Ringwelt 06: Flatlander
sah.
»Hallo, Julio. Geschäft oder Vergnügen?«
»Geschäft, Gil. Bedauerlicherweise, wie ich hinzufügen möchte.«
»Für Sie oder für mich?«
»Für uns beide, fürchte ich. Es geht um Mord, doch wir sind auch auf einen Apparat gestoßen … Können Sie ihn sehen, hinter mir?« Ordaz trat aus dem Bild und griff dann für mich nicht sichtbar nach der Optik des Telefons, um den Aufnahmewinkel zu justieren.
Ich blickte in ein fremdes Wohnzimmer. Auf dem grünen Indoor-Grasteppich war ein großer, runder, farbloser Fleck zu sehen. In der Mitte des Flecks: eine Leiche, daneben eine Maschine.
Nahm Julio mich etwa auf den Arm? Der Leichnam war alt, halb mumifiziert. Die Maschine war groß und merkwürdig geformt, und sie schimmerte schwach in einem seltsamen, gedämpften blauen Licht.
Ordaz klang ganz und gar nicht, als erlaube er sich einen Scherz. »Haben Sie jemals einen Apparat wie diesen gesehen?«
»Nein. Das ist vielleicht ein Monstrum.«
Zweifellos ein experimenteller Apparat: Kein glattes Plastikgehäuse, nicht kompakt, eindeutig keine Serienfertigung. Und viel zu komplex, um sie durch die Aufnahmeoptik eines Telefons zu untersuchen, wie ich feststellen mußte. »Ja. Sieht ganz danach aus, als wäre das etwas für uns. Können Sie sie vorbeischicken?«
Ordaz kehrte ins Bild zurück. Er lächelte, wenn auch unmerklich. »Ich fürchte, das wird nicht gehen. Vielleicht sollten Sie jemanden herschicken, der einen Blick auf sie wirft …«
»Wo sind Sie?«
»In Raymond Sinclairs Appartement im obersten Stockwerk des Rodewald Building in Santa Monica.«
»Ich komme selbst vorbei«, entschied ich. Meine Zunge fühlte sich mit einem Mal pelzig an.
»Bitte landen Sie direkt auf dem Dach. Der Aufzug wird noch von der Spurensicherung untersucht.«
»Selbstverständlich.«
Ich legte auf.
Raymond Sinclair!
Ich war Raymond Sinclair nie begegnet. Er hatte das Leben eines Einsiedlers geführt. Die ARM hatte einmal mit ihm zu tun gehabt. Es war um eine seiner Erfindungen gegangen, den FyreStop-Apparat. Und jedermann wußte, daß er seit geraumer Zeit an einem interstellaren Raumschiffantrieb arbeitete. Sicher, es war nichts weiter als ein Gerücht … doch wenn irgendein Wahnsinniger das Gehirn getötet haben sollte, in dem sich dieses Geheimnis verbarg …
Ich machte mich auf den Weg.
Das Rodewald Building war eine dreiseitige Pyramide, vierzig Stockwerke hoch, mit dreieckigen Balkonen, die sich entlang der Fassaden erstreckten. Die Balkone reichten bis zum achtunddreißigsten Stock hinauf.
Das Dach war ein Garten. Üppige, blühende Rosenbüsche an der einen Seite, ein keiner Hain ausgewachsener Ulmen an der zweiten, ein Miniaturwald aus Bonsaibäumen an der dritten. Landeplatz und Carport befanden sich im Zentrum. Unmittelbar vor meinem Taxi landete ein Einsatzfahrzeug der Polizei und glitt dann in den Carport, um mir Platz für die Landung zu machen.
Ein Beamter in einer leuchtenden orangefarbenen Uniform trat ins Freie und musterte mißtrauisch mein Landemanöver. Er hatte eine Hochseeangel bei sich. Sie steckte noch immer in der Verpackung.
»Dürfte ich bitte Ihren Ausweis sehen?« verlangte er.
Ich hatte meine ARM-ID in der Hand. Er überprüfte sie am Kontrollpult seines Einsatzwagens, dann kehrte er zu mir zurück. »Der Inspektor wartet bereits auf Sie«, sagte er.
»Was wollen Sie mit der Angel?«
Plötzlich lächelte er. »Das werden Sie bald sehen«, sagte er geheimnistuerisch.
Wir verließen den duftenden Garten über eine Treppe aus Beton. Sie führte hinunter in einen kleinen Raum, der zur Hälfte mit Gartenwerkzeugen angefüllt war. Eine schwere Tür mit einem Spion darin führte tiefer in das Gebäude. Ordaz öffnete uns. Er schüttelte mir flüchtig die Hand, dann sah er den Beamten erwartungsvoll an. »Und? Haben Sie etwas gefunden? Gut.«
»Sechs Blocks von hier gibt es ein Sportartikelgeschäft«, antwortete der Beamte. »Der Geschäftsführer hat nur die Angel ausgeliehen. Selbstverständlich hat er vorher sichergestellt, daß ich den Namen seines Ladens nicht vergesse …«
»Klar. Diese Angelegenheit wird bestimmt öffentliches Interesse erfahren. Kommen Sie, Gil.« Ordaz nahm mich am Arm. »Sie sollten sich dieses Ding ansehen, bevor wir es abschalten.«
Kein Gartenduft hier unten, doch etwas anderes lag in der Luft … ein Hauch wie von etwas, das schon lange tot war und das die Klimaanlage nicht ganz aus der Luft gefiltert hatte.
Ordaz führte mich in das
Weitere Kostenlose Bücher