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Richter 07

Richter 07

Titel: Richter 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gulik
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Wonne« die Sänfte verlassen hatten und in die Halle eintraten, kam der Herbergswirt auf Ma Jung zu und meldete etwas unsicher:
    »Zwei, eh … Herren möchten Euch sprechen, Herr Ma. Sie warten in der Küche. Es ist wegen der gesalzenen Fische, sagen sie.«
    Für einen Augenblick starrte Ma Jung den Mann sprachlos an. Dann grinste er verständnisvoll übers ganze Gesicht. Er fragte den Richter:
    »Soll ich zu ihnen gehen und anhören, was sie zu sagen haben, Herr?«
    »Auf jeden Fall! Hier habe ich noch einen Punkt mit unserem Hausvater zu klären. Komm also hinüber zum Roten Pavillon, wenn du mit deinen Freunden fertig bist.«
    Während Richter Di den Wirt zu sich heranwinkte, nahm der Diener Ma Jung mit in die Küche.
    Dort standen zwei Köche, ihre nackten, muskulösen Oberkörper zeigend, und verfolgten mit gemischten Gefühlen die Bewegungen der Krabbe, der eine flache Bratpfanne in der Hand hielt, vor dem größten Herd. Der Krebs und vier Küchenjungen schauten aus sicherer Entfernung zu. Der Riese warf einen großen Plattenfisch hoch in die Luft und fing ihn dann, auf die andre Seite gewendet, genau in der Mitte der Pfanne auf.
    Seine Glotzaugen auf die beiden Köche geheftet, sagte er ernst:
    »Jetzt habt ihr also gesehen, wie’s gemacht wird. Es ist ein kurzer Ruck, ein Dreh aus dem Handgelenk. Nun mach du’s, Krebs!«
    Der kleine Bucklige trat wutschnaubend vor und übernahm die Pfanne von der Krabbe. Er warf den Fisch in die Höhe. Dieser fiel zurück in die Pfanne, doch hing er halb über dem Rand.
    »Wieder überdreht!« rief die Krabbe vorwurfsvoll. »Du drehst, weil du mit dem Ellbogen arbeitest. Es muß ein Ruck aus dem Handgelenk sein.« Als er Ma Jung kommen sah, gab er ihm mit dem Kopf ein Zeichen, durch die offene Küchentür zu treten. Er wendete sich weiter an den Krebs: »Los, versuch’s noch einmal!« und zog Ma Jung mit sich ins Freie.
    Als sie einen Winkel in dem öden Vorgärtchen gefunden hatten, flüsterte er heiser:
    »Wir beide, der Krebs und ich, hatten hier herum zu tun; ’ne Sache mit ’nem Kerl, der falsch spielte. Möchtet Ihr den Kuriositätenhändler sehen, Herr Ma?«
    »Um keinen Preis! Sah seine häßliche Fratze schon heute morgen. Das langt mir für etliche Jahre!«
    »Na ja, aber nehmen wir mal an, es wäre eben für die Beweisaufnahme«, beharrte die Krabbe, »daß Eurem Herrn daran läge, ihn zu sehen. In diesem Fall muß er schnell handeln, denn Wen verreist heute abend, wie ich erfahren habe. Nach der Hauptstadt. Um alte Sachen einzukaufen, sagt er. Ob’s wahr ist, kann ich nicht garantieren. Nehmt’s als einen Tip, ganz unverbindlich.«
    »Dank Euch für den Wink! Ich kann Euch ruhig sagen, daß wir mit dem alten Bock noch nicht fertig sind. Bei weitem nicht!«
    »Das dachte ich doch«, meinte die Krabbe sarkastisch. »Gut also, ich muß zurück in die Küche. Der Krebs braucht Übung. Bitternötig! Lebt wohl.«
    Ma Jung bahnte sich seinen Weg durch das Gebüsch zur Veranda des Roten Pavillons. Als er merkte, daß Richter Di nicht da war, ließ er sich in den Lehnstuhl fallen und legte die Beine aufs Geländer. Zufrieden schloß er die Augen und gab sich der Erinnerung an Silberfees köstliche Reize hin.
    Mittlerweile hatte Richter Di den Herbergswirt über die Geschichte des Roten Pavillons ausgefragt.
    Der überraschte Mann kratzte sich verlegen auf dem Kopf.
    »Soviel ich weiß«, antwortete er zögernd, »ist der Rote Pavillon genau noch so wie vor fünfzehn Jahren, als ich diese Herberge kaufte. Doch falls Euer Gnaden etwas geändert haben möchten, will ich selbstverständlich …«
    »Gibt es nicht jemand, der schon vor dieser Zeit hier war?« unterbrach ihn der Richter. »So vor ungefähr dreißig Jahren?«
    »Nur der alte Vater vom heutigen Türhüter, denk’ ich, Herr. Von ihm übernahm der Sohn den Posten vor einigen zehn Jahren, weil …«
    »Führt mich zu ihm«, sagte Richter Di rasch.
    Unter vielen verwirrten Entschuldigungen führte ihn der Wirt durch die geräuschvollen Quartiere der Hausbediensteten zu einem kleinen Hof. Dort sonnte sich ein gebrechlicher alter Mann mit einem struppigen Bart. Der Mann saß auf einer Holzkiste. Er blinzelte auf Richter Di in seiner schimmernden Amtsrobe aus grünem Brokat und machte Anstalten aufzustehen, aber der Richter sagte schnell:
    »Bleibt sitzen. Ein Mann von so würdigem Alter soll sich nicht stören lassen. Ich möchte nur einiges über die Vorgeschichte des Roten Pavillons wissen; ich interessiere

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