Sie das« – sie zeigte auf das rätselhafte Symbol auf dem Türrahmen.
    »Ich glaube, so weit kann ich folgen«, sagte Childe, aber es klang keineswegs überzeugt.
    Vielleicht hatte auch ich verstanden – aber ich war ebenso unsicher. Childe und ich hatten uns in unserer Jugend natürlich auch höherdimensionale Rätsel gestellt, aber es war niemals lebenswichtig gewesen, diese sinnverwirrenden mathematischen Räume intuitiv zu erfassen. »Na schön«, sagte ich. »Nehmen wir an, das wäre der Schatten eines Tesserakts … worin besteht dann das Rätsel?«
    »Darin.« Celestine deutete auf die andere Seite der Tür, auf ein Symbol, das ganz anders aussah – aber nicht weniger komplex war. »Das ist das gleiche Objekt nach einer Rotation.«
    »So drastisch kann sich ein Schatten verändern?«
    »Daran solltest du dich gewöhnen, Richard.«
    »Gut.« Sie hatte mir noch immer nicht verziehen, dass ich sie angefasst hatte. »Was ist mit den anderen?«
    »Alles vierdimensionale Objekte; relativ einfache geometrische Formen. Das hier ist ein 4-Simplex, ein Hypertetraeder. Eine Hyperpyramide mit fünf vierflächigen Seiten …« Celestine verstummte und sah uns merkwürdig an. »Schon gut. Der springende Punkt ist, alle Entsprechungen auf der rechten Seite müssten Schatten des einen Polytops nach einer einfachen Rotation durch den höherdimensionalen Raum sein. Nur für ein Symbol gilt das nicht.«
    »Nämlich?«
    Sie deutete auf eine der Formen. »Das hier.«
    »Und da sind Sie ganz sicher?«, fragte Hirz. »Ich kann das von mir nämlich nicht behaupten.«
    Celestine nickte. »Ja. Ich bin mir jetzt vollkommen sicher.«
    »Aber Sie schaffen es nicht, es so zu erklären, dass einer von uns das auch einsieht.«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich denke, man begreift es eben, oder man begreift es nicht.«
    »Ach so? Vielleicht hätten wir alle die Musterschieber besuchen sollen. Dann brauchte ich mir jetzt vielleicht nicht vor Angst in die Hosen zu scheißen.«
    Celestine sagte nichts. Sie streckte nur die Hand aus und berührte die abweichende Figur.
    »Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht«, sagte Forqueray, nachdem wir wohlbehalten ein Dutzend weiterer Räume durchquert hatten.
    »Die schlechte zuerst«, verlangte Celestine.
    Forquerays Stimme verriet einen Hauch von Genugtuung. »Wir passen höchstenfalls noch durch zwei oder drei weitere Türen. Jedenfalls, solange wir diese Anzüge tragen.«
    Es wäre nicht unbedingt nötig gewesen, uns das zu sagen. Schon bei den letzten drei oder vier Räumen war unübersehbar deutlich geworden, dass die Grenze fast erreicht war. Die sich unmerklich verändernde Innenarchitektur des Blutturms würde uns nicht gestatten, den Weg im Innern der klobigen Anzüge fortzusetzen. Schon die letzte Tür hatte uns große Schwierigkeiten bereitet; nur Hirz merkte bislang noch nichts davon.
    »Dann müssen wir wohl aufgeben«, sagte ich.
    »Nicht unbedingt.« Forqueray lächelte wie ein Vampir. »Sagte ich nicht, ich hätte auch eine

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