Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)
Hexerin fiel in tiefen Schlaf, der durch den jede Nacht wiederkehrenden, gewohnten Traum die Schrecken der Nacht zumindest für einige Stunden zu verwischen wusste.
Elftes Kapitel: Feder im Wind
Auriel erwachte in der gleichen Position, in der sie auch eingeschlafen war. Ihre Muskeln taten weh und sie fror trotz des Feuers, das gerade erst erlosch.
Auch Rhavîn schien sich nicht bewegt zu haben und er erwachte auch nicht, als Auriel ihn anstieß und seinen Namen rief.
Da die Hexerin an diesem Morgen ruhiger und besonnener war, konnte sie immerhin feststellen, dass ihr Gefährte atmete und somit eindeutig noch lebte. Seine Verletzungen hatten aufgehört zu bluten.
Auriel atmete erleichtert auf, obwohl sie nach wie vor verzweifelt und ratlos war.
„Es ist entsetzlich“, wisperte sie niedergebeugt. Sie richtete sich auf, um die schmerzenden Glieder zu strecken. Erst dann fiel ihr auf, dass sich durch die Flammen von Nymions Blitz einige Löcher in das Dach gebrannt hatten, durch die es heftig regnete. Auriel hörte das Rauschen des herabstürzenden Regens auf dem Dach und spürte die klamme Kälte innerhalb der Thing-Halle. Fröstelnd zog sie ihre Kleidung an, nahm ihre Waffen auf und beschloss nachzusehen, ob Nymion und Kentaro in der Nacht zurückgekehrt waren.
„Ich komme gleich zurück, Rhavîn“, flüsterte sie und wandte sich ab. Langsamen Schrittes ging die Hexerin den Flur des Langhauses entlang. Als sie den Stall erreichte, musste sie bestürzt feststellen, dass er verlassen war. Auch als sie die Tür öffnete und mit müdem Blick in den Regen blickte, konnte sie ihre Gefährten nirgendwo ausmachen. Keine Spur und kein Hinweis deuteten darauf hin, dass die beiden jemals hier gewesen waren.
Was ist denn nun schon wieder geschehen? Auriels Herzschlag wurde schneller. Ihr wurde schlecht, ihre Knie zitterten. Es wird ihnen doch nichts zugestoßen sein ... Auriel schnappte nach Luft. Entmutigt schlug sie die Hände vor ihren Mund. „Nicht, dass Revelya ...“
„Nicht, dass Revelya was ...?“, raunte im nächsten Moment eine dunkle Stimme dicht neben ihrem Ohr.
Die Hexerin fuhr herum und fand sie sich Auge in Auge mit einem hünenhaften Ork wieder, der sie aus seinen seelenlosen, schwarzen Augen gehässig ansah. Er hielt einen Speer auf sie gerichtet, versperrte ihr den Weg zurück ins Haus. Unwillkürlich sprang Auriel einen Schritt zurück und riss den Greif in die Luft, um sich zum Angriff vorzubereiten. Doch missglückte ihr Plan, als sie unerwartet in die Arme eines weiteren Orks sprang, der plötzlich hinter ihr auftauchte.
„Hilfe!“ Ihr Schrei gellte durch das Tal. Der kräftige Griff des Orks schloss sich um ihren Körper, hinderte sie an der Flucht. Auriel versuchte, sich zu befreien. Sie strampelte mit den Beinen und wand sich wie ein tollwütiges Tier. Doch nur einen Herzschlag später zuckte eine Klinge vor ihrem Gesicht auf und presste sich sodann gegen ihre Kehle, sodass sie sich kaum mehr bewegen konnte.
Auriel ließ ihre Waffe fallen. In Todesangst krallte sie die Finger um das Schwert vor ihrem Hals, das bedrohlich in ihre Haut ritzte.
„Nicht so fest!“ Die Zauberin spürte, wie das schartige Metall der orkischen Klinge in ihre Finger schnitt. Warmes Blut trat aus den Verletzungen aus, floss über ihre Handflächen und ihre Handgelenke, um von den Ellenbogen aus zu Boden zu tropfen.
„Revelya niemals besiegt sein!“, johlte der erste Ork in gebrochenem Bønfjatga. „Kein Menschlein in ihrem Weg! Kein Menschlein kann siegen gegen Revelya.“ Speichel schäumte aus seinem weit aufgerissenen Maul. Grinsend entblößte er Dutzende großer Reißzähne.
Der Ork, der die junge Frau festhielt, presste sie im gleichen Moment noch dichter an sich und hob sie vom Boden hoch. Auriels Füße hingen frei, die junge Frau rang schnappend nach Luft. Angsterfüllt trat sie um sich, doch stellte sie bald fest, dass keine Aussicht bestand, sich zu befreien. Tränen flossen über ihre Wangen, Mutlosigkeit drohte sie zu überwältigen.
Ein weiterer Ork rief harsch einen Befehl, woraufhin weitere bewaffnete Orkkrieger um das Langhaus herumkamen. Alle steckten in rostigen Rüstungen, trugen Kleidung aus Leder und Fell und waren mit zahlreichen Waffen ausgerüstet. Ein Wink ihres Anführers genügte und sie verschwanden in dem Langhaus.
Auriel hörte, wie die finsteren Kreaturen das Innere des Hauses auseinandernahmen, Möbel und andere Gegenstände durch die Luft schleuderten und sich
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