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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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folgendermaßen«, schlug Longhi vor. »Ich werde den Mann anrufen und ihn fragen, ob er bereit wäre, sich mit Ihnen zu treffen.«
    »Und wenn er sich weigert?«
    »Dann werden Sie das akzeptieren. Verstanden?«
    »Gut. Haben Sie Dank«, sagte Olander. »Schönen Abend.«
    »Ihnen auch«, erwiderte Longhi. Aber das war natürlich eine bloße Phrase. Einem Mann wie Olander konnte man keinen schönen Abend wünschen. Man konnte ihm nur wünschen, sein Kind zu finden.

6
    »Hallo! Können Sie mich hören? Spreche ich mit Herrn Vinzent Olander?«
    Olander mußte sich das erst aus dem Italienischen übersetzen. Er war aus seinem vorabendlichen Kurzschlaf aufgeschreckt, aus einem Traum mit ungnädigen Frauen. Wenn er von Frauen träumte, immer nur von ungnädigen. In seinen Träumen ging es noch weit schlimmer zu als wie im wirklichen Leben.
    Er hielt sich das Handy ans Ohr, oder zumindest in die Nähe seines Ohrs, und stammelte eine Antwort. Ja, er sei Olander.
    Die Stimme von der anderen Seite der Verbindung erklärte, von der Polizei benachrichtigt worden zu sein. »Man sagte mir, Sie wollen mich treffen.«
    Olander kam endlich zu sich. »Das wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie ein wenig Zeit hätten.«
    »Worum geht es eigentlich?« fragte der andere.
    »Sie wissen doch, was mit meiner Tochter geschah.«
    »Ja, das ist fürchterlich, aber ich denke nicht, daß ich Ihnen da helfen kann.«
    »Ich würde Sie trotzdem gerne sprechen«, erklärte Olander, endlich hellwach, sich um einen rührseligen, unschuldigen Ton bemühend.
    »Was soll das nützen?« fragte der Mann. »Ich bin ein schlechter Zuhörer. Zusätzlich bin ich auch noch ein schlechter Erzähler. Ich war in einen Unfall verwickelt, das ist alles. Daß ein Kind entführt wurde, tut mir leid, aber…«
    »Es ist wirklich wichtig«, drängte Olander.
    Der solcherart Belagerte sprach jetzt am Hörer vorbei, gab irgendeine Anweisung in den Raum hinein, in dem er gerade stand, dann wandte er sich wieder an Olander: »Na gut, nächste Woche vielleicht.«
    »Das dauert mir zu lange«, beharrte Olander und schlug vor, sich später am Abend in einer Kneipe im Zentrum zu treffen.
    Der andere entgegnete, weit draußen zu wohnen und keine Lust zu haben, in die Stadt zu fahren.
    »Dann komme ich zu Ihnen«, bot Olander im Ton einer Verfügung an.
    »Also gut.« Der Mann ergab sich und nannte seufzend eine Adresse, die jenseits der A4 gelegen war. Das Lokal, in dem man sich treffen könne, sei das Alcina. Halb zehn, wenn es denn sein müsse.
    »Wenn es sein muß«, dachte Olander, »stech ich dich ab.« Sagte aber: »Vielen Dank.«
    Das Alcina erwies sich als eine kleine, verstaubte Kneipe, in welcher die Hitze des Tages Unterschlupf gefunden hatte. Eher ein Antiquitätenladen, in den der Besitzer eine dunkle, um den Ramsch herumführende Theke eingebaut hatte, dazu ein paar Tischchen, einige Pärchen, Leute aus der Gegend. An der Bar lehnten Männer, die miteinander redeten, ohne sich aber anzusehen, sondern quasi mittels des Wirts ihre Blicke tauschten. Der Wirt selbst sprach nichts. Er war bloß eine Brücke, ein Verteilerkreuz, über das die Blicke der Gäste auf- und abfuhren.
    Am hinteren Ende der Theke saß ein Mann in Olanders Alter, mit einem dichten, dunklen Bart und einem Kopf, der ungehörig groß anmutete. Wie man das von expressionistischen Skulpturen kannte. Auch die Hände schienen größer als gewöhnlich. Sie erinnerten an dieses Picasso-Foto, wo der spanische Maler statt seiner Hände händeartige Brötchen vor sich auf dem Tisch liegen hat, während er seine Arme unter der Kante versteckt hält.
    Olander hatte den Mann, der den Laster gefahren hatte, nie zuvor gesehen. Aber er wußte gleich, daß nur dieser eine mit den mächtigen Pranken in Frage kam. Er ging direkt auf ihn zu und stellte sich mit seinem Namen vor.
    Sein Gegenüber nickte und sagte: »Ich heiße To Albizzi.«
    »Danke, daß Sie sich die Zeit genommen haben.«
    »Sie sprechen ein gutes Italienisch«, stellte Albizzi fest.
    »Clara, meine Tochter, sie ist halb Italienerin.«
    »Und Sie?«
    »Ich bin halb tot«, sagte Olander. Es war nicht witzig gemeint.
    »Was trinken Sie?« fragte Albizzi.
    »Branca Menta«, antwortete Olander.
    Albizzi gab dem Wirt eine Order. Dann beugte er sich leicht nach hinten, wie um seinen schweren Kopf besser auszutarieren, und meinte, daß dieser Unfall wirklich eine dumme Sache gewesen sei.
    »Was meinen Sie mit dumm ?« fragte Olander.
    »Der

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