Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
hatte, die sein ganzer Stolz war und deren technoide Gestalt an ein Elektronenmikroskop erinnerte.
    Trotz der Lichtdurchflutung herrschte eine angenehme Temperatur, da hinter den Wänden gekühltes Wasser in Rohren auf- und abstieg, so daß der ganze Raum wie inmitten eines Baches lag.
    Das klingt nun, als wäre Jordan Millionär gewesen.
    Nun, er war es auch, wovon die wenigsten wußten, da Jordan es unterlassen hatte, mehr als eine Umgestaltung seiner Wohnung vorzunehmen, im übrigen aber sein Geld hortete, wie manche Menschen alte Schokoladetafeln aufheben.
    Sein Vermögen beruhte auf der Versteigerung eines Gemäldes, das ihm seine Mutter vermacht hatte und das sich entgegen der Annahme, eine kleine Kopie nach Tizian zu sein, glücklicherweise noch vor der Versteigerung zwar als Kopie, aber als eine aus Tizians Hand herausgestellt hatte. Mit dem solcherart gewonnenen Geld hatte Jordan einige nicht minder glückliche Aktiengeschäfte getätigt, um sich sodann aus jedem weiteren Versuch spekulativer Vermögenssteigerung auszuklinken, die geradezu flehentlich vorgetragenen Angebote seiner Bank auszuschlagen und sich allein mit einem simplen Sparbuch zu begnügen.
    Jordan war reich. Doch abgesehen von der Einrichtung seiner Küche, abgesehen davon, daß er maßgeschneiderte Schuhe trug, die er aber auch schon vorher getragen hatte, wußte er nicht, was er mit seinem Vermögen anfangen sollte. Denn soviel Geld er auch besaß, es brachte ihn nicht in die Lage, die Polizei aufzukaufen und Leute wie Lukastik in den Außendienst oder zur Streife zu versetzen. Dies allein aber wäre es wert gewesen, ein Vermögen zu investieren. So jedoch vergammelte dieses Geld auf ein paar Sparkonten. Wo es freilich auch nicht weniger wurde.
    »Können sich Polizisten solche Küchen leisten?« fragte die Ungarin, während sie eine Zigarette in Brand setzte.
    »Offensichtlich«, meinte Jordan gereizt.
    »War ja nur eine Frage«, stöhnte Kosáry.
    Jetzt aber wollte Jordan wissen, wie sich Frau Kosáry denn eigentlich die Küchen von Polizisten vorstellte. Verdreckt? Voller Schimmel? Schmierig? Vollgeräumt mit leeren Weinflaschen?
    »Fühlen Sie sich doch nicht gleich angegriffen«, sagte Kosáry.
    Ein wenig merkwürdig kam es Jordan schon vor, daß sie beide sich siezten. Wenn man bedachte, daß sie miteinander geschlafen hatten. Was freilich noch lange nicht bedeutete, eine Verbindung eingegangen zu sein, die das gegenseitige Du zur Notwendigkeit machte oder gar als Ausdruck guter Sitten hätte erscheinen lassen.
    Allerdings war es auch keine wilde Bumserei von jener Art gewesen, bei welcher das Wesen und die Person der Beteiligten völlig unbedeutend bleibt und nur noch das Funktionieren der »Werkzeuge« im Mittelpunkt steht.
    Das, was zwischen Jordan und Kosáry abgelaufen war, konnte man durchaus als die Erfüllung einer Bestimmung ansehen, deren Hintergrund sich aus Lukastiks abstrusem Bedürfnis ergeben hatte, »Ehen« zu stiften. Wie kurz diese Ehen auch sein mochten.
    Jordan hätte nicht sagen können, ob es eine gute oder schlechte Nacht für ihn gewesen war. Und noch viel weniger wäre ihm eine Vermutung darüber in den Sinn gekommen, was Kosáry bei dieser Geschichte empfunden hatte. Er dachte nicht einmal daran, daß sie sich bloß hingegeben hatte, um der Trauer über den Tod ihres Geliebten etwas entgegenzusetzen. In etwa wie jemand, der vor lauter Zahnschmerzen sich gegen die Backe schlägt.
    Daß man trotz allem das Sie aufrecht erhielt, war sicherlich die bessere Lösung. Fand zumindest Jordan. Vertrautheiten, die sich aus einem Geduze ergaben, besaßen ihre Berechtigung im Gespräch der Kinder oder zwischen Menschen und Tieren. Im Gespräch erwachsener Leute aber hatte die Duzerei etwas Gemeines an sich. Etwas von einem Betrug oder Trick.
    »Die Küche ist mein einziges Hobby«, erklärte Jordan in nun freundlicherem Ton.
    Kosáry meinte, noch nie eine derart gepflegte Küche gesehen zu haben. Jordan nickte mit gesenkten Lidern, nicht ohne Stolz, da ja trotz der geringen Nutzung der Geräte eine konstante Pflege vonnöten war. Nicht anders als im Falle eines menschlichen Körpers, der sich wenig bewegt, selten ins Schwitzen gerät, aber dennoch irgendwann zu stinken beginnt.
    Übrigens wäre es Jordan niemals eingefallen, eine fremde Person seine Küche putzen zu lassen. Das war eine Arbeit, die er mit großer Begeisterung selbst erledigte. Es gab sogar Momente, da er meinte, diese Küche gleichsam zu »verstehen«,

Weitere Kostenlose Bücher