Rheinsteigmord - Kriminalroman
zum Limesturm wanderten Leute mit Hunden. Die Burg auf der anderen Rheinseite blickte fast freundlich zu ihm herüber. Er entspannte sich.
13
Fred ging den Steilhang zum Rhein hinunter. Das Wasser war niedrig, die Kiesbank, die von Holz, Plastikmüll und anderen Hinterlassenschaften des letzten Hochwassers übersät war, entsprechend breit.
Er setzte sich auf einen großen Stein und überlegte.
Versuch, es rational zu betrachten, dachte er. Wer hat auf dich geschossen? Jemand, der nicht will, dass du im Leben von Daniela Hecht herumschnüffelst? Oder hat es etwas mit Friesdorf zu tun?
Der Fall des verschwundenen Professors kam ihm mit einem Mal sehr weit weg vor. Hatte er, indem er sich mit Daniela Hecht befasste, irgendwo eine falsche Abzweigung genommen? Hatten die beiden Fälle überhaupt etwas miteinander zu tun?
Dass Daniela Hecht bei den Friesdorfs angerufen hatte, musste nicht unbedingt damit zusammenhängen, dass der Professor verschwunden und sie tödlich verunglückt war.
Oder doch?
Wie viele Leute stürzten denn schon von einem gut gesicherten Aussichtspunkt?
Statistiken haben keine Bedeutung, Fred, ermahnte er sich selbst. Alles geschieht irgendwann zum ersten Mal.
Trotzdem hatte er das Gefühl, im Fall von Friesdorf etwas zu verpassen. Er musste zu diesem Fall zurück. Aber er musste auch die Indizien weiterverfolgen, die er bei Daniela Hecht gefunden hatte.
Indizien? Lächerlich. Ein paar Themen, über die sie schreiben wollte. Das sollten Indizien sein?
Denk an die CERACK GmbH, sagte Freds innere Stimme. Die fehlt noch auf deiner Liste. Geh deinen Weg zu Ende. Überprüf alles.
Alles? Dann müsste er tatsächlich mal damit anfangen, die Einwohner von Rheinbrohl zu fragen, ob sie Friesdorf gesehen hatten. Und zwar alle.
Das Handy. Es war im Wagen. Er ging wieder zum Parkplatz hinauf und stellte fest, dass sich gleich zwei Pkws zu Chandler gesellt hatten. Ein Kombi und ein Kleinwagen, aus dem eine Frau gerade einen kleinen schwarzen Pudel herausspringen ließ.
Offenbar war das hier der Startpunkt für Hundebesitzer.
Fred schaltete das Handy ein und tippte fast automatisch die Nummer von Frau Friesdorf.
»Ich freue mich, dass Sie anrufen, Herr Bleikamp. Wissen Sie, ich habe kaum jemanden, mit dem ich über diese Sache sprechen kann. Wir haben keine Kinder, und meine beste Freundin ist gerade mit ihrem Mann auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer. Mir fehlt jemand, mit dem ich mich unterhalten kann. Oder aussprechen, wenn Sie so wollen.«
Da geht’s mir genauso, dachte Fred. »Haben Sie irgendetwas von Ihrem Mann gehört? Ich meine, gibt es irgendeine neue Entwicklung?«
»Aber nein, das hätte ich Ihnen doch gesagt. Übrigens – in der Zeitung stand heute, dass in Rheinbrohl eine junge Frau tödlich verunglückt ist.«
»Ja, das habe ich mitbekommen.«
»Mir kommt das wie ein Fingerzeig des Schicksals vor.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich bin sicher, dass mein Mann tot ist, Herr Bleikamp. Ich fühle es einfach.«
Sag es ihr, hämmerte es in Fred. Sag ihr die Wahrheit. Dass Daniela Hecht wahrscheinlich ermordet wurde. Sie ahnt doch sowieso schon, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmt. Sie ist auf schlechte Nachrichten vorbereitet. Warum sagst du es ihr nicht?
»So dürfen Sie nicht denken, Frau Friesdorf.« Er räusperte sich. »Ich habe inzwischen Fortschritte gemacht. Ich gehe einer Spur nach. Es hat etwas mit dieser Frau zu tun, die Ihren Mann angerufen hat. Aus Koblenz …«
»Haben Sie mit ihr sprechen können?«
»Nur mit ihrem Bruder.« Was bist du doch für ein Feigling, dachte Fred und fügte hinzu: »Ich melde mich wieder, Frau Friesdorf.«
Kaum hatte er den roten Knopf gedrückt und eine Weile zugesehen, wie zwei Spaziergänger mit ihren Hunden über die weite Ebene auf ihn zuspaziert kamen, da ertönte Beethovens Schicksalsthema.
Fred erschrak. Ihm fiel Charly ein. Diese Rechnung war ja auch noch offen.
Die Nummer auf dem Display kannte Fred nicht. Sie kam von einem Handy. Egal, dachte er. Irgendwann musst du dich ihm stellen. Und was ist schon dabei, wenn er dich am Telefon zur Sau macht? Er weiß ja nicht genau, wo du bist. Du bist in Sicherheit. Falls nicht gerade einer auf dich schießt.
Er räusperte sich. »Bleikamp.«
»Papa?«
Es war Sarah. Sie musste eine neue Handynummer haben. Diese jungen Leute änderten ja andauernd ihre Verträge.
»Hallo, Sarah.« Er atmete tief durch. Erleichtert.
»Was ist? Bist du im Stress?«
»Ja, etwas. Bin gerade bei der
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