Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
weißen Turnschuhen, einer schwarzen Trainingshose mit weißen Längsstreifen und einer blauen Sportjacke gekleidet auf dem Aulendorfer Bahnhof am Kiosk und trank ein Bier aus der Flasche. Mit der linken Hand ertastete er zufrieden, fast schon zärtlich das kalte Metall der gerade einmal 17 Zentimeter langen Waffe, die seine Hosentasche weit nach unten zog. Vitali würde ihn hier abholen und nach Riedhagen fahren. Dort würde er, vielleicht sogar noch heute, seinen Plan umsetzen und Richter sein, für Gerechtigkeit sorgen. Er würde ihn finden und ihm in den Kopf schießen. Er hatte sich die Szene schon oft vorgestellt, wie er noch einmal das Magazin kontrollieren würde, wie er dann mit dem Daumen den Sicherungshebel mit einer Abwärtsbewegung löste, wie er die Stirn seines Opfers anvisieren und wie dann sein Zeigefinger dafür sorgen würde, dass der Schlagbolzen die Ladung zündet. Peng!
Und wenn es ihm heute nicht gelang, dann morgen oder übermorgen. Er hatte Zeit.
35 Rieddummheit
Das Buch der Sprichwörter
26:11 Wie ein Hund, der zurückkehrt zu dem, was er erbrochen hat, so ist ein Tor, der seine Dummheit wiederholt.
Mittlerweile war auch das Nebenzimmer brechend voll. Einheimische, Journalisten, Undercover-Polizisten, Neugierige und Geisterjäger bevölkerten den Außen- und Innenbereich des Goldenen Ochsen. Ich hatte mir meine warme Jacke geholt und mich mit Cäci in die mondbeschienene Gartenwirtschaft gesetzt. Beide genossen wir die frische Abendluft. Im Garten wurden Wetten veranstaltet, ob das Riedweiblein heute noch zu sehen war oder nicht. Ich wettete mit einem Mann, der erstaunlicherweise dialektfrei sprach, um zwei Flaschen Bier, dass das Riedweiblein heute nicht kam. Seine beiden Kinder erzählten uns vom Nachbartisch aus ganz aufgeregt, dass sie die Riedfrau schon gesehen hätten. Es sei voll gruselig gewesen. Die Gattin des Mannes zupfte immer wieder an ihrem toupierten Haar und nickte mir freundlich lächelnd zu. Die Freude am runden Holztisch war übergroß, als sich herausstellte, dass der Herr Kollege von mir war.
»Angenehm Steinecke, das ist meine Gattin, das sind meine Kinder Karsten, 10, Traute, 12.«
»Unsere Kinder«, widersprach seine Gattin.
»Was halten Sie denn von dem Spuk, Sie sind doch Einheimischer?«
»Als Theologe kann ich Ihnen das ganz schnell beantworten: Es gibt keine Geister oder Gespenster. Wer einmal tot ist, taucht nicht mehr auf. Vor allem nicht mehr als Riedweible.«
»Ja, was steckt dann dahinter?«
»Ich vermute, es ist die Dorfjugend, die sich einen Scherz erlaubt. Das sollte man hier aber nicht laut sagen, denn die Medien wollen natürlich, dass es unerklärlich ist. Sie wissen, das steigert Auflagezahlen und Zuschauerquoten.«
»Ja, aber Nutznießer ist doch vor allem die Gastronomie. Schauen Sie mal, was hier los ist. Sie sind doch mit Ihrer Frau bestimmt auch nur wegen dieser Riedfrau hier.«
Ich wechselte geschickt das Thema und wir waren erst kurz in ein ernstes Gespräch über die Riedmorde vertieft, als Flaschen-Gordon und Butzi in ihren Rockerklamotten, die schwarzen Helme in der Hand, anrückten.
»Hi, Cäci, hi Dani. Grüß Gott zusammen, die Herrschaften.«
Sensibel bemerkten die beiden MIKEBOSSler, dass sie den trauten Reigen störten.
»Dani, wir wollten doch unser Fest besprechen. Zum 12-Jährigen sollten wir schon was Ordentliches auf die Beine stellen.«
Ich erinnerte mich, der Slogan: Das dreckige Dutzend ist voll.
Ich nahm die beiden zur Seite, ging mit ihnen zum Gebäude und riet ihnen:
»Frieda hat das Nötigste schon hergerichtet. Es steht alles im Keller. Schaut es euch an und wenn wir noch mehr brauchen, schreibt es einfach auf. Ich habe heute nicht den Kopf dazu. Ihr versteht, der ganze Trubel. Cäci ist auch total geschafft. Das tut mir jetzt wirklich leid, ich habs komplett verschwitzt, ihr wisst, dass das sonst nicht …«
»Sing uns keine Oper, lass den Kopf nicht hängen, wir schauen jetzt in den Keller, dann läuft die Sache am Wochenende wie geschmiert. Kopf hoch! Grüße an Cäci, sie soll dich heute Abend psychotherapeutisch behandeln.«
Butzi zwinkerte mir zu und machte eine eindeutig zweideutige Geste. Beide wieherten sie wie schlachtreife Pferde und verschwanden im Kellerabgang.
»Amen, das sage ich euch beiden: Wer das Reich Gottes nicht wie ein Kind annimmt, der wird nicht hineinkommen, aber ihr beiden werdet eine Ehrenloge bekommen« rief ich ihnen, frei nach dem Markus-Evangelium, nach. Die beiden
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