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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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Geschichtsunterricht.
    »Heutzutage besitzen wir nicht einmal mehr Gefängnisse. Und die Organbanken sind ständig leer. Sobald die Vereinten Nationen eine neue Todesstrafe für ein Verbrechen verhängen, hören die Leute auf, es zu begehen. Aber das ist nur natürlich.«
    »Also haben wir die Todesstrafe für Vergehen wie unerlaubte Fortpflanzung oder Steuerhinterziehung oder das Überfahren roter Ampeln eingeführt. Luke, ich habe gesehen, was mit den Menschen geschieht, wenn wir immer mehr Vergehen mit dem Tod bestrafen. Sie verlieren jeglichen Respekt vor dem Leben anderer.«
    »Doch die umgekehrte Situation war genauso schlimm, Gil. Vergessen Sie das nicht.«
    »Und jetzt sind wir soweit, daß schon die Armut mit dem Tod bestraft wird.«
    »Sie meinen das erste Freezergesetz? Ich widerspreche Ihnen nicht, doch es ist die Strafe dafür, arm und zugleich tot zu sein.«
    »Ist das vielleicht ein Kapitalverbrechen?«
    »Sicherlich nicht, aber es zeugt auch nicht von höherer Intelligenz. Wenn ein Mensch schon erwartet, eines Tages wieder zum Leben erweckt zu werden, dann sollte er zumindest darauf vorbereitet sein, seine ärztlichen Rechnungen zu bezahlen. Nein, warten Sie! Ich weiß, daß viele der Armen Treuhänderfonds eingerichtet hatten. Doch die Gelder wurden entweder durch Depression oder durch Fehlinvestitionen vernichtet. Warum zum Teufel glauben Sie, daß Banken Zinsen für ihre Kredite kassieren? Sie lassen sich für ihr Risiko bezahlen. Das Risiko, daß der Kredit vielleicht nicht zurückgezahlt wird.«
    »Haben Sie für das Freezergesetz gestimmt?«
    »Nein. Selbstverständlich nicht.«
    »Ich schätze, ich bin im Augenblick ziemlich streitlustig. Entschuldigen Sie, Luke. Danke, daß Sie vorbeigekommen sind.«
    »Keine Ursache.«
    »Ich muß immerzu daran denken, daß die gleichen Leute, die heute für die Freezergesetze stimmen, eines Tages vielleicht auch meine Organe wollen. Nur zu, lachen Sie mich aus. Wer will schon Ihre Leber?«
    Garner gackerte. »Irgendjemand könnte mich wegen meines Skeletts ermorden. Nicht, um es zu transplantieren, sondern um es an ein Museum zu verkaufen.«
    Wir beließen es dabei.
     
    Die Nachricht erreichte uns ein paar Tage später. Mehrere nordamerikanische Krankenhäuser hatten Korpsikel aus dem Kälteschlaf geholt.
    Es war uns ein Rätsel, wie sie diese Tatsache so lange hatten geheim halten können. Die Korpsikel, die ihre Wiederbelebung überstanden hatten – zweiundzwanzig aus einer Gruppe von fünfunddreißig – waren seit gut zehn Monaten klinisch lebendig, wenngleich auch nicht die ganze Zeit über bei vollem Bewußtsein.
    Für eine Woche gab es keine anderen Nachrichten mehr. Taffy und ich sahen Interviews mit den Personen, die von den Toten auferstanden waren, Interviews mit ihren Ärzten und mit Mitgliedern des Sicherheitsrats. Die Aktion war nicht illegal gewesen. Allerdings war sie als Publicity gegen das zweite Freezergesetz ein grober Fehler.
    Alle wiederbelebten Korpsikel waren ohne Ausnahme wahnsinnig gewesen. Warum sonst hätten sie es überhaupt riskiert?
    Einige der Patienten waren gestorben, weil ihr Wahnsinn aus Hirnschäden resultierte. Die anderen waren geheilt worden, wenn auch nur in einem biochemischen Sinn. Sie alle waren lange genug wahnsinnig gewesen, um ihre Ärzte zu der Schlußfolgerung zu verleiten, daß keine Hoffnung bestand. Jetzt waren sie gestrandet in einem fremden Land, auf einer fremden Welt, und ihre Heimat war für immer im Nebel der Vergangenheit versunken. Die Wiederbelebung hatte sie vor einem üblen, demütigenden Schicksal bewahrt, vor dem Tod, den ein Großteil der menschlichen Rasse ihnen gewünscht hatte, ein Schicksal, das den bitteren Beigeschmack des Kannibalismus und der Fledderei in sich trug. Die Paranoiden unter ihnen überraschte diese Tatsache kaum. Die restlichen reagierten mit Paranoia.
    Im Fernsehen wurden sie als ein Haufen eingeschüchterter Geisteskranker präsentiert.
    Eines Abends, wir lagen in Taffys Schlafzimmer im Bett, sahen wir auf dem großen Wandschirm eine Reihe von Interviews. Sie waren nicht gut vorbereitet. Zu häufig wurden Fragen gestellt wie »Und was denken Sie angesichts der Wunder unserer heutigen Zeit?«, und das, obwohl die armen Trottel kaum lange genug aus ihren Kältekammern waren, um überhaupt etwas davon gesehen zu haben, geschweige denn, eine Meinung darüber zu besitzen. Viele glaubten nichts von dem, was man ihnen sagte oder zeigte. Andere interessierten sich für nichts

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