Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
morgen, morgen finde ich es heraus.«
    Es hörte sich an, als habe er soeben beschlossen, am kommenden Tag einen Baum zu fällen, daraus Papier herzustellen, ein Buch zu schreiben und es zu drucken. Wie man das eben an einem Tag so macht.
    Bereits im Aufstehen begriffen, sagte Lukastik: »Aber etwas anderes noch.« Er zog seine kleine Affenfigur aus der Tasche und plazierte sie auf dem Tisch, vor Olander hin.
    »Und? Was ist damit?« fragte Olander.
    »Seien Sie doch so gut und stellen Ihre Giraffe daneben.«
    »Wenn Sie wollen«, meinte Olander ruhig, griff seinerseits in die Brusttasche seines Jacketts und beförderte den als Giraffe verkleideten Affen ans Tageslicht.
    »Was bedeutet Ihnen dieses Ding?« fragte Lukastik.
    »Es ist ein Andenken«, sagte Olander.
    »An den Taxifahrer?«
    »Ich habe diesen Mann, bevor ich in das Taxi stieg, nie gesehen. Warum sollte ich mich an ihn erinnern wollen?«
    »Na gut, weshalb waren Sie dann in seiner Wohnung?«
    »In der Hoffnung, etwas zu finden. Ich habe aber nichts gefunden. Es war pure Verzweiflung, daß ich die Giraffe nahm. Ein Andenken an Mailand. Daran, welche Schmerzen mir diese Stadt zugefügt hat.«
    »Eine gute Wahl«, meinte Lukastik.
    »Was?«
    »Die Giraffe. Wissen Sie, daß sie in Hiltroff hergestellt wurde?« fragte Lukastik.
    »Wie bitte!?«
    Lukastik bemerkte eine echte Verblüffung. Ja, Olander, der bislang in einem leisen, abwesenden Ton gesprochen hatte, war in die Höhe gefahren. Seine Pupillen schrumpften wie unter plötzlichem Lichteinfall. Der Mann war jetzt deutlich aufgewacht. Er fragte: »Wie soll ich das verstehen?«
    »Hier im Ort steht eine Fabrik, die diese Dinger herstellt. Sie reden dort nicht von Affen, sondern von Ahnen. Aber wie auch immer, sie produzieren das Zeug. Im Auftrag einer Mailänder Firmengruppe. Gruppo Colanino . Sie kennen die Fabrik doch, oder?«
    »Ja, natürlich. Aber ich dachte, die stellen Überraschungseier her.«
    »Nicht die Eier, nur die Überraschung«, erläuterte Lukastik.
    »Solche Figuren wie diese hier, im Ernst?«
    »Im Ernst«, bestätigte Lukastik.
    »Aber dann…«
    Sssssssssssssm! Frrrp! Knack!
    Es ging so schnell, wie solche Dinge schnell gehen. Ein Schuß war gefallen. Von draußen. Die Kugel drang durch ein seitliches Fenster, das offenstand. Das Gute an dieser Kugel war, daß sie niemand traf und statt dessen in der hölzernen Tischplatte steckenblieb. Das Schlechte an ihr war, daß man nicht genau sagen konnte, ob sie Olander oder Lukastik gegolten hatte oder ob sogar versucht worden war, mit dieser einen Kugel beide Männer zu treffen, den einen von hinten, den anderen von vorn, immerhin war das Projektil so knapp an Olanders linker Wange vorbeigeflogen, daß er den Druck zur Seite geschobener Luft gespürt hatte, während wiederum der Einschlagsort der Kugel im Tisch nur Zentimeter von der Kante entfernt war, vor welcher Lukastik saß. Aber wahrscheinlich hatte man es hier einfach mit einem schlechten Schützen zu tun. Welcher auch keine zweite Chance bekam, denn zur Not konnte Lukastik auch schnell sein. Er langte über den Tisch, packte Olander am Hemdkragen und beförderte ihn und sich aus dem Schußfeld.
    Natürlich war auch möglich, daß diese Attacke eine bloße Warnung darstellte. Freilich keine Warnung an Lukastik, die Maschine von der Polizei. Aber eine Warnung an Olander. Doch selbiger fühlte augenblicklich eine große Euphorie. Etwas tat sich. Nachdem er drei Jahre lang scheinbar sinnlos in Hiltroff herumgewartet hatte, spitzten sich die Ereignisse mit einem Mal zu.
    Marlies Herstal und die beiden Rentner waren erstarrt. Job Grong hingegen bewies Ruhe und Übersicht, trat von der Seite her an das Fenster, hob den Vorhang über die Scheibe und zog ihn vor. Das war so einfach wie sinnvoll.
    Dann ging er zurück hinter seine Theke und schüttelte den Kopf.
    »Ich hätte…jetzt…gerne…«, stammelte Marlies Herstal.
    »Natürlich«, antwortete Grong und nahm eine Flasche vom Regal.
    Währenddessen bediente Lukastik widerwillig sein Handy und alarmierte die Kollegen. Es versteht sich, daß er niemals auf die Idee gekommen wäre, wie ein Verrückter loszuspurten und nach draußen zu laufen, in der Hoffnung, den Täter zu stellen. Um diesem solcherart die Chance zu geben, heute doch noch jemand umzulegen. Nein, Lukastik gab dem Täter viel eher die Chance zu flüchten. Was dieser auch tat. Als die Kollegen kamen, war er verschwunden. Die Ermittlungen ergaben, daß der Schütze aus einem

Weitere Kostenlose Bücher